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05.11.2010 | 13:01 | Unternehmensergebnisse  

Problematisches Wirtschaftsjahr 2009/2010 verstärkt Liquiditätsengpässe

Berlin - Auf der Basis der ersten Buchführungsergebnisse legen die Landwirtschaftskammern ihre Auswertung über die ökonomische Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe für das abgeschlossene Wirtschaftsjahr 2009/2010 vor.

Rechner
(c) proplanta
Wie im Januar 2010 prognostiziert mussten die Landwirte für das Wirtschaftsjahr 2009/10 einen Rückgang der Unternehmensergebnisse von 4 bis 22 % hinnehmen. Erwartungsgemäß wurde auch der Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre um etwa 10 % verfehlt. Allein Schleswig-Holstein konnte seine Situation etwas verbessern. Während Ackerbau und Schweinehaltung stärker unter Druck kamen, lief es in der Milchproduktion etwas besser als erwartet.


Sehr gute Ernte

Das Erntejahr 2009 ist speziell im Getreidebau, bei Raps und Mais als weit überdurchschnittlich einzustufen. Insofern wurden die Märkte bestens versorgt.

Eine erneute Rekordernte verzeichnen die Zuckerrübenbauern, deren Erträge annähernd bei 700 dt/ha und einem außerordentlichen Zuckergehalt von ca. 18 % lagen. Dieser insgesamt positive Trend gilt nicht für die Kartoffelernte. Die Kartoffeln litten unter dem recht trockenen Wetter.


Großes Angebot drückt auf die Preise

In Folge der wiederum guten Erntemenge für Getreide sanken die Getreidepreise bereits zu Beginn der Ernte noch drastischer als im Vorjahr ab. Einbußen gegenüber dem Vorjahrespreis in Höhe von 20 bis 30 % waren die Regel. Damit ergaben sich Durchschnittspreise für Getreide, die um die 10 € je dt rangierten.

Eine Überversorgung bei Raps ging sowohl zurück auf eine Ausdehnung des Anbaus um mehr als 10 % als auch auf einen enormen Ertragszuwachs gegen über dem Vorjahr von 10 bis zu 25 %. Für Raps ist ein Preisrückgang für die 2009er Ernte von rund einem Viertel festzustellen.

Die Preise für vertraglich nicht gebundene Speisekartoffeln wie auch für Industriekartoffeln gaben mit einer Spanne von 5 bis 20 % nach. Bei den Kartoffelbauern führt dies zu einem Rückgang der Umsatzerlöse von etwa 20 %.


Milch weiter auf Talfahrt

Im Norden, speziell in Niedersachsen (27,6 Cent) und mehr noch in Schleswig-Holstein (24,00 Cent), befanden sich die Milchpreise im Vorjahr 2008/09 bereits auf unterdurchschnittlich niedrigem Niveau. Im Norden stagnierten die Milchpreise dann im Wirtschaftsjahr 2009/10.

Im Südwesten, speziell in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz, herrschten im Vorjahr noch recht freundliche Milchpreise von dicht über 30 Cent je kg vor. Im Wirtschaftsjahr 2009/10 sanken die Preise dann um etwa 12 %, also etwa um 4 Cent.

Insgesamt gesehen ist hervorzuheben, dass sich der Markt seit dem Herbst 2009 wieder erholt zeigt und sich deutlich von dem Preistief mit 22 Cent pro kg im Frühsommer 2009 entfernt hat.


Rinderpreise uneinheitlich

Auffallend waren die gestiegenen Kälberpreise. Vor allem Zuchtfärsen wurden weiterhin teuer gehandelt. Schlachtviehpreise gaben nach; dies gilt sowohl für Altkühe wie auch für Mastrinder.


Keine Entwarnung für Schweinesektor

Nach einer guten Erholung zu Beginn des Wirtschaftsjahres schwächelten sowohl die Ferkel- als auch die Mastschweinepreise erneut. Für das gesamte Wirtschaftsjahr ermittelten die Landwirtschaftskammern einen Preisrückgang von annähernd 10 %.


Einsparungen bei variablen Kosten

Die Preise für Dünger waren spürbar gesunken. So nahm der Aufwand für Düngemittel im Durchschnitt aller Betriebe um 20 % bis 30 % ab. Dies brachte Einsparungen von 40 bis 50 € je ha. Mit den Getreidepreisen sinkt auch der Aufwand für Futtermittel um 10 bis 20 %. Diesel wurde nochmals um etwa 10 % günstiger. Gleichermaßen billiger wurden Heizstoffe. In geringem Umfang konnte zudem beim Saat- und Pflanzgut, beim Pflanzenschutz, bei den Tierzukäufen aber auch bei Strom und Wasser gespart werden. Insofern nahmen die betrieblichen Aufwendungen insgesamt um etwa 7 % ab.


