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22.09.2009 | 10:49 | Milchpolitik  

Deutschland setzt EU bei Milchhilfen unter Druck

Berlin - Deutschland setzt die EU-Kommission angesichts wachsender Proteste der Milchbauern zunehmend unter Druck und fordert mehr Hilfe.

Europa
(c) proplanta
Die Vorschläge von EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel seien höchstens eine zusätzliche Maßnahme, sagte Agrarstaatssekretär Gert Lindemann am Montag zum Auftakt eines internationalen Milch-Kongresses in Berlin. «Für sich genommen werden sie (...) keinen Durchbruch zur Stabilisierung der Milchpreise darstellen.» Er warf der EU-Kommission indirekt vor, die Forderungen von 18 Mitgliedsländern zu ignorieren. Nötig sei, der Milchbranche bessere Absatzchancen zu eröffnen und stärker zu intervenieren.

Die Bundesregierung sieht erst mittel- und langfristig bessere Perspektiven für die Milchbauern. Die Preise für Milchprodukte hätten ein historisches Tief erreicht und bedrohten die Existenz mancher Bauern, sagte der Staatssekretär. Auf längere Sicht gebe es aber wegen der wachsenden Weltbevölkerung und der zunehmenden Nachfrage positive Aussichten. Die EU-Agrarkommissarin hatte am vergangenen Donnerstag mehr Möglichkeiten für die EU-Staaten zum Aufkauf der Milchmenge vorgeschlagen. Lindemann sagte, dies sei auch bei den Bundesländern auf Kritik gestoßen. Zudem fehlten Aussagen zur Finanzierung.

Der Präsident des Internationalen Verbands der Milchwirtschaft (IDF), Richard Doyle, zeigte sich vorsichtig optimistisch mit Blick auf die weitere Entwicklung der Milchpreise. Es gebe einige positive Daten. Er gehe aber davon aus, dass die Stabilisierung einige Zeit dauern werde. Bei dem internationalen Kongress in Berlin tagen rund 1200 Experten auf etwa 50 Ländern. Der vereinzelte Milchlieferstreik von Viehhaltern hat nach Angaben der Molkereien in Deutschland noch keine negativen Konsequenzen. Engpässe gebe es bisher nicht, sagte der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes, Karl-Heinz Engel. Einzelne Milcherzeuger hätten in Süd- und Westdeutschland die Lieferung eingestellt. Dies bewege sich im Bereich von ein bis zwei Prozent. Europäische Milchviehhalter protestieren seit mehreren Tagen gegen die niedrigen Milchpreise.

Vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel füllten sie am Montag einen symbolischen Milchsee auf und protestierten gegen die Talfahrt der Milchpreise. Romuald Schaber, Präsident des Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) sowie des Dachverbands European Milk Boards (EMB), sagte: «Die Situation in Europa droht zu eskalieren.» Laut Schaber wurden am Montag bei Protestaktionen in acht europäischen Ländern «rund 40 Millionen Liter Milch auf Feldern ausgeschüttet». Vor dem Kommissions-Gebäude im Herzen des Brüsseler Europaviertels bauten Milchbauern einen Kreis aus Strohballen auf, legten eine Folie hinein und füllten diese mit Milch auf. Daneben entzündeten sie ein Feuer und löschten dieses mit Milch.

Der Protest von Milchbauern während der Agrarministerkonferenz in Eisleben in Sachsen-Anhalt hat ein Fischsterben ausgelöst. Aus dem Teich am Kloster Helfta wurde seit Samstag rund eine Tonne toter Fische geborgen, die vermutlich wegen der von den Bauern ausgekippten Milch verendeten. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Gewässerverunreinigung, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Halle. Am Freitag hatten Landwirte mehrere zehntausend Liter Milch aus Güllefahrzeugen vor den Tagungsort gekippt. In dem Teich lebten Goldfische und auch Kois, die als besonders wertvoll gelten. (dpa)
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