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15.05.2007 | 07:13 | Vogelangriffe 

Wenn Falken Freizeitsportler attackieren

Düsseldorf -­ Auf den ersten Blick scheint Fräulein Swantewitt eine äußerst genügsame Vogeldame zu sein.

Falken attackieren Freizeitsportler
(c) proplanta
Die zehn Monate alte Jungfalkin gehört zu Franz-Rudolf Schnurbuschs zutraulichsten Schützlingen. Trotz des jugendlichen Eifers, der sie bei Besuchen neugieriger Gäste bisweilen packt, sitzt Swantewitt meist gelassen auf der Hand ihres Ziehvaters und schlägt nur sporadisch mit den Flügeln. «Dass dieser Vogel gezielt einen Menschen angreift, kann ich mir kaum vorstellen», beteuert der erfahrene Falkner Schnurbusch, der im Düsseldorfer Norden eine private Greifvogel-Station unterhält.

Doch die Frage, warum Mitte April ein Jogger in Wuppertal erneut Opfer einer Greifvogel-Attacke geworden ist, lässt den 69 Jahre alten
Waldpädagogen und Verhaltensbiologen nicht kalt. «Wie alle Wildtiere halten Greifer eine natürliche Fluchtdistanz ein, die sie während der Brutzeit allerdings verlieren können», erklärt Schnurbusch. Wenn Menschen solche tierischen Luftangriffe erlitten, dann geschehe dies hauptsächlich, weil die Vögel ihre Jungen verteidigen wollten. «Es ist doch logisch, dass die Alttiere ihren Nachwuchs bei den ersten Flugversuchen gegen Fressfeinde zu schützen versuchen.»

So genannte Scheinangriffe von Falken, Bussarden oder Habichten sind in deutschen Wäldern beileibe nichts Ungewöhnliches. «Zwischen Mai und Juli häufen sich alljährlich die Vorfälle», sagt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdschutz-Verband in Bonn. Die überwiegende Zahl dieser «Kontakte» endet glimpflich: Meist jagen die Tiere ihren Opfern durch den lautlosen Anflug von hinten und das Streifen des Scheitels nur einen gehörigen Schrecken ein. Joggern oder Radfahrern, die nach einer ersten Attacke wieder an derselben Stelle vorbei kommen, sitzt dann buchstäblich die Angst im Nacken.

Mitunter tragen Freizeitsportler aber auch ernste Blessuren davon. So versetzte ein angriffslustiger Mäusebussard im Juli 2002 einem Jogger im nordhessischen Eschwege zwei blutige Schrammen in den Hinterkopf. Von der jüngsten Tiefflug-Attacke in Wuppertal wurde der Polizist Björn Schirrmacher heimgesucht. Er spürte zunächst nur einen Lufthauch, «der so leicht war, dass ich ihn kaum registriert habe». Doch der Vogel nahm ihn ein zweites Mal aufs Korn und verpasste ihm einen Schlag gegen den Schädel. Jetzt will sich Schirrmacher eine neue Jogging-Route suchen. «Ich mag Tiere sehr, möchte aber nicht als Vogelfutter enden», lautet die lakonische Begründung des 27-Jährigen.

Ob die Räuber der Lüfte ausschließlich wegen der Verteidigung des eigenen Geleges über arglose Zweibeiner herfallen, ist unter Experten umstritten. «Als alleinige Erklärung ist das wenig überzeugend», sagt Jürgen Eylert, wissenschaftlicher Referent an der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung in Bonn. Neben möglichen hormonellen Störungen im Stoffwechsel der Tiere komme ein statistischer Effekt ins Spiel: Weil sich in den vergangenen Jahrzehnten die Greifvogel-Population rasant ausgedehnt habe, seien häufigere Kontakte mit Menschen die zwangsläufige Folge.

Auch «Vogelflüsterer» Schnurbusch hält diesen Ansatz für plausibel. «Wenn wir Jagdverbote für Greifvögel aussprechen, zugleich aber immer tiefer in ihre Lebensräume eindringen, passt sich das ökologische Gleichgewicht eben an», sagt der frühere Revierförster unter den aufmerksamen Blicken von Adler-Weibchen Patja und Uhu Iwan in der häuslichen Voliere. Durch die Scheinattacken lernten Menschen und Vögel immerhin, sich nicht gegenseitig in die Quere zu kommen. «Insofern sind das doch positive Begegnungen!» (dpa)
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