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07.08.2017 | 09:57 | Diesel-Gipfel 
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Diesel-Affäre spielt Grünen-Wahlkampf in die Hand?

Berlin - Noch sieben Wochen bis zur Bundestagswahl, und ganz Deutschland redet über Luftverschmutzung. Kann den Grünen etwas Besseres passieren?

Dieselfahrzeuge
In der Diesel-Affäre legen sich die Grünen mächtig ins Zeug - und kommen trotzdem nicht recht vom Fleck. Warum das so ist und was die Partei strategisch gerade trotzdem richtig macht. (c) proplanta
Die Ökopartei musste sich wochenlang sagen lassen, dass Umweltschutz out sei im Wahlkampf. Stattdessen interessiert sich das Land gerade für Stickoxide und Abgas-Reinigung. Sowas muss den Grünen doch nutzen.

«Das habe ich mir noch nicht überlegt», sagt Parteichef Cem Özdemir am Donnerstag auf die Frage, wie viele Prozentpunkte der Diesel und die Affäre darum seiner Partei am 24. September bringen wird.

Dazu will nicht passen, dass die Grünen sich beim Thema Diesel sehr ins Zeug legen. Sie laden zwei Tage vor dem Dieselgipfel Umwelt- und Verbraucherschützer zum Runden Tisch. Legen einen «Zukunftsplan für das emissionsfreie Auto» vor. Özdemir trifft VW-Betriebsräte in Wolfsburg. Am Morgen des Diesel-Gipfels bauen Helfer ein Papp-Auto mit echt rauchendem Auspuff auf, um den Parteichef in Szene zu setzen.

Blick in die Umfragen: Sieben bis neun Prozent, da bewegt sich bisher nichts. Wenn man sich in der Partei umhört, rechnet damit auch kaum einer wirklich. Autos seien eben keine Atomkraftwerke, die Diesel-Affäre nicht Fukushima.

Die Nuklearkatastrophe und der deutsche Atomausstieg bescherten den Grünen nach 2011 Wahlerfolge. Beim Stickoxid-Problem geht es aber ums eigene Auto vor der Haustür, um den Weg zur Arbeit und und zur Kita. Der Streit über einen Produktionsstopp für Verbrennungsmotoren ab 2030 ist daher sogar gefährlich: Allzu schnell könnten die Grünen wieder als Verbotspartei dastehen oder als die abgehobenen, denen diejenigen egal sind, die sich kein Elektroauto leisten können.

Und dann ist da noch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der beliebteste Grüne, der gemeinsam mit der CDU das Daimler-Land Baden-Württemberg regiert. Nach dem Dieselgipfel, den Umweltschützer und große Teile der eigenen Partei als Farce geißeln, spricht er trotz aller Vorbehalte von einem «guten Ergebnis». Ob er das nun wirklich denkt oder es für klug hält, das zu sagen - für viele kratzt der Widerspruch an der Glaubwürdigkeit der gesamten Ökopartei.

Dass allerdings kaum jemand in den eigenen Reihen Kretschmann angreift, ist für eine so streitlustige Truppe wie die Grünen bemerkenswert. Sogar der grün-linke Ex-Umweltminister Jürgen Trittin, der sich sonst gern mit dem mächtigen Realo im Süden zofft, gibt sich auf «Spiegel Online» ungewöhnlich milde: «Winfried Kretschmann steckt in einem schwierigen Prozess», sagt er.

Trittin hält sich damit an eine Vorgabe der Parteispitze: Interne Konflikte bleiben bitteschön intern. Das klappt ganz gut. Sogar, als kurz nach dem Berliner Bundesparteitag ein Video auftauchte, in dem Kretschmann ziemlich über seine Partei herzog - ausgerechnet zum Thema Verkehrswende. Niemand, der in der Partei etwas zu sagen hat, wollte sich (öffentlich) so richtig drüber aufregen.

Und das klappt auch am Donnerstag wieder, als der Tübinger Querkopf Boris Palmer in Berlin sein neues Buch zu Zuwanderung und Integration vorstellt. Wegen Forderungen wie Zwangs-DNA-Tests für Flüchtlinge verorten einige Grüne Palmer eher bei der CDU oder sogar bei der AfD als in den eigenen Reihen. Auch jetzt wieder so viele Provokationen.

Das Erscheinungsdatum: kurz vor der Bundestagswahl. Die Präsentation übernimmt: Julia Klöckner, CDU-Bundesvize. Der Titel des Buchs: «Wir können nicht allen helfen.»

Und siehe da, die ganz große Aufregung bleibt aus. Gut für die Grünen, die sich in der Flüchtlingsdebatte zwischen Idealismus und Pragmatismus nicht gerade leicht tun. Die Debatte um dreckige Diesel liegt ihnen mehr. Der Abgeordnete Volker Beck, der eigentlich gern auf Palmers Provokationen anspringt, bringt auf Twitter beides mit Humor zusammen: «Wir können nicht alle Diesel-Autos der Welt auf Deutschlands Straßen fahren lassen.»
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 10.08.2017 08:34 Uhrzustimmen(30) widersprechen(28)
die grünen sind seit dem austritt von Jutta Ditfurth nicht mehr grün sondern pech schwarz und leiden zu recht unter mitgliederschwund
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