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23.06.2017 | 11:16 | Fleischbranche 
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Muss Fleisch vor allem billig sein?

Berlin - Bei Edeka gibt's Schweineschnitzel zum halben Preis, das Kilo für 4,49 Euro. «Kracher» steht daneben im Prospekt.

Billiges Fleisch?
Fleisch-Sonderangebote empören Tausende - und locken noch mehr Kunden in Supermärkte und Discounter. Die Qualität der Schnäppchen-Ware muss nicht unbedingt schlechter sein. Aber dem Tierschutz dient sie nicht. (c) proplanta
Real haut den Rinderbraten für 5,55 Euro raus - 42 Prozent Rabatt. Aldi schwingt beim Putenschnitzel den «Preishammer der Woche»: 2,99 Euro das Pfund. Fleisch zieht, vor allem billiges Fleisch. Darauf setzen die Werber - allen Debatten über Gesundheit und Tierschutz zum Trotz.

Doch wie kann das Kilo Fleisch billiger sein als ein Kilo Erdbeeren oder eine Schachtel Zigaretten? Die Frage beschäftigt nicht nur die Landwirte beim Deutschen Bauerntag nächste Woche in Berlin. Auch viele Kunden verlangen Antworten. «Billig, billiger, am billigsten - das ist eure Religion», schleuderte ein Facebook-Nutzer neulich einem Discounter entgegen. Zehntausende stimmten zu.

«Lebensmittel sind mehr wert», meint auch Bauernpräsident Joachim Rukwied. Der Konsument treffe seine allermeisten Kaufentscheidungen aber nun mal «preisorientiert», sagte der Landwirt der Deutschen Presse-Agentur.

Die Kunden wollen es also billig haben. Den Bauern bleibe nichts übrig, als zu liefern, wollten sie die Investitionen in ihre Höfe wieder reinholen und ihre Kredite zurückzahlen. 

Das Gewissen vieler Kunden indes ist rein. Jeder zweite Deutsche isst aus Gründen des Umwelt- oder Klimaschutzes weniger Fleisch - das kommt jedenfalls heraus, wenn man sie selbst danach fragt, wie es Greenpeace zu Jahresbeginn tat.

Nach Branchenzahlen essen die Bürger aber nur etwas weniger Fleisch. Gut 59 Kilogramm pro Kopf waren es 2015, rund zwei Kilo weniger als noch vor fünf Jahren - aber auch nicht weniger als zur Jahrtausendwende.

Doch es gibt mehr Bio-Fleisch, für das Tiere etwa mehr Platz und regelmäßigen Auslauf bekommen müssen - das aber auch das doppelte oder dreifache kosten kann. Auch vegetarische Wurst ist kein Exot mehr im Kühlregal. Deutschlands Schlachthöfe melden dennoch Rekordzahlen: 8,25 Millionen Tonnen Fleisch produzierten sie nach amtlichen Zahlen 2016, so viel wie nie.

Denn Deutschland exportiert immer mehr Fleisch, mittlerweile fast die Hälfte. Bei der Preis-Frage deutet der Handel dann auch auf den Mechanismus von Angebot und Nachfrage. Der Handel sei nur ein Absatzkanal neben dem Export oder der Gastronomie, betont der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Er verweist darauf, dass Fleisch und Fleischwaren im Laden heute gut ein Achtel teurer sind als 2010.

Das gilt aber nicht für die Lockvogel-Angebote aus den Prospekten. «Sie werden künstlich billig gemacht und quersubventioniert», sagt Sophie Herr, Lebensmittel-Expertin beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. «Wenn sie damit eine fünfköpfige Familie in den Laden bekommen, die für 150 Euro ihren Wocheneinkauf macht, dann rechnet sich das.»

Darunter leidet das Preisgefühl: Wer denkt, was nichts kostet, ist auch nichts, könnte irren. «Sie können gar nicht sagen, ob das wirklich billig produziertes Fleisch ist», sagt Herr. «Der Preis hat in vielen Fällen seine Kompassfunktion verloren.»

Nach einer Umfrage der Verbraucherschützer wären die Kunden sehr wohl bereit, für das Schweineschnitzel rund die Hälfte mehr zu bezahlen - wenn sie sicher sind, dass die Tiere besser gehalten werden. Nahezu jeder zweite weiß jedoch nicht, woran er Fleisch aus artgerechter Haltung erkennt. Herr sagt: «Wieso soll ich mehr zahlen, wenn ich nicht weiß, ob ich dafür mehr Tierwohl bekomme?»

