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07.12.2010 | 17:00 | Umstrittener Atommülltransport nach Russland 

Röttgen sagt "Njet" zum Atommülltransport

Bonn/Berlin - Vor dem Abflug zum Klimagipfel nach Cancún räumt Umweltminister Röttgen noch rasch ein brisantes Thema ab.

Kein Atommülltransport nach Russland
Er stoppt den umstrittenen Atommülltransport nach Russland. Das kostet Sachsen weiter jährlich drei Millionen Euro für die Brennelementelagerung in Ahaus.

Vor Weihnachten macht Norbert Röttgen reinen Tisch. Erst besucht der Bundesumweltminister das mögliche Atommüll-Endlager in Gorleben und unterbreitet trotz aller Ablehnung von Atomgegnern ein umfassendes Dialogangebot. Und dann tritt der CDU-Vize am Montag unmittelbar vor dem Abflug zum UN-Klimagipfel im mexikanischen Karibikparadies Cancún vor die Kameras. Am ersten Dienstsitz seines Ministeriums in Bonn verkündet er, dass er dem umstrittenen Atommülltransport nach Russland das Okay verweigert.

Die 18 Castor-Behälter mit 951 Brennelementen stammen aus dem DDR-Kernforschungszentrum Rossendorf bei Dresden und wurden 2005 in das Zwischenlager im münsterländischen Ahaus gebracht. Auf Antrag Sachsens sollten sie in das russische Majak - einen der verstrahltesten Orte der Welt. Röttgen macht deutlich, dass er zweifelt, ob der Müll verantwortbar gelagert werden kann. So sei die Aufarbeitungsanlage für die Brennelemente in Majak derzeit gar nicht in Betrieb.

Damit wäre unklar, was mit dem Müll in Majak passiert. Im Oktober hatte Röttgen in einem Schreiben an die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sylvia Kotting-Uhl betont, "aus nichtverbreitungspolitischen Aspekten" begrüße die Bundesregierung eine Rückführung nach Russland.
Die Verarbeitung dort werde dem Material die Waffenfähigkeit nehmen.
Dies diene der nuklearen Sicherheit. Denn die USA, Russland und die Internationale Atomenergiebehörde hatten 2004 in einem Vertrag die Rückholung von Brennelementen aus Forschungsreaktoren, die von der Sowjetunion bestückt worden sind, geregelt. Doch ohne entsprechende Wiederaufarbeitunganlage scheint das Ziel in Majak nicht umsetzbar.

Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hatte im September die von der Nuclear Cargo+Service (NCS) beantragte Beförderung der Castoren auf deutschem Territorium mit Bauchschmerzen genehmigt. Das BfS hatte bei der Erteilung der Genehmigung keinen Ermessensspielraum, weil die Bedingungen für den Transport in Deutschland erfüllt waren. Für die Verschiffung wäre das Bundesamt für Ausfuhr und Wirtschaftskontrolle (Bafa) zuständig gewesen: Diesen Antrag lehnte Röttgen nun ab, was das BfS "nicht nur aus Sicht des Strahlenschutzes" begrüßte.

Angeblich sollte der Transport am 17. Dezember über Bremerhaven erfolgen. Da die Brennelemente mehrere Jahrzehnte alt sind, galt ein Zugtransport wegen der Erschütterungen als zu gefährlich. Das Transportunternehmen NCS hatte sich laut Bremer Innenbehörde bereits mit einem Fax an die Wasserschutzpolizei in Bremerhaven gewendet. Aus dem lukrativen Auftrag wird nun nichts.

"Wir haben dies sorgfältig geprüft und sind - auch ich persönlich - zu der Überzeugung gekommen, dass gegenwärtig nicht angenommen werden kann, dass die Voraussetzungen für eine schadlose Verwertung vorliegen", sagt Röttgen bei dem eilends einberufenen Termin in Bonn. Mit dem "Njet" dürfte er auch bei Umweltverbänden, die ihn wegen des Votums für längere Laufzeiten als "Atomminister" tituliert hatten, Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Röttgen selbst will aber nicht in erster Linie gefallen, sondern er entscheidet nach Abwägung aller Sachargumente.

Majak sei noch radioaktiv verseuchter als Tschernobyl, wo es vor knapp 25 Jahren zum Super-Gau gekommen war, hatten Umweltschützer argumentiert. Greenpeace-Atomexperte Tobias Münchmeyer begrüßt, dass Röttgen diesen "Irrsinns-Transport" gestoppt hat. "Unverständlich bleibt, warum er Monate dafür gebraucht hat, um festzustellen, dass dieser Transport in ein ökologisches Katastrophengebiet nicht verantwortbar ist."

Aber auch wenn sich zuletzt die Bundesländer mit Häfen gegen den Transport nach Russland gestellt hatten: Atommülltransporte per Schiff wird es in Zukunft häufiger geben. Und zwar nach Deutschland. Denn in der Wiederaufarbeitungsanlage im britischen Sellafield stehen noch viele Castoren mit radioaktivem Müll, der zurück nach Deutschland muss. Diese Transporte dürften vor allem an der Nordseeküste ankommen. (Georg Ismar, dpa)
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