Festkosten tendenziell teurer

Für die Pacht mussten die Bauern geringfügig tiefer in die Tasche greifen. Die Pachtkosten stiegen im Durchschnitt zwischen 0,3 und 3 %. Trotz historisch tiefer Zinssätze und trotz abnehmender Investitionsbereitschaft im zurückliegenden Wirtschaftsjahr stieg der Zinsaufwand an. Angesichts einer seit längerem angespannten Wirtschaftssituation in der Landwirtschaft zeigt sich hier die Notwendigkeit, Liquiditätsengpässe durchzustehen, in dem zusätzliche Darlehen aufgenommen wurden bzw. kurzfristige Verbindlichkeiten teilweise umgeschuldet wurden.


Beihilfen weitgehend unverändert

Die sonstigen betrieblichen Erträge bilden einen wichtigen Anteil des Betriebsertrages. Den größten Anteil stellen unverändert die Beihilfen und Prämien sowie sonstige Zulagen und Zuschüsse. Sie blieben gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant. Verursacht durch den sinkenden Gewinn nahm der Anteil der Beihilfen und Prämien am Unternehmensergebnis zu. Dieser Anteil stieg an von bislang etwa 50 % auf etwa 66 %.


Ackern für wenig Geld

Die spezialisierten Ackerbaubetriebe konnten trotz der überdurchschnittlichen Ernteerträge nicht zufrieden sein. Der erhebliche Preisverfall bei Getreide, Körnermais, Raps und Kartoffeln konnte trotz größerer Mengen und gesunkener Aufwendungen nicht kompensiert werden. Gemildert wurde dieser Negativtrend durch die überdurchschnittlichen Erträge bei Raps und Zuckerrüben sowie größere Umsatzerlöse bei Feldgemüse.

Insofern ist das bereits gesunkene Gewinnniveau des Vorjahres erneut abgerutscht. Die Größenordnung des Einbruchs schwankt regional ziemlich stark, kann aber im Durchschnitt mit etwa einem Viertel angegeben werden.


Bei der Milch gleichen sich die Regionen an

Für den Norden ergaben sich Milchpreise auf Vorjahresniveau. Leistungssteigerungen einerseits und Kostensenkungen andererseits führten dann dazu, dass die Milchbauern in Niedersachsen und mehr noch in Schleswig-Holstein ihr Einkommen im zweistelligen Prozentbereich anzuheben vermochten, jedoch das erreichte Niveau nur in Schleswig-Holstein als befriedigend eingestuft werden kann.

Anders sieht das im Südwesten aus. Dort konnten die Leistungssteigerungen und Kostensenkungen den wesentlich stärkeren Milchpreisverfall nicht auffangen. Das Unternehmensergebnis gab zwischen 4 und 16 % nach. Das fünfjährige Mittel wurde mit einer Spannweite von 5 bis 20 % verfehlt. Aber immerhin wurde im Wirtschaftsjahr 2009/10 die Talsohle durchschritten und es ergab sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau.

Auch Bullenmäster und Mutterkuhalter kamen unter Druck, da die Preise für Fleisch aus der Mast nachgaben.


Schweinehaltung unter Druck

Die Veredlungsbetriebe profitierten einerseits von der guten Getreideernte und deutlich gesunkenen Futtermittelkosten. Andererseits gaben die Preise für Fleisch und für Ferkel wieder nach. Eine Betriebszweigauswertung würde zeigen, dass die Preisrückgänge für Mastschweine und Ferkel von etwa 10 % durch Einsparungen kompensiert wurden. Jedoch wird hier der ganze Betrieb analysiert. So schlagen die Umsatzrückgänge aus der Bodenproduktion negativ durch. Nach einem relativ guten Vorjahr nimmt das Unternehmensergebnis mit einer regional verschiedenen Schwankungsbreite von 12 bis 25 % ab.

Spezialisierte Sauenhalter waren nachteiliger betroffen als die Schweinemäster. Die Schweinemäster profitierten in stärkerem Maße von gesunkenen Betriebsausgaben. Neben Dünger und Futtermittel kam als dritte Komponente der rückläufige Ferkelzukaufspreis als stabilisierender Faktor hinzu.


