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18.08.2016 | 09:55 | Liquiditätshilfen 

Vorteile von Hilfspaket für Mecklenburg-Vorpommerns Milchbauern fraglich

Neubrandenburg - Die derzeitigen Verhandlungen für das Liquiditätshilfen-Paket lassen ostdeutsche Landwirte nicht auf schnelle Hilfen hoffen. Schon das letzte Hilfspaket unterstützte vorrangig Bauern in Süddeutschland.

Liquiditätshilfen für Milchbauern
(c) proplanta
Bauernverbandspräsident Detlef Kurreck warnt außerdem: "Verbrauchern wird suggeriert, dass Landwirte derzeit in Abermillionen Euro von Subventionen schwimmen. Noch ist nichts davon angekommen. Die Hilfen kommen vielleicht erst, wenn es für viele schon zu spät ist."

Der Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) kündigte jüngst an, dass die EU-Liquiditätshilfen in Höhe von 58 Millionen Euro vom Bund verdoppelt werden würden. Ziel sei es, Liquidität in die Betriebe zu bringen und für eine bessere "Mengendisziplin" zu sorgen. Dabei wird vor dem 25. August noch gar nicht klar sein, wer überhaupt davon profitieren kann. Dann erst finden die Verhandlungen ihren Abschluss.

Doch schon im Vorfeld wurde ein Katalog mit Rahmenbedingungen bekannt, der befürchten lässt, dass die Mehrheit der Milchproduzenten in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu den Profiteuren des neuen Maßnahmenkatalogs gehören werden. So deutet sich an, dass die Maßnahmen beispielsweise auf kleinstrukturierte Landwirtschaftsbetriebe oder extensive Produktionsmethoden konzentriert werden könnten. Diese Produktionsformen sind in MV aus historischen Gründen viel seltener als beispielsweise in Süddeutschland.

"In Mecklenburg-Vorpommern haben wir überwiegend mittelgroße, konventionelle Betriebe mit vielen Angestellten. Diese Betriebe sind wichtig für den ländlichen Raum und produzieren Milch von höchster Qualität. Sie dürfen nicht aus Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen werden", so Detlef Kurreck, Präsident des Bauernverbandes MV.

Neben diesem Liquiditätshilfen-Paket hat EU-Agrar-Kommissar Phil Hogan ein weiteres Programm zur Verminderung der Milchproduktion in Höhe von 150 Millionen Euro aufgelegt. Landwirte, die weniger Milch als im Vorjahr produzieren, können aus diesem Topf 14 Cent pro nichtproduziertem Liter Milch im Vergleich zum Vorjahr bekommen. Geld das von Landwirten dringend benötigt wird, andererseits wird es hier zu Mitnahmeeffekten kommen. Denn das Geld wird größtenteils an Landwirte gehen, die einen Teil ihrer Kühe bereits aus betriebswirtschaftlichen Gründen abgeschafft haben oder gezwungen sind, die Milchviehhaltung demnächst aufzugeben.

Das liegt unter anderem daran, dass Landwirte schon im September ihre Anträge stellen müssen und dabei das sogenannte Windhundverfahren gilt. Also: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst oder die Summe wird proportional gekürzt. Durch die kurze Frist bleibt nicht mehr viel Zeit für Umstrukturierungen.

Damit greift dieses Instrument nicht dort, wo Phil Hogan eigentlich anpacken will: Er wird nur wenige Landwirte dazu bringen, jetzt noch Kühe abzuschaffen. Denn wer jetzt noch einen stabilen Bestand hat, dem käme die Milchbremse teurer zu stehen. Die Fixkosten, also die Löhne von Mitarbeitern, fällige Kreditraten, Gebäudekosten und Reparaturen bleiben vorerst gleich hoch. Und 14 Cent pro Liter Milch aus einem Fördertopf sind immer noch weniger als 20 Cent, die er derzeit damit erwirtschaften kann.

Ein Landwirt braucht mindestens 35 Cent um einen Liter Milch zu produzieren. Hinzu kommt, dass das Geld frühestens im Jahr 2017 ausgezahlt wird. Bis dahin wird so manch ein Landwirt schon lange nicht mehr liquide sein.

Auch beim ersten Hilfspaket aus Brüssel wurden die ostdeutschen Bundesländer benachteiligt. Jeder Betrieb konnte maximal 10.000 Euro an Zuschüssen für einen bereits aufgenommenen Kredit abrufen. So flossen allein 17 Millionen Euro in bayrische Betriebe aber nur eine Millionen Euro nach MV. Anders ausgedrückt: In Bayern leben acht Mal so viele Milchkühe wie in MV. Die dortigen Landwirte konnten aber 17 Mal mehr Finanzmittel aus dem Topf bekommen.

Rechnet man die Summe der Zuschüsse, die in MV ausgezahlt wurden, auf eine einzelne Kuh herunter, so gab die EU hier eine Finanzspritze von rund 6,50 Euro pro Kuh, während jede Milchkuh dieses Jahr rund 1.000 Euro Schulden produziert. Für mittelständische Unternehmen mit vielen Mitarbeitern, was landwirtschaftliche Betriebe in Ostdeutschland in der Regel sind, war das ein Tropfen auf den heißen Stein.

"Für Verbraucher macht es derzeit den Anschein, Landwirte würden in einem Meer aus Subventionen schwimmen. Davon kann absolut nicht die Rede sein. Wie die Verhandlungen ausgehen und wer davon profitiert, ist noch völlig offen. Ganz davon zu schweigen, dass diese Gelder überhaupt erst mal in den Betrieben ankommen müssen. Wir hoffen, dass die ostdeutschen Landwirte bei den derzeitigen Verhandlungen nicht vergessen werden", so Detlef Kurreck.

Der Bauernverband sieht eine zukunftsfähige Lösung eher in neuen Verträgen zwischen Milchproduzenten und den Molkereigenossenschaften. Die Milchpreise, die Menge, die Qualität und die Lieferzeiten müssen zwischen diesen Akteuren vorher ausgehandelt und vertraglich festgehalten werden. Derzeit diktiert der Handel den Molkereien, zu welchen Preis er die Milch abnimmt.
BV-MV
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