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07.09.2009 | 12:04 | Milchmarktpolitik  

Gegen neue Butterberge und Milchseen

Berlin - Ein neues gesellschaftliches Bündnis aus Landwirtschafts-, Umwelt-, Tierschutz-, Menschenrechts- und entwicklungspolitischen Organisationen hat die aktuelle Milchpolitik in Deutschland und der EU scharf kritisiert und rasche politische Änderungen gefordert.

Milchseen
(c) proplanta
Die akute Krise am Milchmarkt sei nicht nur ein Problem für die Milcherzeuger sondern habe dramatische Folgen für Umwelt und Naturschutz, Tiergesundheit und Tierschutz, Arbeitsplätze im ländlichen Raum, entwicklungspolitische Ziele und die qualitative Vielfalt an Milcherzeugnissen in der EU.

Die Milcherzeuger in der EU leiden unter einem bisher nicht gekannten Preisverfall. Dieser wurde auch dadurch ausgelöst, dass die Milchquote trotz sinkender Nachfrage innerhalb der EU und auf dem Weltmarkt angehoben und damit Anreize zur Überproduktion gesetzt wurden. EU-Kommission und Agrarminister halten bislang am Beschluss zur Ausweitung der Milchquote fest. Um den Markt zu entlasten, erhöhen sie die Subventionen für Lagerhaltung und Export. Dies kostet die Steuerzahler nach Angaben der Kommission allein im Jahr 2009 rund 600 Millionen Euro. Der Preisverfall hat sich damit nicht aufhalten lassen. Zehntausende europäische Milchbauern sind in ihrer wirtschaftlichen Existenz akut gefährdet.

„Bundesagrarministerin Aigner, EU-Agrarkommissarin Fischer Boel und die Minister der anderen Mitgliedsstaaten müssen auf der nächsten Ratssitzung am 7.9.2009 endlich eine wirksame Mengenreduktion für die Milcherzeugung beschließen. Nur so können Butterberge und Milchseen abgebaut und trockengelegt und die Einkommen der Milcherzeuger nachhaltig stabilisiert werden“, so Romuald Schaber, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter.
„Mit Preisen auf dem derzeitigen Niveau können Milchkühe nicht unter artgerechten Bedingungen gehalten werden“, so Norbert Mauren vom Deutschen Tierschutzbund. „Nur mit angemessenen Milchpreisen ist es möglich, Kühe auf der Weide zu halten, und so nicht nur Tiergesundheit und Kulturlandschaft zu fördern, sondern auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“, ergänzt Friedrich Ostendorff vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

„Der Schaden macht an den Grenzen der Europäischen Union nicht halt“, so Tobias Reichert von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Die Überschüsse werden mit Hilfe von Subventionen in Entwicklungsländer exportiert und verdrängen die Erzeuger von ihren heimischen Märkten. Wirksame Armutsbekämpfung wird so unterlaufen.“ Die Überproduktion der EU sei nur möglich, weil über 70 Prozent des Eiweißfutters importiert würden. Oft aus Ländern, in denen für den Anbau Regenwälder abgeholzt würden, was eine enorme Belastung für das Klima darstelle. „Mittel- und langfristig muss die europäische Milcherzeugung vor allem am Bedarf innerhalb der EU ausgerichtet werden, um ein Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage und damit einen fairen Milchpreis zu gewährleisten“, so Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. „Die Milchbauern und -bäuerinnen müssen ihre Interessen gegen eine stark konzentrierte Milchindustrie marktwirksam bündeln.“ (BDM)
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