Zwar stemmte sich der
Bundesrat am Freitag mit einer hauchdünnen Mehrheit noch einmal gegen das vom
Bundestag beschlossene Gesetz. Fachleute von Union und
SPD erwarten jedoch, dass das Parlament den Länder-Einspruch voraussichtlich am Donnerstag mit einfacher Koalitionsmehrheit überstimmen wird. Redner im Bundesrat warnten am Freitag vor einem «Ausbluten» der Biokraftstoffbranche und vor weiteren Arbeitsplatzverlusten gerade auch im ländlichen Raum. Dies würde mit dem Bundestags-Beschluss für höhere Energiesteuern und niedrigere Beimischungsanteile für Ökokraftstoffe im Sprit passieren, kritisierten sie. Scharfe Kritik kam auch von FDP und Grünen im Bundestag.
Die Länder hatten seit langem einen zeitweiligen Verzicht der Ökosprit-Besteuerung verlangt. Der Bundestag, gegen dessen Beschluss die Länderkammer kürzlich den Vermittlungsausschuss beider Häuser angerufen hatte, will dagegen die Energiesteuer auf reinen - nicht dem Normalsprit beigemischten - Biodiesel für dieses Jahr um 3 Cent auf 18 Cent je Liter erhöhen. Bisher hatte der Bund sogar 21 Cent geplant. Außerdem sollen die Beimischungsanteile von Ethanol im Benzin und von Biodiesel im Dieselkraftstoff rückwirkend zum 1. Januar 2009 verringert werden: und zwar von 6,25 auf 5,25 Prozent. 2010 bis 2014 sollen sie auf 6,25 Prozent eingefroren werden.
Die Festlegung von Beimischungsmengen war als Förderinstrument und Ausgleich dafür eingeführt worden, dass Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ein baldiges Ende von Steuersubventionen durchgesetzt hatte. «Wollen wir nur die Kapazitäten langfristig erhalten, müssen wir jetzt für eine begrenzte Zeit steuerlich helfen», forderte der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), im Bundesrat. Die Ökosprit-Erzeuger hätten diese Produktionsmengen gemäß der anfänglichen Biospritstrategie der Regierung aufgebaut. Wegen der zu hohen Besteuerung seien nun hohe Überkapazitäten entstanden.
Auch der brandenburgische SPD-Umweltminister Dietmar Woidke forderte geringere Steuern für Biodiesel und Pflanzenöl sowie eine Steuerbefreiung von Biomethangas. Der baden-württembergische Bundesrats-Minister Wolfgang Reinhart (
CDU) sagte dagegen der dpa: «Es kann nicht sein, dass wertvolle Flächen für Nahrungs- und Futtermittel geopfert und Subventionen auf Dauer zementiert werden.»
Die anfangs für den
Klimaschutz hochgelobte Bioenergie war in den vergangenen nJahren stark ins Gerede gekommen, vor allem seit der Diskussion um die Abholzung von Regenwäldern und dem Streit um die angebliche Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energiepflanzen. Bund und etliche Bundesländer setzen jetzt eher auf den Biokraftstoff der zweiten Generation, bei dem Fachleute allerdings frühestens 2015 einen Durchbruch erwarten.
Die Vize-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Bärbel Höhn, meinte: «Jetzt stellt sich die Frage, ob die schwarz-rote Bundesregierung überhaupt noch die Kraft hat, das Gesetz durchzubringen.» Zuletzt hatten etliche Koalitionsabgeordnete gegen ihre Fraktionsführungen gestimmt. Für die FDP-Bundestagsfraktion erklärte die Abgeordnete Christel Happach-Kasan: «Peer Steinbrück erweist sich als Totengräber der Biokraftstoffbranche.»
Der Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie, Johannes Lackmann, erklärte, der Bundesrat habe den Investitionsstandort Deutschland gestärkt. Mit der auf EU- Ebene geplanten Nachhaltigkeitsverordnung werde ausgeschlossen, dass Rohstoffe für
Biokraftstoffe importiert würden, die auf Raubbauflächen wie ehemaligen Regenwäldern angebaut würden. «Es gibt für den Bundestag keinen Grund mehr, die Quote von fossilen Kraftstoffen zu erhöhen», sagte Lackmann. (dpa)