Das nordhessische Unternehmen habe Beschwerde vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt, sagte ein Justizsprecher am Donnerstag. Die Beschwerde richtet sich gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Kassel. Das hatte kürzlich den Produktionsstopp für rechtens erklärt und einen Eilantrag von Wilke dagegen abgelehnt. (Aktenzeichen 8 B 2440/19)
In Wilke-Wurst waren mehrfach Listerien-Keime gefunden worden. Die
Keime können bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein. Drei Todesfälle und 37 Krankheitsfälle werden mit Waren des Unternehmens in Twistetal-Berndorf in Verbindung gebracht. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den Geschäftsführer.
Dabei hatte das Unternehmen zuletzt eine Niederlage erlitten: Der für die Kontrollen zuständige Landkreis Waldeck-Frankenberg habe fehlerfrei Verstöße des Unternehmens gegen das
Lebensmittelrecht festgestellt, entschied das Verwaltungsgericht Kassel.
Der Bericht der Prüfer mache es nachvollziehbar, dass der
Betrieb ideale Bedingungen für eine «Ansiedlung,
Vermehrung und Verbreitung von Listerien» biete. Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass Produktionsstopp und
Rückruf bei dem Unternehmen alternativlos seien.
Der Landkreis Waldeck-Frankenberg reagiert nach eigener Aussage «überrascht und verärgert zugleich» auf die Ankündigung der Firma Wilke, erneut gegen die Schließung zu klagen.
«Wir haben die Schließung nach gründlicher Zusammenstellung der Fakten und in enger Abstimmung mit den anderen Behörden vorgenommen - und sind fest davon überzeugt, dass diese Entscheidung absolut notwendig war und korrekt vorgenommen worden ist», sagte Landrat Reinhard Kubat (SPD). Man werde sich zum Schutz der Bevölkerung gegen eine Wiederaufnahme zur Wehr setzen.
Unklar ist, ob es wirklich um eine Fortführung der Produktion bei Wilke geht. Die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof sei noch nicht begründet worden, sagte ein Justizsprecher. Das insolvente Unternehmen hat sich gegenüber der Öffentlichkeit nicht dazu geäußert. Wilke wird momentan von einem Insolvenzverwalter geführt.
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hält eine Wiederaufnahme der Produktion für unwahrscheinlich. Möglicherweise geht es um Schadenersatzansprüche gegen Kontrollbehörden wegen der Schließung. Laut dem Verwaltungsgericht wäre dazu ein Hauptsacheverfahren gegen den Produktionsstopp eine Voraussetzung.
Hessens Verbraucherschutzministerin Priska Hinz (Grüne) unterrichtete am Donnerstag die im Landtag vertretenen Fraktionen über den aktuellen Stand im Fall Wilke. Sie kündigte Konsequenzen an, die sie am (morgigen) Freitag bei einem Treffen mit Ministerkollegen aus Bund und Ländern erörtern wolle.
Dazu gehörten einheitliche Vorgaben für
Betriebe, die
Rückverfolgbarkeit ihrer Waren für den Fall eines Rückrufs sicherzustellen. Das Krisenmanagement müsse länderübergreifend verbessert, für krankheitserregende Keime müsse eine gemeinsame Datenbank geschaffen werden. «Klar ist auch, dass wir als Land mehr Durchgriffsrechte gegenüber den zuständigen Überwachungsbehörden brauchen», sagte Hinz.
Laut Ministerin läuft die Entsorgung der Restbestände an Wilke-Waren auf Hochtouren. Die Vernichtung der über 300 Tonnen werde etwa zwei Wochen dauern. «Da gegen die Wilke-Geschäftsführung ermittelt wird, arbeiten wir bei der Entsorgung eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen, damit mögliches Beweismaterial gesichert wird», sagte Hinz.
Im nächsten Schritt gehe es um die Auswertung der Berichte des Regierungspräsidiums Kassel und des Landkreises Waldeck-Frankenberg zum Fall Wilke. Der Kreis sollte seinen Bericht am Freitag (25. Oktober) vorlegen.