So müssten sich die Betriebe angesichts einer zu erwartenden Kürzung des EU-Budgets auf eine schrittweise Kürzung der Agrarsubventionen einstellen. Einen Vertrauensschutz für eine dauerhaft fortgeführte
Agrarpolitik bisheriger Prägung werde es nicht geben. Nur bei „klarer, langfristiger politischer Zielsetzung“ sei ein EU-Agrarbudget legitimierbar. Unter anderem spricht sich der Vorstand dafür aus, künftige
Agrarsubventionen an die Erbringung öffentlicher Leistungen zu koppeln.
Handlungsbedarf besteht nach Überzeugung des DLG-Vorstands sowohl im Hinblick auf den Pflanzenbau als auch die Tierhaltung. Zwar verweist das Gremium auf die enormen Produktivitätsschübe, die in den letzten Jahrzehnten im Pflanzenbau erreicht worden seien. Sie gingen jedoch einher mit Artenverlust, Nährstoffüberschüssen und Resistenzen. Empfohlen werden eine Sensibilisierung der Akteure, der Einsatz innovativer Technik, ein Rückgriff auf klassische ackerbauliche Prinzipien sowie präzise Dünge- und umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel. In der Tierhaltung geht es dem Vorstand zufolge darum, Leistung und Tierwohl auszubalancieren. Darauf seien die Zuchtziele auszurichten.
Zugleich müssten die Haltungsbedingungen sicherstellen, dass wesentliche Bedingungen der Tiergerechtheit wie „Freiheit zum Ausleben normaler Verhaltensweisen“ erfüllt würden. Gefordert werden einfache und handhabbare Tierwohlindikatoren und -kriterien sowie ein konsequentes Sanktionssystem.
Keine Nestbeschmutzung „Zukunftsstrategien basieren idealerweise auf einer schonungslosen Analyse des Status quo“, erklärte DLG-Präsident Carl-Albrecht Bartmer anlässlich der Veröffentlichung der zehn Thesen.
Keine NestbeschmutzungZukunftsfähig sei nur der, „der zur Selbstkritik fähig ist, der die Zeichen der Zeit, die Signale erkennt“. Deshalb seien Gedanken über Nährstoffüberschüsse, Artenrückgang,
Klimawandel, nicht artgerechte Tierhaltung, Modernisierungsbedarf für das EU-Beihilfesystem, auch über einen zu schärfenden Berufsethos oder Kommunikationsdefizite nicht Nestbeschmutzung, sondern „Ausdruck von Selbstbewusstsein, kraftvoll die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen“.
Für den DLG-Präsidenten wäre es fatal, würde man Dritten „mit mitunter durchsichtigen Motivationen die Gestaltungshoheit für eine ‚Agrarwende‘ überlassen“. Mit den Thesen sende die
DLG ein wichtiges Signal: „Wir sind selbstkritisch und zu konkreten Lösungen bereit.“ Über die Branchengrenzen hinweg lade man zur Diskussion ein. „Wir brauchen zur Umsetzung der zukunftsorientieren Lösungsansätze ein gesellschaftliches Klima, das Innovationen zulässt“, betonte Bartmer. Nicht idealisierte Konzepte der Vergangenheit, sondern Fortschritt verschaffe der Landwirtschaft die Freiheitsgrade, eine der herausforderndsten Phasen der Agrarentwicklung erfolgreich zu meistern.
Die zehn Thesen zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft stellten ohne Zweifel „eine Herausforderung für den landwirtschaftlichen Unternehmer, die Innovations- und Anpassungsfähigkeit seines Betriebes“ dar, räumte Bartmer ein. Die Landwirtschaft habe jedoch immer wieder bewiesen, dass sie in der Lage sei, sich den großen Herausforderungen der Branche erfolgreich zu stellen. Das werde auch in Zukunft so sein.
Landwirtschaft ist lernfähigZu den negativen Begleiterscheinungen der heutigen Landwirtschaft zählt der DLG-Vorstand in dem Thesenpapier die hohen Nährstoffüberschüsse in den Hotspots der Tierhaltung sowie den Rückgang der
Artenvielfalt in intensiv genutzten Agrarlandschaften. Tierhaltung und Fläche müssten künftig innerhalb des Betriebes oder vertraglich gekoppelt werden. Zudem müssten Mindestansprüche an Fruchtfolgen „formuliert und eingehalten“ werden.
Ausdrücklich bescheinigt die DLG der Landwirtschaft, sie sei „in hohem Maße lernfähig und in der Lage, ihre Produktionsprozesse zu verbessern“. Über eine verbesserte Aus- und Weiterbildung, Beratungsanstrengungen, technische und biologische Innovationen, Monitoring und ordnungsrechtliche Rahmensetzung sei es der deutschen Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten gelungen, ihre Produktivität erheblich zu steigern. Auf ähnliche Weise werde die Landwirtschaft auch die anstehenden Aufgaben lösen können.