Die Oberbayerin aus einem der schönsten Wahlkreise Deutschlands - vom Starnberger See - war bis dahin Bildungs- und Forschungspolitikerin im Bundestag. An diesem Mittwoch vor einem Jahr wurde die Landwirtschafts- und Verbraucherministerin als Nachfolgerin von Horst
Seehofer im
Bundestag vereidigt. «Die Fußstapfen, in die ich hier trete, sind im wahrsten Sinne des Wortes groß», sagte sie bei ihrem Amtsantritt.
«Schuhgröße 46», entgegnete Seehofer. Die hochgewachsene CSU- Politikerin hat zumindest keine Scheu davor, sie ausfüllen zu wollen. Aigner, die nicht mit Modedesigner Etienne
Aigner verwandt ist, zeigt sich immer modisch gekleidet. Die 44-Jährige hat stets ein Lächeln auf den Lippen. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie auch resolut sein kann, was sie bei EU-Verhandlungen in Brüssel und bei den Koalitionsverhandlungen von Union und FDP gezeigt hat.
Während der schwarz-gelben Gespräche soll allerdings CSU-Chef Seehofer im Hintergrund die Fäden bei den großen Streitthemen
Gentechnik und Milchhilfen gezogen haben. Keine Prokura habe sie, wurde Aigner vorgeworfen. Dass Seehofer später betonte, seine Ministerin sei natürlich nicht weisungsgebunden, soll bei ihr nicht so gut angekommen sein.
Schon früher wollte Aigner hoch hinaus. Sie lernte Radio- und Fernsehtechnik und stieg auf so manches Dach. Als Elektrotechnikerin arbeitete sie dann an der Entwicklung von Hubschraubern mit. Komplizierte Schaltpläne hat sie als Ministerin auch vor sich. In ihrem ersten Jahr gab es zwar keine großen Lebensmittelskandale, aber falschen Käse, sinkende Milchpreise und zahlreiche Proteste wütender Bauern.
Die CSU-Politikerin mag insgeheim ahnen, dass sie es den Milchviehhaltern und den vehementen Gentechnikgegnern wohl nie ganz recht machen kann. Vielleicht war auch das ein Grund für Überlegungen, dass die CSU auf das Ressort verzichten könnte, weil auf diesem Feld wenig Ertrag zu holen sei. Für Aigner wäre es eng geworden, wenn die CSU nur zwei statt drei Ministerposten bekommen hätte. Doch sie sitzt nun wieder am Kabinettstisch und will sich vor den Problemen nicht ducken, wie sie selber sagt.
Der neue Koalitionspartner bescheinigt ihr ein sympathisches Auftreten, fordert aber mehr Selbstständigkeit gegenüber Bayern. «In der Milch- und Biotechnologiepolitik muss Ministerin Aigner ihre Unabhängigkeit erst einmal beweisen», heißt es aus der FDP. So brütete die frühere Forschungspolitikerin Aigner lange, bis sie das Genmais-Anbauverbot für die Sorte
MON 810 im Frühjahr verhängte.
Bauernpräsident Gerd
Sonnleitner stellte ihr kürzlich angesichts offener weiterer Hilfen für Milchbauern ein durchwachsenes Zeugnis aus. Er fragte, ob sie Erfüllungsgehilfin von Seehofer sei. Aigner ist stolz darauf, trotz knapper Kassen ein Sofortprogramm für die Landwirtschaft durchgeboxt zu haben. «Das ist doch was», findet sie. (dpa)