Wie gewonnen, so zerronnen…

In dieser Weise lässt sich die Entwicklung der Unternehmensergebnisse im Weinbau der letzten Jahre beschreiben. Nach drei Jahren kontinuierlicher Gewinnsteigerung mussten Weinbaubetriebe die letzten beiden Jahre teils kräftige Gewinneinbußen hinnehmen. Die Erntemenge lag mit 100 hl je ha Ertragsrebfläche um 5,1 % unter dem Vorjahresniveau. Die Preise für Keltertrauben (minus 7,9 %), Fasswein (minus 7,0 %) und Flaschenwein (minus 1,3 %) erreichten ebenfalls nicht die Größenordnungen des Wirtschaftsjahres 2008/09. In der Summe führte dies - trotz gesunkenen betrieblichen Aufwandes um 1,0 % - zu einem Rückgang des Unternehmensergebnisses um 14,3 % auf 45.871 €.


Betriebsformen sind eng zusammengerückt

Je nach Art der Spezialisierung und je nach dem Grad der Betroffenheit von Preis- und Mengenentwicklungen wirkten die eingangs aufgeführten Faktoren in erheblich unterschiedlichem Ausmaß auf die Gewinnentwicklung und Gewinnhöhe in den jeweiligen Betriebsgruppen ein. Im Durchschnitt aller Betriebe wurde ein Gewinn zwischen 37.500 im Südwesten bis 48.800 € im Norden erzielt. Im Vergleich zu den letzten Jahren sind jedoch alle Betriebsformen noch enger zusammengerückt. Sie bewegen sich in der Regel in allen Bundesländern auf annähernd gleichem Niveau, welches aber deutlich unter dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre liegt.


Verschärfte Liquiditätsprobleme

Die eingesetzten Faktoren Arbeit, Kapital und Boden wurden im Wirtschaftsjahr 2009/10 nicht voll vergütet; weder im Durchschnitt aller Betriebe, noch in irgendeiner Betriebsform. Vielmehr beläuft sich die Nettorentabilität - als Maß der Vergütung dieser Faktoren - auf Größenordnungen zwischen 65 und 78 %. Ausgehend von einem sehr mäßigen Vorjahr müssen die Betriebsleiter nun häufig schon die Abschreibungen verwenden, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Bereits seit dem Sommer 2009 mehren sich die Liquiditätsengpässe. Dies betrifft vornehmlich die Milch- aber auch die Ackerbauern. Vor diesem Hintergrund ist die exakte Planung und die laufende Überprüfung der betrieblichen Liquidität eine geradezu überlebenswichtige Aufgabe. Auffallend ist in jedem Falle eine Zunahme des Fremdkapitals.


Fazit

Die Achterbahnfahrt der Agrarmärkte setzte sich bei den wichtigsten Produkten wie Getreide, Milch und Fleisch in teilweise krassem Ausmaß fort. Speziell der drastische Preisverfall für Getreide - und teils auch für Milch - führte in den betroffenen Betrieben zu einem verschärften Liquiditätsdruck bei zunehmender Verschuldung. Viele Betriebe waren nicht mehr in der Lage, offene Rechnungen sofort zu bezahlen und sind dringend auf finanzielle Unterstützung angewiesen.

Galt 2008/09 noch als ein durchwachsenes Jahr, muss 2009/10 als ein problematisches Wirtschaftsjahr eingestuft werden. Abgesehen von der Milchproduktion im Norden waren in allen Betriebsformen im Durchschnitt Gewinnrückgänge nicht zu vermeiden. Wären nicht parallel wichtige Betriebsmittel wie Dünger, Futter oder Diesel deutlich billiger geworden hätten viele Betriebe rote Zahlen schreiben müssen.


Ausblick

Für das neue Wirtschaftsjahr 2010/11 stehen die Vorzeichen nur teilweise günstig. Die Ernte 2010 fiel sehr unterschiedlich aus. Im Durchschnitt lagen die Erträge und Qualitäten weit unter Vorjahr. Diese Einbußen können aber wahrscheinlich durch die überdurchschnittlichen Preise bei Getreide und Raps ausgeglichen werden.

Die Milchpreise zeigen sich derzeit einigermaßen erholt; die Produktion ist wieder rentabel. Anders sieht es in der Veredlung aus, wo Ferkel- und Mastschweinepreise derzeit zu niedrig notieren. (vlk)
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