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04.12.2016 | 14:15 | Tierwohl 

Staatliches Tierwohllabel soll 2019 kommen

Berlin - Das Bundeslandwirtschaftsministerium strebt nach Angaben seines Staatssekretärs Dr. Hermann Onko Aeikens bis 2019 die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels in den Markt an.

Staatliches Tierwohllabel
Staatssekretär Aeikens kündigt freiwilliges dreistufiges Zeichen auf gesetzlicher Grundlage an. (c) proplanta
Beim Forum Tierische Veredlung des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) am  Mittwoch (30.11.) in Berlin kündigte Aeikens ein dreistufiges Zeichen an. Die Anforderungen für die Eingangsstufe würden oberhalb der gesetzlichen Standards liegen. Details stünden noch nicht fest. Benötigt werde eine gesetzliche Grundlage für das Zeichen, dessen Nutzung freiwillig sein werde.

Der Staatssekretär stellte eine finanzielle Begleitung der Markteinführung durch das Bundeslandwirtschaftsministerium in Aussicht. Vorgesehen sei das Label zunächst für den Schweinebereich. Aeikens verwies zugleich auf spürbares Interesse aus der Geflügelwirtschaft. Dieser Bereich könne in einem zweiten Schritt einbezogen werden, bevor schließlich über eine Ausweitung auf Milchprodukte nachzudenken sei.

Der Staatssekretär nannte die bisherigen Gespräche mit der Wirtschaft - von der Landwirtschaft bis zum Lebensmitteleinzelhandel - über die Kriterien für das Label vielversprechend. Er bekräftigte, dass Ressortchef Christian Schmidt bei der kommenden Internationalen Grünen Woche Grundzüge des Tierwohllabels vorstellen werde.

Unterdessen rief DRV-Vizepräsident Dirk Niederstucke anlässlich der zunehmend kritischen Diskussion über moderne Nutztierhaltung zu einer engen Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungskette auf.

Offensiv und koordiniert mit den Erwartungen auseinandersetzen

„Die Umsetzung der zahlreichen und steigenden Anforderungen können heute nicht mehr von einer Stufe oder einem Partner in der Wertschöpfungskette erfüllt werden“, gab Niederstucke zum Auftakt des zweitägigen Forums zu bedenken. Für ihn sind deshalb stufenübergreifende Abstimmungen und der fachliche Austausch wichtiger denn je.

Dem DRV-Vizepräsidenten zufolge betreffen die Anforderungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft mit Blick auf nachhaltig erzeugte Lebensmittel und Tierwohl die genossenschaftlichen Unternehmen der Milch-, Futter- sowie Vieh- und Fleischwirtschaft gleichermaßen. Er rief die Branche dazu auf, sich offensiv und koordiniert mit den unterschiedlichen Erwartungen auseinanderzusetzen. Die daraus resultierenden Aufgaben könnten aber nur gemeinsam von allen Marktbeteiligten der tierischen Veredelung gemeistert werden.

Der ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende der Westfleisch eG warnte zugleich davor, die Branche zu überfordern und skizzierte das Spannungsfeld für genossenschaftliche Unternehmen zwischen internationalem Wettbewerb sowie den gesellschaftlichen und politischen Ansprüchen auf nationaler Ebene. Die Raiffeisenunternehmen setzten dabei auf das Bundeslandwirtschaftsministerium als „verlässlichen Partner und Gestalter der Rahmenbedingungen“, betonte Niederstucke.

Defizite beseitigen

Aeikens sieht in dem staatlichen Tierschutzlabel nicht zuletzt die Chance, „die viel kritisierte Nutztierhaltung ein Stück weit aus der öffentlichen Schusslinie zu holen“. Vorteile des Zeichens lägen in der damit einhergehenden Verbesserung der Tierwohls sowie der Möglichkeit, auf diese Weise zusätzlich Kaufkraft derjenigen Konsumenten abzuschöpfen, die bereit seien, für entsprechende Produkte einen höheren Preis zu bezahlen. Verständnis zeigte der Staatsekretär für die Forderung der Wirtschaft nach verlässlichen Rahmenbedingungen.

Mit der angestrebten nationalen Nutztierstrategie arbeite das Bundeslandwirtschaftsministerium an diesem Ziel. Forderungen nach einer Abkehr vom Export tierischer Lebensmittel oder zumindest einer weitgehenden Verringerung der Ausfuhren erteilte Aeikens eine Absage. Angesichts wachsender Weltmärkte und der Bedeutung des Exports für die landwirtschaftlichen Einkommen sei dies keine Option.

Außer Frage stehe jedoch, dass die Tierhaltung wieder mit den gesellschaftlichen Erwartungen in Einklang gebracht werden müsse. Voraussetzung dafür sei die Einsicht, dass es Fehlentwicklungen in der Zucht und Haltung von Nutztieren gebe und Schwachstellen beseitigt werden müssten. Das reiche von einer stärkeren Ausrichtung der Zucht auf Ziele wie Robustheit und Gesundheit bis zu einem weitgehenden Verzicht auf nichtkurative Eingriffe.

Der Staatssekretär appellierte an die Branche, die Zeichen der Zeit zu erkennen und darauf zu reagieren: „Gegen den gesellschaftlichen Mainstream kann man nicht produzieren.“

Wertebestimmtes Konsummodell statt Verzicht

Für den Pressechef von Nestlé Deutschland, Hartmut Gahmann, zeichnen sich die Konturen eines veränderten Verbraucherverhaltens deutlich ab. Seiner Einschätzung nach kommt die gegenwärtige Verzichtsdebatte an ihr Ende. Der Verbraucher sei stattdessen auf der Suche nach einemganzheitlichen, wertebestimmten Konsummodell.

Der Konsument fühle sich souveräner als in der Vergangenheit und agiere damit anspruchsvoller, flexibler und weniger loyal als früher. Aus Sicht des Nestlé-Managers erhält innerhalb der Wertschöpfungskette das tradierte Modell der Größendegression zunehmend Konkurrenz durch kleine flexible Einheiten auf Basis branchenübergreifender Kooperationen. Handel und Lebensmittelindustrie stehen Gahmann zufolge vor einem grundlegenden Wandel ihres Rollenverständnisses. Sie würden vom Versorger zum multifunktionalen Dienstleister. Entscheidende Voraussetzung für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen sei deren Einbindung in Netzwerke, die sogenannte Konnektivität. So entscheide die technologische Konnektivität über die Teilnahme am Markt und die kulturelle Konnektivität über die Akzeptanz im Markt.
AgE
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