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22.01.2016 | 17:15 | Milchkrise 
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Trendwende auf dem Milchmarkt nicht in Sicht

Berlin - Die Milchbauern erleben derzeit ein Preistief und Einkommenseinbußen, die an die Situation während der Finanz- und Wirtschaftskrise des Jahres 2008 erinnern.

DBV-Fachforum Milchmarkt
(c) proplanta
"Wesentliche Ursachen sind beginnend mit dem Sommer 2014 das Russland-Embargo, die konjunkturelle Schwäche und zurückhaltende Nachfrage vor allem in China. Der Milchmarkt ist auch 2016 schwach gestartet. Eine nachhaltige Trendwende zeichnet sich für die kommenden Monate nicht ab.“ Dies stellte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, auf dem DBV-Fachforum Milch auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin fest (18.01.2016).

Klimatisch gute Witterungsbedingungen hätten zudem eine weltweite Ausdehnung der Milchproduktionsmengen zur Folge. „In der EU weiteten vor allem Irland und die Niederlande ihre Produktion in den vergangen Monaten aus. Die deutschen Milchbauern dagegen haben seit Ende der Milchquote ähnliche Milchmengen wie im Vorjahr gemolken“, stellte der Bauernpräsident fest.

Udo Folgart, DBV-Vizepräsident und Milchbauernpräsident, hob den Willen der Milchbauern hervor, trotz des sehr schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes ihre Produktion weiterzuentwickeln und die Haltungsbedingungen für der Tiere fortgesetzt zu verbessern. „Durch die konsequente Umsetzung des züchterischen und technischen Fortschritts in der Praxis in den vergangenen Jahren konnte der Tierschutz in unseren Ställen und das Kostenmanagement der Milchproduktion zum Positiven verändert werden. Diesen Weg zur Optimierung werden die Bauern fortsetzen. Doch verlangt dies auch Anerkennung und Honorierung durch Marktpartner, Verbraucher und Politik“, erklärte Folgart.

Die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes Ulrike Müller und Herbert Dorfmann waren sich einig, dass die aktuelle Marktschwäche mit ihren durchschnittlichen 35 Prozent Einbußen bei den Rohmilchauszahlungspreisen auf Dauer von den Milchbauern nicht durchzuhalten sind. Die aktuell bestehenden Marktmaßnahmen müssten geprüft und weiterentwickelt werden. Dazu gehört nach Ansicht beider EU-Politiker auch die Diskussion um eine moderate Anhebung des Interventionspreisniveaus. Beide EU-Politiker betonten, dass es für eine staatliche Mengenregulierung in Brüssel derzeit keine Mehrheiten gebe.

Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Milchkontors, Thomas Stürtz, verwies auf den strukturellen Nachholbedarf der Genossenschaft durch die erst knapp fünf Jahre zurückliegende Fusion von Nordmilch und Humana. Stürtz äußerte sich hoffnungsvoll, dass getätigte Investitionen der jüngeren Vergangenheit im Jahr 2016 im Erzeugerpreis ihren Niederschlag finden. Vor dem Hintergrund der laufenden Diskussionen zur Anpassung von Lieferbeziehungen habe Stürtz die Diskussionen innerhalb des Unternehmens vor Kurzem angestoßen. Die Gestaltung der Lieferbeziehungen gehöre in die Hände der Wirtschaft.

Hans Stöcker, Mitglied des Aufsichtsrates von FrieslandCampina, erläuterte, dass sein Unternehmen aufgrund seiner Unternehmenshistorie und jahrzehntelangen Entwicklungsarbeit über gut aufgestellte Absatzkanäle verfüge, die eine bestmögliche Verwertung der Mitgliedermilch gewährleisten. Dazu ermögliche FrieslandCampina im Vergleich einen relativ hohen Garantiepreis. Stöcker betonte, dass er eine EU-weite Preisgestaltung durch Regulierung der Milcherzeugung für unrealistisch halte. Sein Unternehmen setze daher vor allem auf die Verbesserung des Absatzes durch Innovationen.
DBV
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Kommentare 
Kutusow schrieb am 27.01.2016 10:13 Uhrzustimmen(34) widersprechen(39)
Bauernvizepräsident Folgart dokumentiert mal wieder seine Naivität, wenn er eine "Anerkennung und Honorierung durch Marktpartner, Verbraucher und Politik" für die Anstrengungen der Landwirte fordert! Er hat immer noch nicht begriffen, dass es hier um Geschäfte geht und seine Forderungen bei den Beteiligten nur ein mildes Lächeln hervorrufen, weil sie einfach realitätsfremd sind! Die jetzige Entwicklung war absehbar, denn ohne Mengenregulierung passiert eben das, was jetzt passiert! Bei hohen Preisen steigt die Produktion und sobald sich die Nachfrage nur leicht verringert, fallen die Preise ins Uferlose, denn es gehört doch zum Einmaleins der Landwirtschaft, dass eine Kuh keine Maschine ist, bei der bei sinkenden Preisen mit ein paar Handgriffen die Milchproduktion verringert wird! Aber alle Warnungen wurden seitens des DBV und U. Folgart in den Wind geschlagen und nun kämpfen die Milcherzeuger mit dieser Misere, schlicht und einfach, weil beim DBV das Einmaleins der Betriebs- und Marktwirtschaft nicht beherrscht wird! Oder es ist der DBV-Führung schlicht und einfach egal, wie viele Mitglieder hier auf der Strecke bleiben! Und viel zu lange wurde gezögert, der Merkel klipp und klar zu sagen, welchen Schaden sie den Milcherzeugern mit ihren (Putin) "törichten" Sanktionen zufügt!
bettinger schrieb am 23.01.2016 14:56 Uhrzustimmen(109) widersprechen(64)
Die Menge ist der Schlüssel zum Preis. Zumindest in Zeiten von Übermengen muß eine Regulierung stattfinden. Dass sollte auch der DBV einsehen und dementsprechend handeln
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