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29.09.2014 | 09:48 | TTIP 
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Gespräche zu Freihandelsabkommen gehen in nächste Runde

Berlin - Seit Monaten wird hitzig diskutiert, wie das TTIP-Handelsabkommen der EU mit den USA die Regeln für Konsum, Wirtschaft und politische Prozesse in Europa verändern könnte. Jetzt wird es langsam konkret.

Freihandel mit den USA
(c) proplanta
Im Washingtoner Vorort Chevy Chase beginnt an diesem Montag die bereits siebte Runde der TTIP-Verhandlungen der EU mit den USA. Doch die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) weckt Misstrauen. Einige Fragen:

Was wird mit dem Freihandelsabkommen bezweckt?

Der Zollabbau, der früher in Freihandelsabkommen im Mittelpunkt stand, spielt nur eine Nebenrolle: Es geht vor allem um Standards und Normen für Industrie und Landwirtschaft - sogenannte nichttarifäre Handelshemmnisse - sowie um den Investitionsschutz.

Die euro-amerikanischen Regelungen sollen Weltstandards setzen und Kosten senken. Die EU-Kommission prognostiziert, dass mit TTIP die Wirtschaft um zweistellige Milliardenbeträge wachsen und Millionen Arbeitsplätze entstehen könnten.

Was sind die konkreten Befürchtungen?

TTIP-Gegner warnen vor einer Aushöhlung der Demokratie durch wirtschaftsnahe private Schiedsgerichte und der Aufweichung von Gesundheits- und Sicherheitsstandards. Verbraucherschützer befürchten die Legalisierung von Gentechnik-Essen, Hormonfleisch und bestimmten Desinfektionsmethoden («Chlorhühnchen»).

Umweltschützer haben Bedenken, dass die USA Schiefergas liefern, um die europäische Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern. Dies gefährde die Umwelt («Fracking») und die Investitionen in heimische Ökoenergien.

Wird aktuell über den Investorenschutz verhandelt?

Nein. Die EU hat aufgrund des öffentlichen Drucks das Thema vorerst auf Eis gelegt. Europäische Personen und Institutionen konnten bis Juli zum Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) Stellung nehmen. Eine inhaltliche Analyse wird nicht vor November erwartet. Bis zur achten Verhandlungsrunde bleibt das Thema daher vermutlich unangetastet.

Einige Staaten - darunter Deutschland - lehnen das Schiedsverfahren zumindest offiziell ab. Sie befürchten, dass Unternehmen Staaten auf Schadenersatz in Milliardenhöhe verklagen könnten, wenn sie ihre Geschäftspläne durch Gesetze gefährdet sehen.

Was kommt stattdessen auf den Tisch?

Das wird nicht mitgeteilt. Die Tagesordnung der siebten Runde ist genauso wenig öffentlich wie die der vergangenen Treffen. Das hat den Vorwurf der Intransparenz nach sich gezogen. Der EU-Verhandlungschef Ignacio Garcia Bercero hatte im Sommer immerhin erklärt, dass die Gespräche bis Oktober «auf technischer Ebene» geführt werden. Das soll heißen: Man müsse erst ausloten, was EU und USA konkret verhandeln wollen. Von einem Vertragstext - auch nur in einzelnen Kapiteln - wäre man dann noch weit entfernt.

Was sind die wichtigsten Streitpunkte?

Man muss sich noch einigen, ob es ein extra Verhandlungskapitel für den Energiebereich geben wird - Europa möchte das, Washington hat sich noch nicht entschieden. Auch die europäische Forderung nach mehr öffentlicher Transparenz wird von US-Seite eher skeptisch gesehen. Zudem wird die Stimmung noch immer geprägt vom Verlust des Vertrauens durch den NSA-Skandal: Der US-Geheimdienst soll auch EU-Institutionen abgehört haben.

Wie geht es weiter?

Aus der Kommission heißt es, dass die Verhandlungen in reichlich einem Jahr abgeschlossen sein könnten. Auch US-Präsident Barack Obama möchte noch vor Ende seiner Amtszeit 2016 ein ausgehandeltes Abkommen vorliegen haben.

Das Ziel gilt als ambitioniert, zumal die EU im November ihren Chefunterhändler auswechselt und die künftige EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bereits einen Kurswechsel der EU andeutet: Malmström soll den europäischen Sozialdemokraten zugesichert haben, im TTIP auf Investorenschutz zu verzichten. Zudem hat der künftige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker der liberalen Schwedin auf den Weg gegeben, europäische Standards für Verbraucher- und Datenschutz, Gesundheits- und Sozialbereich sowie die kulturelle Vielfalt zu sichern. (dpa)
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Kommentare 
Ralf schrieb am 01.10.2014 11:45 Uhrzustimmen(67) widersprechen(46)
Drängen auf Eile und Geheimhaltung zum TTIP durch die Amerikaner machen deutlich, dass vor allem sie an diesem Abkommen "verdienen". Unsere Kanzlerin forderte eine Zustimmung "ohne wenn und aber", Also auch die Zustimmung zum "Investorenschutzpassus", womit unsere Souveränität restlos ausgehebelt werden kann. Womit Europa und vor allem in Deutschland alle sozialen wie gesundheitrelevanten Erungenschaften ausgehebelt werden können. Alle bisher vorgebrachten Einwände werden, begründet u.a.durch die Ukrainekriese - sprich Putin - mit Sicherheit vom Tisch gefegt!
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