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05.12.2011 | 13:17 | Agrarmärkte 

Getreidemärkte reagieren träger als Aktienmärkte auf Notenbank-Interventionen

Wien - Die Märkte schielen weiterhin gebannt auf die internationale Schuldenkrise.

Getreidemärkte
(c) proplanta
Während das konzertierte Anwerfen der Notenpressen etlicher Zentralbanken rund um den Globus die Aktienmärkte beflügelte, blieben aber insbesondere die Terminmärkte für Agrarrohstoffe sehr zurückhaltend. Dabei setzten auch die zurzeit vom Export- und Preisdruck aus dem Schwarzmeerraum sowie von guten Sojaernten in Südamerika geprägten fundamentalen Marktdaten ihre Markierungen. Neue Impulse könnten bis zum Frühjahr bestenfalls die Wettermärkte setzen, wenn sich Gedeih oder Verderb der Bestände für die kommende Ernte 2012 abzeichnen und den Schwarzmeer-Exporteuren vielleicht die Luft ausgegangen sein wird. An der Pariser Euronext pendelte der Weizenfutures zum vordersten Liefertermin, dem Jänner 2012, die ganze letzte Woche knapp über und unter der 180-Euro-Marke, wobei der Markt "invers" bleibt. Das heißt, die späteren Liefertermine 2011/12 notieren tiefer als der vorderste und es ist zurzeit kein "Lagergeld" in Sicht.
 
Als mögliche Silberstreife am Horizont macht der Markt die ohnehin schon enge Versorgungslage bei hochwertigen Weizenqualitäten sowie schlechte Aussichten für den Aufgang des Hard Red Winter in den USA, den Ausfall von bis zu 2,3 Mio. ha der rund 8 Mio. ha mit Winterkulturen bestellter Fläche in der Ukraine sowie die von Regen und Qualitätseinbußen beeinträchtigte laufende Weizenernte in Australien aus. Im Gegensatz zur Ukraine, wo die rund 55 Mio. t Getreide und Mais des heurigen Jahres 2012 nicht zu wiederholen sein werden, macht sich Russland aber 2012 neuerlich auf eine Riesenernte von 95 bis 100 Mio. t Hoffnungen. Die Trockenheit dieses Herbstes beginnt dagegen aber nach den Farmern in den USA auch schon den Landwirten in Westeuropa erste Sorgenfalten auf die Stirnen zu werfen.

 
Europäischer Markt 2011/12 wieder zwischen Binnenlage und Meeresstandorten zweigeteilt
 
In Europa zeichnet sich 2011/12 wieder einmal die Zweiteilung des Marktes in das wegen seiner Binnenlage vom kostengünstigen Zugang zu Exporthäfen abgeschnittene Zentraleuropa und in die mit Frachtkostenvorteilen begünstigten westeuropäischen Meeresanrainerstaaten ab. Bezeichnend dafür ist die am Mittwoch letzter Woche nach einiger Zeit Pause wieder einmal erfolgte Notierung von Mahlweizen an der Wiener Produktenbörse. Der von der Qualität her am ehesten mit dem an der Pariser Euronext gehandelten Weizen vergleichbare Mahlweizen musste mit EUR 173,- pro t doch einen spürbaren Abschlag von mehr als EUR 5,- pro t gegenüber den aktuellen Euronext-Kursen in Kauf nehmen. Österreichische Marktteilnehmer begründen dies eben mit dem Transportkostennachteil in der zentraleuropäischen Binnenlage und hier bei üppigem Angebot mit der scharfen Preiskonkurrenz aus dem Osten.

 
Trotz Schwarzmeerkonkurrenz recht schwunghafter Weizenexport aus der EU
 
Dafür läuft das Exportgeschäft auf den westeuropäischen Weizenmärkten trotz der harten Schwarzmeer-Konkurrenz auf den Weltmärkten recht schwungvoll. Die Europäische Kommission vergab in der Woche bis 30.11. Lizenzen für 352.000 t Weizenexport, womit die EU nach 22 Wochen des laufenden Wirtschaftsjahres bei 6,49 Mio. t Weizenexport nach 10,14 Mio. t in der Vergleichsperiode 2010/11 hält. Allerdings rechnet der Markt demnächst mit einer Abschwächung der Nachfrage bei den traditionellen Abnehmern in Nordafrika und setzte den europäischen Exporteuren dort auch Billigkonkurrenz aus Argentinien zu.

 
Auch US-Weizennotierungen vom Export beflügelt - Hohe Aufpreise für Hard Red Spring
 
Impulse für die Weizennotierungen an der Chicagoer CBOT - diese stiegen letzte Woche im Vergleich zur Euronext deutlicher an - konnten in der Berichtswoche bis 24.11. die Weizenexportzahlen der USA setzen. Mit 503.000 t übertrafen sie den Durchschnitt der letzten vier Wochen um 30 %. Notierungsgewinne und stolze Qualitätsaufschläge gegenüber dem in Chicago notierten Soft Red Winter kann wegen seiner sehr knappen Verfügbarkeit der in Minneapolis gehandelte hoch proteinhältige Hard Red Spring lukrieren: Die USD 313,94 pro t (EUR 232,69) Schlusskurs vom Donnerstag bedeuten einen 42 %-Bonus gegenüber dem Soft Red Winter.
 
