Die aktuelle Weltwirtschaftskrise wurde durch Spekulationen der Investmentbanken ausgelöst. In ihrer Dimension und Wirkmächtigkeit wurde sie aber erst möglich durch die Marktgläubigkeit der Wissenschaft und der Politik sowie durch die Tendenz, im Namen der Marktfreiheit ungleiche Freiheiten für die Marktteilnehmer zu erzeugen.
In Statements von Agrarökonomen dazu wird behauptet, „Die Milchbranche“ sei „im freien Markt angekommen. Zur Milchbranche gehören die Milchbauern. Diese befanden und befinden sich nach wie vor in einem massiven Abhängigkeitsverhältnis. Sie bekommen einen Milchpreis einseitig und rückwirkend von den Molkereien überlassen. Vom „freien Markt“ kann daher keine Rede sein. Die Modellvorstellung von polypolistischen Anbieterstrukturen, die auf eine große Zahl von Nachfrager treffen, hat nichts mit der Praxis gemein. Im Milchsektor liegen stufenförmig angelegte Strukturen vor. Die dort Beteiligten divergieren in Bezug auf ihre Anzahl und ihre Umsatzstärke enorm: Ca. 100.000 Milchbauern stehen ca. 100 Molkereien und diesen wiederum wenige Handelsketten gegenüber. Die Milchbauern sind in dieser Struktur abhängige Rohstofflieferanten.
Die Unterzeichner fordern daher:
- eine verantwortungsvolle realitätsnahe Marktgestaltung, durch die die Wiederaufstellung der Landwirte als gleichwertige Marktteilnehmer möglich wird,
- die Aufgabe der statischen Vorstellung vom Markt als Preisfindungsmechanismus, die mit der Auffassung einhergeht, sich in die Preisenstehung nicht „einzumischen“ – Märkte sind dynamisch und daher ständig zu regeln,
- die Bevorzugung starker Marktteilnehmer, realisiert durch das einseitige Setzen auf eine economie of scales (Quantität) ohne das Pendant einer Ökonomie der Kreierung von Neuem (Qualität), wodurch Oligopole immer weiter gefördert werden,
- das beenden der Bevorzugung immer erfolgreicherer einzelbetrieblicher Effizienz bei gleichzeitigem Abwälzen der Folgekosten auf die gesamte Gesellschaft
- das weitere Vorantreiben der derzeitigen Form des Welthandels mit Agrarprodukten unter Berufung auf das Modell der komparativen Kostenvorteile, wofür in der Praxis die Voraussetzungen fehlen und wodurch es zum ungleichen Handel zugunsten der Industrieländer kommt mit den unverantwortlichen Folgen der Zerstörung der Subsistenzstruktur in diesen Ländern. 70 Prozent aller Hungernden der Welt sind Kleinbauernfamilien und Landarbeiter!
Verantwortungsvolle Marktgestaltung bedeutet nicht „Mehr Freiheit des Marktes“, sondern „Mehr Freiheit ALLEN Marktteilnehmern.“ Die Unterzeichner appellieren an alle, die immer wiederkehrenden Statements von der „Freiheit der Märkte“ kritisch zu hinterfragen. Dies ist der erste Schritt zur Beendigung der „Regelung der Märkte im Namen der Nichtregelung“.
Die vollständige Resolution finden Sie
hier.
Für die Resolution
Prof. Onno Poppinga u. Dr. Katrin Hirte (ehem. FG Landnutzung und Regionale Agrarpolitik am FB Ökologische Agrarwissenschaften der Universität Kassel)
http://www.uni-kassel.de/agrar/lra/ Die Unterzeichner:
Prof. Elmar Altvater, em. Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der FU-Berlin
Dr. Rainer Bartel, Linz
Jacques Berthelot, Former Lecturer in economics at the Ecole Nationale Supérieure Agronomique de Toulouse
Prof. Mathias Binswanger, FH Nordwestschweiz Olten
Prof. Dieter Boegenhold, Free University of Bolzano, Economics and Management, Italy
Germana Bottone, Istituto di Studi e Analisi Economica, Italy
Prof. Dieter Boegenhold, Free University of BolzAno, Economics and Management, Italy
Jean-Marc Boussard, Académie d'Agriculture de France
Manuel Branco, University of Évora, Portugal
Dr. Beate Brüggemann, INFIS - Institut für internationale Sozialforschung
Prof. Rosaria Rita Canale, Associate professor of Economic Policy, University of Naples
Thomas Dürmeier, Universität Kassel
Christoph Gran, Universität Heidelberg, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik
Prof. Dr. Franz- Theo Gottwald, Schweisfurth- Stiftung München
Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie
Dr. Gerhard Hovorka, Bundesanstalt für Bergbauernfragen Wien
Prof. Heide Inhetveen, Universität Göttingen
Assistant Professor Pavlos Karanikolas, Dept. of Agricultural Economics & Rural Development, Agricultural University of Athens
Dr. Niek Koning, Uni Wageningen
Jean-Christophe Kroll, Professoeur et Président du département d'Economie et sociologie d'AgroSup Dijon
Prof. Birgit Mahnkopf, Professorin für Europäische Gesellschaftspolitik Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Prof. Ilke Marshall, FG Landschaftsplanung an der FH Erfurt
Prof. Walter Oetsch, Johannes Kepler Universität Linz
Theofanis Pakos, Professor of economics, panteion Univ;ersity, Athns, greece
Cosimo Perrotta, full professor of the History of Economic Thought
Università del Salento (Italy)
Prof. Dr. Hans J. Pongratz, Institut für Soziologie, Ludwig-Maximilians-Universität München
Dr. Rainer Riehle, INFIS - Institut für internationale Sozialforschung
Prof. Dr. Markus Schermer, Department of Sociology, Universität Innsbruck
Prof. Wolf Schluchter, BTU Cottbus
Prof. Christoph Scherrer, Universität Kassel, FG Globalisierung und Politik
Dr. Christian Schüler, Universität Kassel
Mag. Herbert Schustereder, Caritas Oberösterreich, Personalentwicklung / Grundlagen, Linz
Prof. em. Udo E. Simonis, Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)
Stefano Solari, associate professor of Political Economy, Department of Economics, Università di Padova
Pr. Alfredo Suarez, Faculté d'Economie et de Gestion, Université de Picardie Jules Verne (UPJV), Amiens – France
Dr. Frieder Thomas, Kasseler Institut für Ländliche Entwicklung
Aurélie Trouvé, Maître de conférences en économie, CESAER (AgrosupDijon -INRA)
Prof. em. Dr. Peter Ulrich, Universität St. Gallen, Institut für Wirtschaftsethik
Prof. em. Mario von Cranach, Sozialpychologe, Universität Bern
Tanja von Egan- Krieger, Universität Greifswald
Prof. Irene van Staveren, Feminist Development Economics (Institute of Social Studies), Economics and Christian Ethics (Nijmegen University) Netherlands (PD)