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23.01.2008 | 14:36 | Umweltpolitik 

Europa will Klimaschutz per Gesetz erzwingen

Brüssel - Mit umstrittenen Gesetzen will die EU-Kommission einen wirksamen Klimaschutz in Europa erzwingen.

EU-Flagge
(c) proplanta
Die Brüsseler Behörde beschloss am Mittwoch ein Paket, das erneuerbare Energien fördern und den Ausstoß von Treibhausgasen senken soll. Zugleich sollen bestimmte Industriezweige mit hohem Energieverbrauch kostenlose Verschmutzungsrechte bekommen, sagte Kommissionspräsident José Manuel Barroso vor dem Europa-Parlament in Brüssel.

Ziel des Pakets ist es, den europäischen Ausstoß gefährlicher Treibhausgase bis 2020 um 20 Prozent unter dem Wert von 1990 zu senken. Außerdem setzt die Kommission den Mitgliedstaaten jeweils Ziele, damit der Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent des EU- Gesamtverbrauchs im Jahr 2020 steigt. Teile der Vorschläge sind politisch heftig umstritten, darunter die Vorgaben für Biosprit und Schutzmechanismen für die europäische Industrie.

«Wir wollen, dass die Industrie in Europa bleibt. Wir wollen nicht unsere Arbeitsplätze in andere Teile der Welt exportieren», betonte Barroso. Deshalb würden energieintensive Industrien von der Pflicht zum Erwerb von Emissionsrechten ausgenommen. Sie müssten mit Unternehmen außerhalb Europas konkurrieren, die dem künftigen Emissionshandelssystem nicht unterlägen. Die EU strebe ein internationales Abkommen an. Falls es nicht dazu komme, sollten Sonderabgaben für Importprodukte eingeführt werden, sagte Barroso.

Mit den Ausnahmen für energieintensive Branchen ging die Kommission auf Forderungen des deutschen Industriekommissars Günter Verheugen ein. Die Hersteller von Zement, Stahl und Aluminium, bestimmten Chemikalien und Papier brauchen besonders viel Energie.

Der Europäische Gewerkschaftsbund und die Grünen im Europa-Parlament hatten gefordert, für entsprechende Waren aus Drittländern mit laschen Umweltauflagen von vornherein einen Klima-Zoll festzulegen.

Umweltorganisationen wie Greenpeace und Oxfam kritisierten am Mittwoch, die angestrebte Verringerung der Treibhausgase um 20 Prozent bis 2020 sei nicht ehrgeizig genug. Bei der Klimakonferenz in Bali habe es noch geheißen, die Industrieländer sollten eine Reduzierung von von 25 bis 40 Prozent erreichen. Greenpeace zeigte sich «besonders unglücklich» über den Vorschlag der Kommission, europäische mitfinanzierte Klimaschutz-Vorhaben in Drittstaaten auf den Abgasausstoß der Europäer anzurechnen.

Heftige Kritik äußerten die Umweltschützer zudem an den Vorgaben für Biotreibstoffe, die laut EU-Plan zehn Prozent des Gesamtverbrauchs im Jahr 2020 erreichen sollen. Barroso erklärte, dieses Ziel gehöre zum Auftrag der europäischen Staats- und Regierungschefs. Die Kommission habe aber auch Regeln zur Nachhaltigkeit des Pflanzenanbaus für den Antrieb von Motoren aufgestellt. Selbst Fachleute der Behörde hatten Zweifel am ökologischen Nutzen von Biosprit geäußert.

Die mehrfach verschobenen Vorschläge der Kommission brauchen die Zustimmung des Parlaments und der Mitgliedstaaten im Ministerrat, um Gesetzeskraft zu bekommen. Die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode im Sommer 2009 werde bereits knapp, warnte die Europa-Abgeordnete Mechthild Rothe (SPD).

Für das im Klimapaket formulierte Ziel, den Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) bis 2020 um 40 Prozent zu senken, fehlten nun sechs statt der bisher erwarteten vier Prozent, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Die EU-Kommission habe das Vergleichsjahr 2005 zugrunde gelegt und nicht 1990. Das Ziel sei aber machbar. Gabriel ließ offen, ob Deutschland noch darüber verhandeln will. «Ob wir das klaglos hinnehmen, wollen wir mal gucken.» (dpa)
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