Möglich sei dies nur in dringenden Fällen und bei Nachweis ernster Risiken, erklärte der Gutachter am Donnerstag im Schlussantrag zu einem Fall aus Italien. Das Urteil steht noch aus. Oft, aber nicht immer, orientieren sich die Luxemburger Richter an der Linie des Generalanwalts.
Es ging um die auch in Deutschland äußerst umstrittene gentechnisch veränderte Maissorte MON810, die 1998 in der Europäischen Union zugelassen wurde. 2013 drängte Italien die
EU-Kommission, den Anbau der Sorte per Sofortmaßnahme zu verbieten. Sie bezog sich auf neue italienische Forschungsergebnisse.
Die Kommission ließ die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit (Efsa) prüfen, sah aber keinen Anlass für Sofortmaßnahmen. Daraufhin erließ Italien selbst ein
Anbauverbot und verfolgte Verstöße strafrechtlich.
Ein solches Vorgehen einzelner EU-Länder ist aus Sicht des Generalanwalts nur bei zwei Voraussetzungen möglich: Dringlichkeit und «ein offensichtliches und ernstes Risiko für Gesundheit von Mensch oder Tier oder für die Umwelt». Diese Vorgaben mache die EU-Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel.
Das EU-Recht für Gentechnik-Pflanzen wurde 2015 geändert und auf dieser Grundlage MON810 in 19 EU-Ländern verboten, darunter auch Italien und Deutschland. Aus Sicht des Generalanwalts ändert das aber nichts an dem vorliegenden Fall und an seiner rechtlichen Bewertung der italienischen Sofortmaßnahmen: Das Dekret sei vorher in Kraft getreten und betreffe andere Gründe.