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02.06.2009 | 16:05 | Korruption 

Geldzahlungen, um an Bauerndaten zu gelangen

Berlin/Lüneburg - „Nun ist es offiziell, dass die Saatgut-Treuhand-VerwaltungsGmbH (STV) in Bonn im Auftrag der Pflanzenzüchter Geld an die Saatgutaufbereiterunternehmen zahlt, damit diese Informationen über ihre bäuerliche Kundschaft weiter geben“, so Georg Janßen von der Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren (IG Nachbau) und Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

Geld für Bauerndaten
(c) proplanta
Der IG Nachbau liegt ein Schreiben der STV vor, dass an die Saatgutaufbereiter verschickt wurde und in dem es u.a. heißt: „Die STV ist beauftragt, die von ihnen erbrachte Dienstleistung der Auskunftserteilung über die Lohnaufbereitung ab dem Wirtschaftsjahr 2007/2008 zu vergüten“.

Janßen weiter: „Die IG Nachbau hat schon immer vermutet, dass zumindest unter der Hand ein kooperatives Verhalten gerade der größeren Aufbereiter gegenüber der STV durch die Pflanzenzüchter honoriert wurde, nun gibt es ganz offiziell auch das Geldangebot. Es ist ein Armutszeugnis des Züchterverbandes, keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Bauern zu suchen. Stattdessen wird weiter auf Ausforschung gesetzt und die Aufbereiter als Kundendatenvermittler angeworben.

Seit 1998 gibt es Streit zwischen dem Bund der Deutschen Pflanzenzüchter und der STV auf der einen und den Bauern auf der anderen Seite. Grund des Streits: Der BDP möchte alle Daten der Bauern über ihren An- und Nachbau von Ackerfrüchten sammeln, um Saatgut - Nachbaugebühren erheben zu können. Zahlreiche vom BDP und STV angestrebte Klageverfahren vor Landgerichten, Oberlandesgerichten, vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe sowie dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg konnte die IG Nachbau erfolgreich bestreiten. Die pauschale Auskunftspflicht ist ebenso unzulässig wie die ursprünglich festgesetzte Nachbaugebührenhöhe.

Die IG Nachbau erinnert in diesem Zusammenhang an das Aufbereiter-Urteil des EuGH in Luxemburg 2004: Weder braucht der Aufbereiter nach den Namen der aufbereiteten Saatgutsorten zu fragen, noch braucht der Bauer die Namen der Sorten beim Aufbereiter anzugeben. Wir fordern deshalb die Aufbereiter auf, sich nicht zu bezahlten Datenvermittlern der Züchter machen zu lassen sondern mit der IG Nachbau Kontakt aufzunehmen, um das Vorgehen zu beraten.

Interessant ist auch die Haltung des Bauernverbandes: Während er sich zur Zeit vehement gegen die Offenlegung der EU-Direktzahlungen wehrt – obwohl er damit mehr die Agrarindustrie schützt als Bauern nützt – toleriert er die Datenweitergabe tausender Bauerndaten an wirtschaftliche Verbände und betätigt sich mal wieder als treuer Bündnispartner des Bundes der Deutschen Pflanzenzüchter. (ABL)
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