Seit 22 Jahren fährt Lilianna Cholubek mit ihrem Ehemann Waldek dann die fast 500 Kilometer aus dem kleinen polnischen Dörfchen Starzyce nach Niedersachsen ins nicht viel größere Hoopte, um an der Elbe als Erntehelferin zu arbeiten. Den Wagen hat sie vollgeladen mit Einmachgläsern - Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten sollen helfen, Geld zu sparen.
«In Polen gibt es keine Arbeit, es ist schwer», sagt die in Hoopte nur «Lilli» genannte 40-Jährige. Die Einkünfte der zwei Monate in Hoopte müssten reichen fürs ganze Jahr, sagt sie. Mit 18 war Lilli das erste Mal hier, da hatte sie gerade das Lyzeum abgeschlossen.
Cholubek arbeitet als Spargelstecherin im Akkord und verdient bis zu zwölf Euro die Stunde, meist sind es neun bis zehn. Gutes Geld, sagt sie, auch wenn Milch oder Benzin in Polen bald nicht mehr viel weniger kosten würden als in Deutschland.
Der Wohncontainer auf dem Hof hat zwei Betten und einen Fernseher, er kostet zwei Euro pro Nacht. «Wir kommen nur her zum Arbeiten, abends wird geschlafen», sagt die Frau mit dem blonden Pferdeschwanz.
Morgens um 5 Uhr steht sie auf, um sechs Uhr geht es los auf den Feldern bei Ramelsloh und anderswo. In den langen Reihen erkennt sie den reifen Spargel mit geübtem Blick, winzige Risse oder Erhebungen im Boden reichen ihr. Wo der Laie gar nichts sieht, da packt sie immer wieder zielsicher ins Erdreich, greift die Stange behutsam beim Kopf und sticht an der Wurzel zu. Wie oft am Tag sie das macht, das hat sie nie gezählt.
Der Familienbetrieb in Hoopte bewirtschaftet fast 170 Hektar, Spargel und Erdbeeren bedecken rund die Hälfte der Fläche. So um die 130 Kilogramm Spargel schaffe eine Erntehelferin wie Lilli am Tag, sagt Senior-Chef Herbert Löscher. Das sind mehr als 3.000 Stangen. Auf dem Hof sind in diesem Jahr fast 170 Hilfskräfte im Einsatz, vor allem Polen und Rumänen, kein einziger Deutscher.
«Bei uns arbeiten die
Erntehelfer in Gruppen im Akkord, dem Druck halten die heimischen Arbeitskräfte nicht stand», sagt Löscher. Da mangele es an Motivation und Geschwindigkeit, meint er. Es sei ungerecht den polnischen und rumänischen Arbeitskräften gegenüber, wenn die Deutschen schlapp machten.
«Wir haben schon vor sieben, acht Jahren aufgegeben, nach deutschen Kräften zu suchen.» Solche Probleme habe er mit den ausländischen Helfern viel seltener, auch von Cholubeks Einsatz ist er begeistert. «Ich bin mit Lilli total zufrieden. Ihr Schwager hat hier mittlerweile eine Festanstellung und arbeitet als Schlepperfahrer.»
Die meisten Spargelstecher auf deutschen Feldern kommen inzwischen aus Rumänien. Noch vor ein paar Jahren waren die meisten Erntehelfer Polen, doch das habe sich geändert, sagt Burkhard Möller, Sozialreferent beim Deutschen Bauernverband. Polen gehe es wirtschaftlich besser als früher, da blieben viele im eigenen Land und arbeiteten dort.
Für die Spargel- und
Obsternte seien aber auch dieses Jahr wieder rund 270.000 Saisonarbeiter nach Deutschland gekommen - darunter etwa 170.000 Rumänen und 100.000 Polen. Für Rumänien gilt die Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der EU noch nicht, sie profitieren aber von der Ausnahmeregelung, die unter anderem für Saisonarbeiter gilt. «Zur Zeit haben die Betriebe überhaupt keine Probleme, Arbeitnehmer zu finden», sagt Möller. (dpa)