Bearish schlugen dagegen matte US-Maisexporte von 280.600 t an der CBOT für den Maisfutures und das Sentiment zu Buche, dass Mais mit Preisen über denen von Weizen überbewertet sei.


Auch in Österreich: Satter Aufpreis für Premiumweizen
 
Premiumweizen erzielt - wenn er überhaupt ab und zu gehandelt wird - am österreichischen Kassamarkt ebenfalls noch immer ein sattes Aufgeld im Vergleich zu den anderen Weizenqualitäten. Am Mittwoch letzter Woche notierte die Wiener Produktenbörse die heimische Aufmischqualität mit EUR 221,50 pro t um ganze EUR 29,- pro t höher als den Qualitätsweizen mit EUR 195,50 pro t und um EUR 48,50 höher als den Mahlweizen. Da der Premiumweizen aus der Ernte 2011 nicht in so hohen Anteilen wie üblich ausgefallen ist, bleibt er aber in der laufenden Saison nur ein punktuell gehandeltes Nischenprodukt. Getoppt wird der Premiumweizenpreis zurzeit nur vom sehr knapp zur Verfügung stehenden Mahlroggen, der am Mittwoch in Wien mit EUR 222,50 pro t notiert wurde. Beim Qualitätsweizen setzte sich der Trend zu einer leichten Erholung der Kurse an den internationalen Warenterminbörsen am physischen Markt in Österreich noch nicht durch und er gab nochmals leicht nach.

Allerdings erschwert zurzeit Niederwasser aus der Donau auch den Warenzufluss aus dem östlichen Mitteleuropa. Profitieren davon konnte hierzulande der Maismarkt, der sich so trotz umfangreicher Einkäufe in diesen Ländern auch in der abgelaufenen Woche bei unveränderten Preisen von 164,50 pro t für die Industriequalität in Fluss halten konnte.
 
Bei den Ölsaaten gab Raps letzte Woche leicht nach und Sonnenblumen konnten sich etwas befestigen. Marktteilnehmer leiten daraus ab, dass der zur Ernte geherrschte Preisdruck auf die Sonnenblumen doch zu stark gewesen sein könnte und nun die Korrektur in Richtung einer "vernünftigen Preisrelation zum Raps" einsetze. Zudem hätten die im Vergleich zum Raps zuletzt recht niedrigen Preise Sonnenblumen für Ölmühlen interessant gemacht und damit die Nachfrage stimuliert.


Biogetreidevermarktung läuft gut - endlich wider Aussicht auf Geld für Bauern
 
Vom heimischen Biogetreidemarkt hört man, die Vermarktung der Ernte 2011 laufe unaufgeregt und erfolgreich. Die Qualitäten passten und erlaubten einen "schönen Preisabstand" zu konventionellem Getreide. Es seien schon bedeutende Mengen vermarktet worden. Zahlreiche Biobauern hätten sich der heuer erstmalig angebotenen Poolvermarktung anvertraut und könnten nun nach Jahren des Durch-die-Finger-Schauens wieder verlässlich mit Geld für ihre Ware rechnen.

 
Russland gestaltet Getreideintervention deutlich bescheidener als zunächst geplant
 
In Russland sollen bei den am 29.11.2011 angelaufenen Interventionsankäufen lediglich etwas mehr als 1 Mio. t Getreide vom Markt genommen werden. Das gab Landwirtschaftsministerin Jelena Skrynnik bekannt. Zuvor hatte der erste stellvertretende Ministerpräsident Viktor Subkow noch eine Intervention von bis zu 1,5 Mio. t in Aussicht gestellt. Laut Skrynnik dürfte diese geografisch auf die Regionen Ural und Sibirien beschränkt werden. Außerdem wird erstmals kein späterer Verkauf von interveniertem Getreide über eine Warenbörse vorgesehen, sondern den Produzenten die Möglichkeit gewährt, ihre Ware zurückzuerwerben. Im europäischen Teil Russlands, so Skrynnik, blieben die Getreidepreise seit mehreren Wochen stabil. Dabei seien rege Exporte zu verzeichnen, die seit Anfang 2011/12 bis Mitte vergangener Woche ein Niveau von rund 13,7 Mio. t erreicht hätten.
 
Am ersten Tag der diesjährigen Getreide-Interventionsankäufe wurden rund 83.700 t angekauft. Wie aus einem Bericht der Moskauer Nationalen Warenbörse (NTB) hervorgeht, handelt es sich dabei um 60.615 t Nahrungsweizen mittlerer sowie 23.085 t einfacher Qualität. Die Ware wurde zu mittleren Preisen von umgerechnet EUR 109,20 beziehungsweise 106,40 pro t erworben. Erstmals dürfen die russischen Produzenten diese ab Jänner 2012 zurückkaufen, um sie zu eventuell besseren Konditionen am freien Markt abzusetzen. Außer Nahrungsweizen dürfen auch Roggen, aber auch Futterweizen und -gerste sowie Körnermais angeboten werden. (BMLFUW/AIZ)

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