Bei den Schweizern geht es um die WurstBern - Bei den Schweizern geht es derzeit buchstäblich um die Wurst, um die Cervelatwurst. |
(c) proplanta Die Brühwurst mit den vielen unterschiedlichen Namen gehört zu den Eidgenossen wie Schokolade und Käsefondue - nur viel intensiver. Jeder isst sie, überall ist sie zu bekommen. Nun droht eine Verordnung der Europäischen Union, der Pelle den Garaus zu machen, ein Ersatz kommt für die meisten nicht infrage. Der nationale Aufschrei muss weit über die Landesgrenzen zu hören sein. Die Regierung in Bern selbst wird sich im März mit dem Thema befassen.
160 Millionen Mal wandert der «König der Schweizer Würste», fast dreieinhalb Zentimeter dick und um die 15 Zentimeter lang, jährlich in die Mägen der Eidgenossen - gebraten, als Salat oder auch einfach roh. Für die Fleischindustrie geht es um rund 30 Prozent ihrer Wurstwarenproduktion - oder etwa 200 Millionen Franken Umsatz (124 Millionen Euro). Nötig für die 25 000 Tonnen Fleisch sind 15 bis 20 Millionen Meter feinster Rinderdarm, der bisher zu 80 Prozent aus Großfarmen in Brasilien stammte. Dahinein werden 27 Prozent Rindfleisch und zehn Prozent Schweinefleisch sowie Wurstspeck, Schwartenblock, Wasser, Salz, Zwiebeln und Gewürze gepresst - wodurch sich der oder auch die Cervelat klassisch krümmt.
Nun hatte die EU schon ab 1. April 2006 ein Importverbot für Rinderdärme aus Brasilien verhängt. Als Vorsichtsmaßnahme gegen die Rinderseuche BSE (Rinderwahnsinn) müssen die brasilianischen Bauern ihre Rinderdärme seither vernichten - wie alle europäischen Länder auch. Die Schweiz hat sich im Rahmen der bilateralen Verträge dem EU- Verbot angeschlossen.
Der Präsident des Schweizer Fleisch-Fachverbandes (SFF), Rolf Büttiker, musste nun zugeben, dass die Branche noch immer keine überzeugende Alternative für die verbotenen Wursthüllen aus brasilianischen Rinderdärmen gefunden hat. Und SFF-Direktor Balz Horber sagt auch warum: «Die Cervelat-Hülle muss polyvalent (vielseitige verwendbar) und ein Naturprodukt sein.» Sie müsse einen feststehenden Durchmesser aufweisen, die ideale Portionierung erlauben und sich für alle Arten der Zubereitung und des Verzehrs gleich gut eignen.
Dies alles garantiere der brasilianische Zebu-Rinderdarm. Vorräte gibt es in der Schweiz noch bis Ende dieses Jahres - doch dann? Wer soll liefern? Uruguay - zu wenig Tiere. Fetthaltige Wursthüllen aus Argentinien etwa? Büttiker: «Dies entspricht nicht unseren Anforderungen.» Schweinedärme sind denkbar, aber sie haben meistens den falschen Durchmesser. Im Schweizer Fernsehen wurden am Dienstagabend auch Alternativen und künstliche Därme vorgestellt. Nur das Original fand Gnade.
Schon erwarten Experten, dass den Schweizern auch die Fußball- Europameisterschaft im Sommer auf den Magen schlagen wird. «Die Euro08 ohne den gewohnten Cervelat wäre wie ein Feuerwehrweiher ohne Wasser», meinte Büttiker. und Horber ergänzt: «Der Cervelat ist ein durch und durch schweizerisches Produkt im Spannungsfeld der Globalisierung». (dpa)
|
|
|
|
|