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01.06.2011 | 19:31 | Atomausstieg 

Atomausstiegsplan von Schwarz-Gelb unter Beschuss

Berlin - Die Regierung will sich durch Klagen der Konzerne und Vorwürfe der Grünen nicht von ihrem Atomausstiegsplan abbringen lassen.

Ausstiegszeitpunkt
Das Energiepaket solle am Montag im Kabinett verabschiedet werden, betonte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Mittwoch in Berlin. Anders als beim rot-grünen Ausstieg gebe es mit spätestens 2022 ein definitives Enddatum. In der EU starteten am Mittwoch die Sicherheitstests für alle 143 Atommeiler. Wenn ein Werk durchfällt, müsste es nachgerüstet oder abgeschaltet werden.

Mit dem Test will Europa international ein Zeichen bei der Sicherheit von Kernkraftwerken setzen. Dabei wird europaweit geprüft, wie die Atommeiler auf Katastrophen wie Erdbeben, Hochwasser oder Flugzeugunglücke vorbereitet sind. Terrorgefahren sind zunächst ausgeklammert. Kritiker sprechen deshalb von Alibi-Tests. Innerhalb der EU setzen derzeit 14 von 27 Staaten auf Kernenergie. Deutschland muss seine im April und Mai erfolgten Tests nicht wiederholen.

Zur Klage des Energieriesen Eon gegen die Brennelementesteuer betonte die Regierung, jedem stünde es frei, seine Rechtsauffassung deutlich zu machen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird auch der Essener Energieversorger RWE in Kürze über eine Klage gegen die Atomsteuer entscheiden. Bei noch neun AKW wären rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr zu zahlen - etwa 150 Millionen Euro pro AKW. Die Regierung betont, die Konzerne würden damit auch an den Kosten für die Sanierung des maroden Atommülllagers Asse beteiligt.

Durch die laut Gesetzentwurf mögliche Reststrommengenübertragung von alten auf neue Atomkraftwerke könnten die verbleibenden neun AKW allesamt erst 2021 oder 2022 abgeschaltet werden. Die Sprecherin von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) machte klar, dass man den Konzernen damit nicht längere Laufzeiten schenke, als beim rot-grünen Ausstieg vor zehn Jahren geplant: «Das ist Unsinn», sagte sie.

Eine Studie des Öko-Instituts sieht erhebliche Gefahren für das Netz, da in kurzer Zeit plötzlich große Stromkapazitäten wegfallen. «Im Ergebnis müssten in 2020/2021 innerhalb von nur 12 Monaten fast alle länger betriebenen Anlagen - mit einer Leistung von 10.800 MW - vom Netz gehen», heißt es in der Studie, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. «Dies würde mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche energiewirtschaftliche und netztechnische Probleme mit sich bringen und das endgültige Ausstiegsdatum 2021 gefährden.»

Der Grund liegt in der Übertragung von Strommengen, die noch produziert werden dürfen, von den acht abgeschalteten Anlagen auf die neun verbleibenden AKW. Dies sind in der Summe zwar nur einige Jahre, hinzu kommen aber zwei Sonderfälle: Das AKW Krümmel und das AKW Mülheim-Kärlich (1988 nach kurzem Betrieb wegen einer fehlerhaften Genehmigung wieder vom Netz gegangen) verfügen noch über Strommengen von insgesamt bis zu 18 Jahren - auch diese dürfen übertragen werden.

Die Grünen fordern, dass auf die Reststrommengen-Übertragung von abgeschalteten auf noch laufende Meiler verzichtet wird. Im Atomgesetz von Rot-Grün war 2002 festgelegt worden, dass die Meiler Stück für Stück und nicht geballt zum Ende vom Netz gehen.

Zudem birgt die ganze Konstruktion hohe rechtliche Risiken. Denn die Konzerne könnten dagegen klagen, wenn sechs Meiler bis 2021 und drei bis Ende 2022 abgeschaltet werden und diese eventuell noch über zu produzierende Strommengen verfügen. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht darin eine «Laufzeitgarantie für Atomkraftwerke».

Zudem ist es noch unklar, ob die Konzerne nach Auslaufen des nach dem GAU in Fukushima verhängten Moratoriums am 15. Juni die acht abgeschalteten AKW wieder anfahren werden. Denn nach dem Entwurf für das am Montag zu beschließende Atomgesetz können die Anlagen erst mit Inkrafttreten des Gesetzes stillgelegt werden. Dies könnte im schlechtesten Fall erst im Herbst der Fall sein.

Die Umweltorganisationen Greenpeace und WWF kritisieren wie auch die Grünen die Abschaltwelle erst ganz zum Schluss. Der WWF forderte die Regierung auf, die neun verbliebenen AKW stufenweise vom Netz zu nehmen, um Probleme zu vermeiden. Tobias Münchmeyer von Greenpeace betonte: «Das, was Merkel als historisches Projekt präsentiert, entpuppt sich als Mogelpackung.» Merkel ignoriere die Empfehlungen der Ethikkommission zum Atomausstieg, die sich für eine schrittweise Abschaltung der Meiler ausgesprochen hatte. (dpa)
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