Wie die beiden Verbände am Mittwoch (21.10.) bei einem gemeinsamen Online-Pressegespräch betonten, sind jetzt schon im Obst- und
Gemüseanbau gegen zahlreiche Pflanzenschädlinge hierzulande keine wirksamen Pflanzenschutzmittel mehr zugelassen. Oft könnten die Anbauer nur auf kurzfristige Notfallzulassungen hoffen.
Laut IVA-Geschäftsführer Frank Gemmer ist die „phytosanitäre Achillesferse“ bei den
Sonderkulturen in vielen Fällen die schlechte Verfügbarkeit von Insektiziden gegen Schädlinge, die ganze Ernten bedrohten. Unterdessen liege der Versorgungsgrad bei Obst und Gemüse weit unter dem inländischen Bedarf. Das gelte nicht nur für buchstäbliche „Südfrüchte“, sondern zum Beispiel auch für Äpfel, Möhren und Kohl. Durch eine künftig noch schlechtere Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln zur Kontrolle von Schädlingen, Pilzen und Unkräutern könnte der heimische Anbau durch die Ausbreitung resistenter
Schädlinge und Pilzerreger und die damit einhergehenden Ernterisiken weiter zurückgedrängt werden, warnte Gemmer.
Im Gegenzug könnten die Flächen für Kulturen wie Weizen und Mais, die weniger Pflanzenschutz benötigten, künftig ausgeweitet werden. Sonderkulturen sorgen für
Biodiversität Laut Gemmer hat eine im Juni und Juli durchgeführte, repräsentative Telefonumfrage im Auftrag des
IVA ergeben, dass die Wertschätzung der Verbraucher für die heimische Produktion von Nahrungsmitteln im Zuge der Corona-Krise deutlich gestiegen ist.
Derweil werde in der Politik aber noch nicht ausreichend wahrgenommen, dass die Importe von Obst und Gemüse im Zuge des rückläufigen heimischen Anbaus durch Wirkstoffverluste zunähmen. Vielmehr habe das Thema „Biodiversität“ bislang Priorität auf der Agenda. Dass auch der Obst- und
Gemüsebau einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität leiste, sei in der Politik noch nicht angekommen, kritisierte der IVA-Geschäftsführer.
Planungssicherheit gefordertDer BOG-Vorsitzende Jens Stechmann warnte, dass die Produktion von Obst und Gemüse ins Ausland abwandern könnte. „Der massive Verlust an Wirkstoffen fördert nicht nur die Entstehung von
Resistenzen, er bedroht die Existenzen der landwirtschaftlichen Unternehmer und somit die Existenz der deutschen Kulturlandschaften“, so Stechmann. Wegen des Fehlens von Insektiziden seien Fruchtfliegen, Wanzen und Bodenschädlinge im Obstbau kaum noch zu kontrollieren.
Der stellvertretende BOG-Vorsitzende Christian Ufen stellte klar, dass kurzfristige Notfallzulassungen auf Dauer keine Lösung für die Obst- und
Gemüsebauern seien. Im Gemüsebau seien weitere Bekämpfungslücken durch den Mangel an Insektiziden zu befürchten, vor allem gegen Spinnmilben. Zudem fehle es in gesäten
Kräuter - und Gemüsekulturen an verträglichen und wirksamen Herbiziden. „Wir benötigen Planungssicherheit und sind auf die ausreichende Verfügbarkeit von Wirkstoffen angewiesen“, betonte Ufen.