Einen Markt für Fleisch aus artgerechterer Haltung zwischen «konventionellen» und den recht teuren «Bio»-Produkten soll die freiwillige Initiative Tierwohl von Landwirtschaft und Handel herstellen. Mit Vier Cent pro verkauftem Kilo Fleisch werden Investitionen in mehr Tierschutz im Stall unterstützt. Tierschützer sind jedoch inzwischen ausgestiegen, weil ihnen die Vorgaben für die Bauern zu lax wurden.

Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) will darüber hinaus ein freiwilliges staatliches Tierwohl-Label für Fleisch im Supermarkt einführen. Wer es auf die Verpackung kleben will, muss Schweinen etwa mehr Platz im Stall gewähren. Für Kunden wird das nicht gratis zu haben sein: Das Ministerium schätzt, dass die Preise um ein Fünftel steigen.
dpa
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Kommentare 
cource schrieb am 01.07.2017 06:11 Uhrzustimmen(44) widersprechen(34)
die fleischproduktion wird mit steuergeldern subventioniert um den deutschen schinder/sklaven leistungsfähig zu halten, denn durch den übermäßigen konsum von fetten fleischprodukten wird im gehirn ein künstliches wohlbefinden erzeugt welches zum durchhalten/erhöhte leistungsbereitschaft verführt, aber mit dem preis einer volksverfettung/darmkrebs/vorzeitiges ableben----jeder schinder der vorzeitig hops geht ist ein guter/braver bürger, weil er u.a. die rentenkassen entlastet---kein schinder/sklave würde jemals auf die idee kommen, dass er mit dem fleisch sein gehirn dopt bzw. ist es ihm scheiß egal, hauptsache es funktioniert und er kann endlos schindern
Gast schrieb am 25.06.2017 17:00 Uhrzustimmen(19) widersprechen(21)
Es heißt ja nicht wen Fleisch teurer währe auch die Tiere besser gehalten werden. Wen Nahrungsmittel teurer werden sollen, muss auch der Mindestlohn steigen. Schon jezt lebt jedes Fünfte Kind in Deutschland unter der Armutsgrenze und das in einem der Reichsten Länder der Welt. Kapitalismus kennt eben keine grenzen.Sprüche wie ,, Früher konnten Arme eben kein Fleisch essen" finde ich einfach nur MENSCHENVERACHTENT und zum kotzen.
Ich bin der Meinung das die Einhaltung der Tierschutzgesetze Aufgabe der Stattlichen Behörden währe, aber an die Grosskonzerne der Massentierhaltung traut sich eh keiner rann, deren Betreiber haben viel zu viel Politischen Einfluss. Deutschland wird eben von Lobbyisten Regiert.
Marleen Elfenraub schrieb am 23.06.2017 11:57 Uhrzustimmen(37) widersprechen(20)
"Die Kunden wollen es also billig haben. " schreibt ihr. Jedoch finde ich, dass das so nicht stimmt!
Die Kunden wollen ES haben, sollte es statt dessen heißen.
Dicht gefogt von: Ich lass mir doch von meiner Armut das Fleisch nicht verbieten.
Früher konnten Arme eben kein Fleisch essen. Heute hat sich eine ganze Branche, ach was sag ich, viele Branchen angepasst.
Kannst Du Dir nicht leisten? Ratenkauf! Kannst Du nicht haben? Hier hab ich die Billigvariante die ausbeutet, Menschen nachhaltig schädigt und Ressourcen verballert.
Ich will damit nicht sagen, dass hier Irgendwem irgendwas verboten werden soll (keine Zeit für lange Diskussionen). Es geht darum, doch mal darüber nachzudenken, was man sich - und Anderen - mit dem Genuß von billigem Essen antut. Wenn mein Mann und ich uns den Gang zum Demeter-Fleisch-Stand oder Bio-Fleisch vom ausgesuchten Händler nicht mehr leisten könnten, würden wir auf Fleisch verzichten und es dann eben nur einmal die Woche oder zwei Mal im Monat verzehren. Aber bei uns hat eben auch das Wir über die Ego-Befriedigung "Ich. Alles. Meins. Will." gesiegt.
Davon mal abgesehen macht kochen wieder viel mehr Spaß, wenn man sich mit seinem Essen auseinander setzt.
Lösung? Hm. Das wird schwierig werden. Da sich die Leute hierzulande nichts verbieten lassen, muss wohl in die Wohnzimmer die Einsicht einziehen... Also dauert es wie immer viel zu lange und manch ein schlechter Umstand wird nach dem "Kind in den Brunnen gefallen" Prinzip sowas von drüber sein ... aber dann machen wir ja alles richtig ... und dann kommt die mit dem Finger auf andere Länder und Leute zeigen und im Jahre 2158 haben wir endlich all jene Regularien die uns morgen schon den Arsch retten könnten.
Guten Appetit!
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