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14.10.2010 | 09:40 | EU-Agrarpolitik 

EU-Kommission stellt drei Optionen für GAP-Zukunft vor

Wien - Der in der vergangenen Woche durchgesickerte Mitteilungsentwurf von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos unter dem Motto "die GAP bis 2020: den künftigen Herausforderungen in Bezug auf Ernährung, natürliche Ressourcen und Territoriales begegnen" skizziert im Wesentlichen drei politische Optionen.

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(c) proplanta
Diese sind ein "verbesserter Status quo", "eine ausgeglichenere, gezieltere und nachhaltigere Unterstützung" sowie eine "Abschaffung der Markt- und Einkommensunterstützung".

Schon jetzt macht die EU-Kommission kein Hehl daraus, dass sie Option zwei bevorzugt. Allgemeine Kerninhalte des Papiers sind grünere und effizient verteilte zwei Säulen, die sich mehr auf Klimaschutz, Umwelt, Wettbewerbsfähigkeit und Innovation konzentrieren. Als weitere wichtige Punkte werden Vereinfachung, faire Preisanteile in der Lebensmittelkette, der Bedarf an einer Umstrukturierung und Konsolidierung des Sektors, die Transparenz und das Funktionieren des landwirtschaftlichen Warenderivatmarkts angeführt. Landwirte in benachteiligten Gebieten könnten zudem optionale Top-Ups erhalten. Keine Erwähnung findet im Textentwurf hingegen das EU-Budget.

 
Option eins: Verbesserter Status quo 
 
Die angebotene Option eins sieht mehr Gleichheit in der Aufteilung der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten vor, ohne das System grundlegend zu verändern. Weiters sollen demnach Risikomanagement-Instrumente gestärkt und vorhandene Marktinstrumente, wo es angemessen erscheint, angepasst und vereinfacht werden. Im Bereich der Ländlichen Entwicklung ist eine Fortführung der Health Check-Orientierung vorgesehen, die in einer stärkeren Unterstützung der Bewältigung von neuen Herausforderungen wie Klimawandel, Biodiversität, erneuerbarer Energie und Innovation besteht. 
 
Obwohl diese Option Kontinuität in der GAP bieten würde, könnte sie laut Kommissionstext auch eine verpasste Gelegenheit zur Reformierung der GAP in eine effektivere und gut begründete Politik bedeuten, die darauf ausgerichtet ist, zukünftigen Herausforderungen zu begegnen, und die eine Antwort auf die Kritik bezüglich der Ausgewogenheit der Unterstützung darstellt. 

 
Option zwei: Ausgeglichenere, gezieltere und nachhaltigere Unterstützung 

Bei Option zwei soll es mehr Gleichheit in der Aufteilung der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten mit einer wesentlichen Änderung des Systemaufbaus geben. Direktzahlungen werden dann aus mehreren Bausteinen zusammengesetzt: einer Grundrate, die als Einkommensunterstützung dient und einer obligatorischen zusätzlichen Unterstützung für spezifische "grüne" öffentliche Güter und Leistungen. Dies soll durch einfache, verallgemeinerte, jährliche und nicht-vertragliche landwirtschaftliche Umweltmaßnahmen möglich werden, die auf den dafür beim Landwirt anfallenden Kosten basieren. Als dritter Direktzahlungsbaustein wurde eine freiwillige, zusätzliche und kofinanzierte Zahlung angedacht, um bestimmte natürliche Nachteile zu kompensieren. Dies könnte de facto bedeuten, dass die Ausgleichszulage für die Berggebiete künftig nicht mehr in der zweiten, sondern in der ersten Säule der GAP angesiedelt wäre. Viertens ist ein freiwilliger, an die Produktion gekoppelter Unterstützungsbestandteil für spezifische Sektoren und Regionen vorgesehen, ähnlich der gegenwärtigen Unterstützung gemäß Artikel 68 und anderen gekoppelten Hilfsmaßnahmen. 
 
