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25.11.2012 | 07:17 | UN-Klimagipfel 

Rückschritte beim Klimaschutz befürchtet

Berlin - Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) ist skeptisch, ob bei der UN-Klimakonferenz in Katar dringend notwendige Fortschritte im Kampf gegen die Erderwärmung erzielt werden können.

Klimawandel
(c) proplanta
«Ich bin beunruhigt über den Stand der Vorbereitungen», sagte er am Freitag in Berlin. Die Lähmung nach dem vor drei Jahren gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen sei immer noch nicht ganz überwunden.

Die EU solle als Signal daher beschließen, 30 statt 20 Prozent weniger Kohlendioxidausstoß bis 2020 im Vergleich zu 1990 anzustreben, um dadurch den Druck auf andere Länder zu erhöhen. Aber schon die Bundesregierung selbst ist uneins in Sachen Klimaschutz.

In der EU blockiert derzeit besonders Polen ein höheres Klimaschutzziel, das Land hat viele Kohlekraftwerke. «Ich halte es für unverzichtbar, dass die EU ihr Klimaziel bis zum Jahr 2020 auf 30 Prozent hochsetzt», sagte Altmaier. Er hofft daher auf ein rasches Einlenken der Skeptiker. Denn derzeit liegt die EU schon bei 18 Prozent weniger Emissionen im Vergleich zu 1990.

Für die Klimakonferenz in Katars Hauptstadt Doha (26. November bis 7. Dezember) erwartet Altmaier eine achtjährige Verlängerung des Ende 2012 auslaufenden Kyotoprotokolls, dem bisher einzigen verbindlichen Rahmen für die Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase. Da aber Staaten wie Kanada anders als die EU nicht mehr mitmachen wollen, werden hiervon nur noch 15 Prozent der CO2-Ausstöße erfasst.

Das Problem: Im vergangenen Jahr bei der Klimakonferenz in Durban (Südafrika) war zwar der Durchbruch für einen weltweiten Klimavertrag gelungen. Dieser soll nun bis 2015 erarbeitet werden, aber erst ab 2020 gelten. Altmaier forderte, dass die anderen Nicht-Kyoto-Staaten für die Zeit bis 2020 daher auch ihre Zusagen erhöhen müssten.

Um den europäischen Klimaschutz zu stärken - unabhängig von der Debatte um ein höheres Ziel bei der Ausstoßminderung - müsste eigentlich eine Reform des Emissionshandels her. Doch genau hier gibt es offenen Dissens zwischen Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Altmaier unterstellte Rösler am Freitag, Deutschlands Vorreiterrolle beim Klimaschutz durch seine Blockade gegen eine Reform des EU-weiten Emissionshandels aufs Spiel zu setzen. «Wir dürfen diese Rolle nicht gefährden, indem wir in Brüssel nicht mit einer Stimme sprechen», sagte Altmaier.

Rösler ist gegen den Vorschlag von EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard, wegen des Preisverfalls bei CO2-Verschmutzungsrechten 900 Millionen Zertifikate vorübergehend vom Markt zurückzuhalten. Am 12. Dezember soll darüber auf EU-Ebene entschieden werden. Gibt es keine einheitliche deutsche Position müsste sich die Bundesregierung enthalten, was die notwendige qualifizierte Mehrheit für eine Reform gefährden könnte. Ohne eine Reform des EU-Emissionshandels würden wegen geringerer Einnahmen auch mehrere Milliarden Euro für Energiewendeprojekte in Deutschland fehlen.

«Im Moment wirkt dieses Steuerungsinstrument nicht mehr», sagte Altmaier. Dadurch sei es für Unternehmen nicht mehr attraktiv, auf CO2-ärmere Anlagen umzusatteln.

RWE etwa profitiert davon, dass die billigen Zertifikate - der Preis ist auf sechs Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 abgestürzt - Kohlekraftwerke besonders lohnend machen. Ein Grund ist, dass zu viele Zertifikate umsonst verteilt worden waren und es in Zeiten schwächelnder Konjunktur nun viel zu viele gibt. Altmaier sagte, er habe Röslers Widerstand bisher nicht auflösen können. «Dadurch ändert sich unser gutes persönliches Verhältnis nicht», betonte er.

Der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, betonte mit Blick auf Doha: «Auch die Schwellenländer müssen in einen Korridor der Klimaverträglichkeit einschwenken.» Alle müssten sich bewegen. Zudem müsse es bei den Klimaschutzhilfen für besonders betroffene Staaten einen jährlichen Aufwuchs von 10 bis 15 Milliarden US-Dollar geben.

Ann-Kathrin Schneider, Klimaexpertin des Bundes für Umwelt und Naturschutz, warf Altmaier vor, er schraube die Erwartungen an Doha runter. «Unkenrufe helfen dem Klimaschutz nicht weiter. Stattdessen muss er sich dafür einsetzen, dass in Doha alles Mögliche unternommen wird, um die globale Erwärmung auf ein Minimum zu begrenzen.» (dpa)
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