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22.12.2010 | 14:15 | Gentechnik 

EU: Änderung der GVO-Richtlinie weihin umstritten

Wien - EU-Gesundheitskommissar John Dalli hat angekündigt, "demnächst" einen sozioökonomischen Bericht zur geplanten Änderung der europäischen Richtlinie über gentechnisch veränderte Organismen (GVO) vorzulegen.

Gentechnik
(c) Remar - fotolia.com
fDies werde schon zu Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2011 erfolgen. Dalli erklärte laut APA am Montag im Umweltrat in Brüssel, dass es um "möglichst viel Flexibilität" für die EU-Staaten gehe, ob sie GVO anbauen oder verbieten wollen. Zwischen den Umweltministern selbst gab es unterschiedliche Stellungnahmen, eine Beschlussfassung war nicht vorgesehen.


Liste mit WTO-konformen Gründen für nationales Anbauverbot 
 
Umkämpft ist hier nach wie vor das in vorderster Front von Österreichs Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich geforderte und von der EU-Kommission vorgesehene nationale Selbstbestimmungsrecht beim GVO-Anbau in einem Mitgliedsland und welche WTO-konformen Gründe es für ein Verbot geben kann. Die Kommission solle solche Argumente präsentieren, forderten mehrere EU-Mitgliedstaaten beim Rat. Dies könnte unter dem ungarischen Vorsitz im ersten Halbjahr 2011 erfolgen. Widersprüche gibt es im juristischen Bereich zwischen den Rechtsdiensten von Rat, Kommission und Parlament. 

 
Schnelleres Verhandlungstempo gefordert 
 
Schweden, die Niederlande, das Vereinigte Königreich und Österreich drängten im Umweltrat jedenfalls auf ein schnelleres Verhandlungstempo. Diese vier Länder begrüßen den Kommissionsvorschlag. Österreich sieht damit seine nationalen GVO-Verbote rechtlich besser abgesichert. Die anderen drei Mitgliedstaaten versprechen sich beschleunigte EU-Zulassungen von GVO auf wissenschaftlicher Grundlage. 

 
Dalli: Schlussendlich hieb- und stichfester Vorschlag notwendig 
 
Dalli sprach sich für mehr Subsidiarität beim Anbau aus. Der Kommissar erklärte, bisher hätten 24 EU-Länder im Zuge der genannten Studie ihre Berichte vorgelegt. Er schränkte allerdings ein, dass die Untersuchung wenig ergebe, da die EU-Mitgliedstaaten die Folgen aus ihrer Sicht je nach Einstellung zur Grünen Gentechnik beschrieben. Jedenfalls müsse es zum Schluss einen "hieb- und stichfesten Vorschlag" geben. Auch was die Rechtsdienste von Rat, Kommission und Parlament betreffe, habe dies "eher zu Verwirrung als zu Klarheit geführt". Er hoffe auf eine baldige Klärung in dieser Frage. 

 
Rechtliche Klärung entscheidend 
 
Die meisten EU-Umweltminister sprachen von einem heiklen Thema. Der britische Vertreter sagte, man sei jahrelang in der "Sackgasse" gewesen. Angesichts von drei divergierenden Rechtsgutachten müsse "gründlich geklärt werden", was gültig sei. Erst danach könne man weiterkommen. Spanien möchte klargestellt wissen, dass die neue Regelung mit den geltenden Verträgen kompatibel sei, auch, was das Handelsabkommen mit der WTO betreffe. Es müsse alles korrekt verlaufen. Litauen forderte, die Etikettierung gentechnisch veränderten Saatguts auch umzusetzen. 
 
Auch Luxemburg trat für ein klares Rechtsumfeld sein. Die Kommission müsse klären, welche Gründe geltend gemacht werden können, um einschränkende Maßnahmen beim GVO-Angebot zu ergreifen. Die Brüsseler Behörde habe versprochen, hier eine Liste vorzulegen. Von bulgarischer Seite wurde darauf verwiesen, dass die Bevölkerung der Gentechnik negativ gegenüberstehe. In Bulgarien selbst falle ein Drittel des Gebiets unter Natura 2000 und dies sei zu berücksichtigen. Griechenland trat für eine Aktualisierung der GVO-Sorten ein, hier gebe es einiges zu verbessern. 

 
Berlakovich optimistisch, aber noch im Ungewissen 
 
Berlakovich zeigt sich weiterhin optimistisch, dass den Staaten in der EU die Möglichkeit gegeben wird, nationale GVO-Anbauverbote zu verhängen, doch "ist die Sache noch nicht durch". Nach dem Umweltministerrat am Mongat in Brüssel sagte Berlakovich, dass es bereits ein großer Erfolg für Österreich sei, dass die EU-Kommission seine Initiative auf das Selbstbestimmungsrecht aufgegriffen habe. Auch Dalli sei optimistisch, dass das nationale Selbstbestimmungsrecht abgesichert werden könne.

Beim Rat der Umweltminister sei die Diskussion "nicht mehr so negativ" gewesen wie bei den letzten Sitzungen. "Wir sind im Plan. Dass das kein einfacher Weg sein wird, war von Anfang an klar", sagte Berlakovich. Die Mehrheit der EU-Staaten habe gefordert, dass zusätzliche Aspekte einer Liste von WTO-tauglichen Argumenten auf den Tisch kommen, um die Selbstbestimmung abzusichern. "Ich bleibe drauf. Ich will, dass wir selbst bestimmen können, was wir auf unseren Feldern anbauen", so der Ressortchef. Bei der Debatte im Umweltministerrat sei Polen als einziges Land strikt gegen die Selbstbestimmung gewesen. Dieses Verhältnis sei eine erfreuliche Entwicklung. Die Kommission müsse nun die versprochenen Unterlagen vorbringen. (BMLFUW/AIZ)
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