Existierende Marktmaßnahmen sollen, wo dies geeignet erscheint, verbessert und vereinfacht werden. 
 
Die bestehenden Instrumente der Ländlichen Entwicklung sollen angepasst und ergänzt werden, um diese besser gemäß EU-Prioritäten auszurichten. Die Unterstützungen konzentrieren sich auf Umwelt, Restrukturierung und Innovation und verstärken regionale und lokale Initiativen. Vorhandene Risikomanagement-Instrumente sollen verstärkt werden. Zusätzlich ist bei dieser Option in der zweiten GAP-Säule die Einführung einer optionalen WTO-"green box"-konformen Einkommensstabilisierung vorgesehen, um wesentliche Lohnausfälle zu ersetzen. Weiters könnte demnach geplant werden, das Budget gemäß objektiven Kriterien zwischen den Mitgliedstaaten neu zu verteilen. Insbesondere dieser Punkt dürfte Österreich, das bei der Ländlichen Entwicklung bisher einen hohen Anteil bekommt, Kopfzerbrechen bereiten. 
 
Die EU-Kommission meint in ihrem Entwurf, dass diese Option besser geeignet wäre, um wirtschaftlichen, umweltpolitischen und sozialen Herausforderungen zu begegnen. Außerdem würde die Effizienz des budgetären Mitteleinsatzes demnach erhöht, da eine bessere Zielsetzung stattfände. Dennoch dürfe die notwendige Anpassung der Fördermaßnahmen keine zusätzliche administrative Bürde darstellen, so die EU-Kommission. 

 
Option drei: Abschaffung der Markt- und Einkommensunterstützung

Die höchst liberale Option drei besteht darin, dass die Direktzahlungen in ihrer gegenwärtigen Form auslaufen. Stattdessen werden begrenzte Zahlungen für öffentliche Umweltleistungen und zusätzlich spezifische Zahlungen für natürliche Nachteile angeboten. Marktmaßnahmen werden alle abgeschafft mit der möglichen Ausnahme von Störungsklauseln, die in Zeiten von massiven Krisen aktiviert werden. Die Programme der Ländlichen Entwicklung werden bei dieser Option hauptsächlich auf die Klimaveränderung und Umweltaspekte fokussiert. Laut dem Papier würde ein solches Vorgehen eine radikale Reform für die GAP und ihre Landwirte bedeuten - mit einer Aufgabe der Einkommensunterstützung und der meisten Marktmaßnahmen. Stattdessen würde der Fokus vollkommen auf die Umwelt- und Klimawandel-Herausforderungen gelegt.

 
Keine Flatrate bei Direktzahlungen und Deckelung für Großbetriebe

Zum Thema Direktzahlungen heißt es in dem Entwurf auch, dass unterschiedliche Direktzahlungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten vorgesehen sind, weil nicht in allen Ländern die gleichen wirtschaftlichen und natürlichen Bedingungen herrschen. Ein möglicher Weg wäre demnach ein System, "das die Gewinne und Verluste der Mitgliedstaaten einschränkt, indem die Bauern in allen Ländern durchschnittlich einen Mindestanteil des EU-weiten Durchschnittsniveaus der Direktzahlungen erhalten". Weiters soll eine Deckelung der Zahlungen für Großbetriebe eingeführt werden, um die Beihilfen besser zu verteilen. Allerdings soll die Zahl der Beschäftigten berücksichtigt werden. Die Cross Compliance-Regeln, also die Bindung der Beihilfen an Umwelt- und Tierschutzauflagen, sollen vereinfacht aber nicht verwässert werden. Ferner teilte die EU-Kommission mit, dass potenzielle Anpassungen die Erweiterung der Interventionsperiode, den Gebrauch von Marktstörungsklauseln und die private Lagerhaltung auch für andere Produkte, wie etwa Geflügel, einschließen könnten. (BMLFUW/AIZ)
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