Die jüngsten Angebote für weitere Senkungen der Agrarzölle und - subventionen sind nach Ansicht vieler Schwellen- und Entwicklungsländer nicht ausreichend. Der indische Handelsminister Kamal Nath sagte etwa, er wolle deutlich mehr auf dem Tisch sehen.
Indien, Brasilien und Mexiko gelten als Sprecher einer ganzen Reihe von Schwellen- und ärmeren Entwicklungsländern. Von ihnen dürfte es weitgehend abhängen, ob die Verhandlungen in dieser Woche noch so weit kommen, dass die sogenannte Doha-Handelsrunde doch in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.
WTO-Generaldirektor Pascal Lamy sprach von bisher nur «bescheidenen Fortschritten» bei den seit Montag laufenden Verhandlungen. Er erwarte von den Staaten das Bewusstsein, dass es eilig sei. Als Geste des guten Willens hatten zu Beginn dieser Sitzungswoche EU-Handelskommissar Peter Mandelson eine Senkung der EU-Agrarzölle um bis zu 60 Prozent und die US-Handelsbeauftragte Susan Schwab eine Kürzung der Obergrenze für US-Agrarsubventionen auf 15 Milliarden Dollar im Jahr nach bisher 16,4 Milliarden Dollar angeboten.
Nath sagte, dies sei «total ungenügend». Das Angebot der USA ignoriere die gegenwärtig hohen
Agrarpreise und die Vorschläge der Entwicklungsländer. Es brauche wirkliche Senkungen seitens der reichen Industrieländer, um den Verhandlungsprozess zu retten. Er hoffe, dass das US-Angebot lediglich ein Auftakt gewesen sei und dass weitere Zugeständnisse folgen würden.
Der ägyptische Handelsminister Rachid Mohamed Rachid sagte, insgesamt sei dies nicht ausreichend. «Ohne einen bedeutenderen Schritt vorwärts bei der Landwirtschaft wäre es nicht wirklichkeitsnah, ein Ergebnis bei den anderen Teile der Runde zu erwarten.» Zuvor hatte der brasilianische Außenminister Celso Amorim bereits die Zugeständnisse der USA als unzureichend bezeichnet. Dies sei Kompromissbereitschaft «mit einem niedrigen Anspruchsniveau».
Dagegen sprach die französische Staatssekretärin für Außenhandel, Anne-Marie Idrac, die die französische EU-Ratspräsidentschaft in Genf vertritt, von einem sehr guten Angebot.«Die EU hat Zollsenkungen angeboten, wie es sie vorher noch nie gegeben hat», sagte Idrac. Für die EU sei besonders der Verhandlungspunkt über Zollsenkungen für nichtagrarische Produkte von höchster Bedeutung. «Was Zoll und Handelsvolumen angeht, verlangen wir hohe Zahlen», sagte die Staatssekretärin. Das habe in der EU direkt etwas mit Arbeitsplätzen zu tun.
Die
Agrarsubventionen und -zölle sind der Dreh- und Angelpunkt der seit fast sieben Jahren stockenden Doha-Verhandlungen für eine weitere Liberalisierung des Welthandels. Ihre Kürzungen sind Vorbedingung für die ärmeren Länder, damit sie ihrer Märkte für Güter und Dienstleistungen, wie Autos, Maschinen oder etwa Versicherungen weiter öffnen.
Das WTO-Gebäude in Genf ist seit Montag deutlich voller geworden. «Die Beratungen haben an Intensität stark zugenommen», sagte WTO- Sprecher Keith Rockwell am Donnerstag. Sie zögen sich in kleinen Gruppen mittlerweile fast rund um die Uhr hin. Bisher sind die Gespräche bis Samstag vorgesehen, eine Verlängerung wird nicht ausgeschlossen, da eine Einigung jetzt doch als die nahezu letzte Möglichkeit gilt, die Doha-Runde bis Ende des Jahres doch noch abzuschließen. Fast 40 Minister verhandeln derzeit für die einzelnen Interessengruppen. Die mit dem Beitritt der Kapverdischen Inseln am Mittwoch jetzt 153 WTO-Mitglieder müssen im Konsens ohne Gegenstimme entscheiden. (dpa)