Die Kampagne soll einen radikalen Bruch mit dem öffentlich teils wenig geliebten Kohle- und Atomgeschäft des Mutterkonzerns
RWE symbolisieren. Innogy ist die Zukunft, dieses Unternehmen erfindet Energie neu - das ist die Botschaft. Und zumindest unter Kapitalanlegern kommt das schon gut an. Bis zu fünf Milliarden Euro könnte der für diesen Freitag (7.10.) geplante Börsengang auf einen Schlag einbringen. Wie ist das möglich - angesichts der jahrelangen Krise und scharfen Verluste in der Energiebranche? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie läuft der Börsengang ab?Bei der Erstnotiz an diesem Freitag sollen bis zu ein Viertel der Innogy-Anteile auf den Markt gebracht werden. Die Aktien sollen 35 bis 36 Euro kosten. Damit würde Innogy auf eine Bewertung von bis zu 20 Milliarden Euro kommen und wäre der mit Abstand wertvollste deutsche Energiekonzern. Der Börsengang besteht aus mehreren Teilen. So gibt Innogy im Rahmen einer
Kapitalerhöhung zehn Prozent neue Aktien aus, das soll dem Unternehmen zwischen 1,8 und 2 Milliarden Euro für Wachstumsinvestitionen bescheren. Zudem will RWE bis zu 15 Prozent seiner Innogy-Anteile verkaufen.
Warum sind Anleger so heiß auf Innogy?Mit Innogy bringt RWE sein sogenanntes Zukunftsgeschäft aus
Ökostrom, Netzen und Vertrieb an die Börse. Hier sehen Investoren Wachstumsperspektiven. Zudem verspricht das Netzgeschäft mit seinen staatlich vorgegebenen Preisen zwar keine üppigen, aber gut kalkulierbare Erträge. In Zeiten niedriger Zinsen sind solche Anlagen gefragt. Vor allem aber kommt Innogy ohne Altlasten aus Atom- und Kohlekraftwerken auf den Markt und winkt mit hohen Dividenden. Zudem gehen die Banken bei der Vermarktung der Aktien geschickt vor - mit dem Vermögensverwalter Blackrock haben sie bereits einen Großanleger an Bord geholt.
Ist das der Befreiungsschlag für RWE?Darauf hofft das Management. Auf jeden Fall verschafft sich der Mutterkonzern neue finanzielle Spielräume. Vor einem Jahr schien das noch undenkbar. Kaum ein Investor wollte RWE angesichts wegbrechender Gewinne der alten Großkraftwerke und der Unsicherheiten über die Kosten für den Atomausstieg noch Geld geben. Jetzt bringt der Börsengang Milliarden ein. Geld, dass der Konzern für Neuinvestitionen in Energiewende-Produkte die Kosten des Atomausstiegs gut gebrauchen kann.
Was bleibt von RWE übrig?RWE trennt sich von einem Großteil seiner Geschäfte, die zuletzt für gut drei Viertel des Betriebsgewinns standen. Rund 40 000 von derzeit knapp 60.000 RWE-Beschäftigten werden bei Innogy arbeiten. Von den operativen Geschäften bleiben RWE nur noch die angeschlagenen Großkraftwerke sowie der schwankungsanfällige Energiehandel. Dritte Ertragsquelle sind die erwarteten Dividenden von Innogy. Bei künftigem Kapitalbedarf könnte RWE auch weitere Innogy-Anteile über die Zeit veräußern. Bislang heißt es aber, dass der Konzern auch langfristig die Mehrheit an Innogy behalten will.
Welche Unterschiede gibt es zur Eon-Aufspaltung?Auch Eon hat sich aufgespalten, ist dabei aber genau andersherum vorgegangen. So hat der RWE-Rivale seine ungeliebten Altgeschäfte über das neue Unternehmen Uniper an die Börse gebracht und will sich künftig selbst auf die neue Energiewelt konzentrieren. Ursprünglich wollte sich der Konzern dabei auch von seinen deutschen Atomkraftwerken trennen. Doch dem machte die Bundesregierung einen Strich durch die Rechnung, weil sie fürchtete, dass Eon sich so aus der langfristigen Haftung stehlen wollte.
Welche Variante ist besser?Derzeit hat RWE die Nase vorn. Der «blaue» RWE-Konzern war in den vergangenen Jahren immer weniger wert als sein «roter» Rivale. Doch nun ziehen RWE und Innogy davon. Zusammen könnten sie rund 28 Milliarden Euro Börsenwert auf die Waage bringen könnten, während Eon und Uniper zusammen nur auf rund 16 Milliarden Euro Aktienwert kommen. Die Abspaltung von Uniper hat bei Eon bislang nicht zum erhofften Anstieg des Aktienkurses geführt. Ein Grund dafür sind die anhaltenden Unsicherheiten über die Lasten für den Atomausstieg.
Gibt es bei RWE denn keinen Makel?Eon betont, den klareren Schnitt gemacht zu haben. Der Konzern hat gleich mehr als 50 Prozent der Anteile an Uniper abgegeben. Damit könne Eon wirklich frei agieren, betont Vorstandschef Johannes Teyssen. Innogy dagegen gehört weiter zu RWE und könnte nach Meinung von Kritikern zu viel Rücksicht auf die angeschlagene Mutter nehmen müssen.