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30.08.2016 | 14:53 | Getreideernte 2016 

Badische Bauern beklagen magere Ernte

Freiburg - Es war ein schlechtes Jahr für die badischen Ackerbauern, im Schnitt wurden nur 50 bis 60 Dezitonnen Weizen pro Hektar geerntet, in guten Jahren können es bis zu 100 Dezitonnen sein.

Getreideernte in Baden 2016
(c) proplanta
Auch bei der Gerste blieb der Ertrag deutlich unter dem langjährigen Mittel. Im Schnitt wurden 20 bis 40 Prozent weniger Getreide gedroschen als üblich. Aber nicht nur die geringe Erntemenge bereitet den Landwirten Sorge, auch die Qualität von Weizen und Gerste bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.

Ein Großteil der Weizenernte kann die Mindestanforderungen für die Qualitätsstufe „Brotweizen" nicht erfüllen und kann nicht an die Mühlen verkauft, sondern muss zu Futtermitteln weiterverarbeitet werden. Für Futterweizen bekommen die Landwirte deutlich geringere Preise. Obwohl in ganz Westeuropa eine schlechte Ernte eingefahren wurde, sind die Getreidepreise derzeit im Keller, die Schwarzmeer-Region, Russland und die USA melden sehr gute Ernteerträge. Wenn die großen Exportnationen eine gute Ernte erwarten, dann wachsen die globalen Vorräte und die Preise fallen.

Hauptursache für die schlechte Getreideernte war das kalte und verregnete Frühjahr. Der Boden war in dieser Zeit mit Wasser übersättigt, so dass die Pflanzen kein vitales Wurzelwerk ausbilden konnten. Im Sommer konnten dann die Körner nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden. Zudem schien die Sonne deutlich weniger als üblich, das hemmte die Photosynthese, mit welcher die Getreidepflanzen die Stärke der Körner erzeugen. Die unterversorgen Körner sind deutlich kleiner als in einem normalen Jahr, das schmälerte Menge und Qualität.

Nur dank intensiver Pflege konnte noch ein mäßiger Ertrag eingefahren werden, denn die Witterung hemmte nicht nur das Pflanzenwachstum. Die milden Temperaturen und die ausgiebigen Niederschläge schufen bei fast allen landwirtschaftlichen Kulturpflanzen ideale Bedingungen für Pilzinfektionen. Nur weil Landwirte zum richtigen Zeitpunkt wirksame Fungizide ausbrachten, konnte ein flächendeckender Totalausfall der Ernte verhindert werden. Ohne chemischen Pflanzenschutz wäre die Ernte in Westeuropa fast gänzlich ausgefallen, eine autarke Versorgung mit pflanzlichen Grundnahrungsmitteln wäre nicht möglich gewesen.

Der Mais ist aktuell noch in der Ertragsbildungsphase und wird erst im Herbst geerntet. Auch für die wichtigste Ackerbaukultur der Rheinschiene waren die Aufwuchsbedingungen im Frühjahr denkbar schlecht. Für eine termingerechte Aussaat war es vielerorts zu kalt und zu nass, so dass die Maissaat teilweise mit drei Wochen Verspätung in die Erde kam.


Auf trockenen Standorten konnte sich der Mais im weiteren Jahresverlauf ordentlich entwickeln. Auf schweren Böden litten die Maispflanzen unter der Staunässe und konnten sich bis heute nicht erholen. Die Ertragserwartungen für den Mais reichen vom Totalausfall bis Durchschnitt. Die Saatmaiserzeugung hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die heterogene Bestandsentwicklung verursachte zusätzlich hohe Kosten bei der arbeitsintensiven Ackerkultur, da teilweise nicht mit Maschinen gearbeitet werden konnte.

2016 war auch für die Kartoffelbauern ein sehr schweres Jahr, von der Pflanzung bis zur Ernte waren die Bedingungen denkbar ungünstig und erforderten einen hohen Arbeitsaufwand. Nur mit viel Feingefühl konnten die Kartoffeln im Frühjahr in den kalten und nassen Boden gesetzt werden. Zu Beginn der Vegetationsperiode war der Boden mit ausreichend Wasser versorgt, so dass die Kartoffeln nur flachgründig wurzelten. Bis Anfang Juli verlagerten sich die Wasservorräte in die tieferen Bodenschichten und die Kartoffeln mussten bewässert werden.

Auch der Kartoffelanbau hatte witterungsbedingt mit Pilzkrankheiten zu kämpfen. Mit einem hohen Arbeitsaufwand und dem Einsatz chemischer Pflanzschutzmittel konnten Totalausfälle verhindert werden. Im ökologischen Kartoffelbau wurde teilweise nur die zwei- bis dreifache Pflanzmenge geerntet, da keine wirksamen Fungizide zur Verfügung stehen. Im Schnitt wurden deutlich weniger Kartoffeln als im Vorjahr geerntet, leicht höhere Erzeugerpreise konnten den zusätzlichen Arbeitsaufwand kaum decken.

Nur beim Raps gab es in diesem Jahr durchschnittliche Erträge. Hauptanbaugebiet in Baden ist die Baar, hier werden zwar in der Regel keine Top-Erträge geerntet aber im Gegensatz zum Bundesdurchschnitt konnte das Vorjahresniveau gehalten werden.

Zu Beginn des Jahres gab es viele Anzeichen dafür, dass es ein sehr gutes Grünlandjahr werden könnte. Ausgiebige Niederschläge sorgten für einen üppigen Aufwuchs, so dass sich die Bauern auf eine satte Heu- und Silageernte freuen konnten. Aber es hörte nicht auf zu regnen und zur Erntezeit gab es nur an vereinzelten Standorten eine ausreichend lange Schönwetterperiode, viele Landwirte mussten zu lange warten, um mit der Heuernte beginnen zu können.

Nachdem der optimale Schnittzeitpunkt verstrichen war, verlor das Gras wichtige Nährstoffe und war nur noch bedingt als Futter für das Vieh zu gebrauchen. Im Spätsommer und Anfang Herbst wird das letzte Mal auf dem Grünland Futter geerntet, aber insbesondere im Südschwarzwald fiel in den letzten Wochen zu wenig Regen und der Grünlandaufwuchs stagniert.

Die Erdbeer- und Spargelernte fiel schon zu Beginn des Jahres buchstäblich ins Wasser. Bei den Freilanderdbeeren waren Totalausfälle keine Seltenheit, im Tunnel verlief die Ernte besser. Da sich die Erdbeersaison in Südbaden verzögerte, geriet man frühzeitig in Konkurrenz mit Lieferanten aus Nord- und Mitteldeutschland, dort war das Wetter für Erdbeeren deutlich besser. Im Erzeugergroßmarkt Südbaden (OGS) wurden 23 Prozent weniger Erdbeeren als im Vorjahr angeliefert. Die Spargelanlieferung reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr um 12 Prozent. Auch die Spargelqualität ließ zu wünschen übrig.

Die Kirschernte war vielerorts ein Desaster, schlechtes Wetter während der Blühphase und die Kirschessigfliege machten die Ernte ganzer Anlagen zunichte. Ertragsausfälle bis zu 70 Prozent wurden gemeldet, im Schnitt konnte nur die Hälfte der Vorjahresmenge geerntet werden. Abnehmer von Industrieware reklamierten vermehrt die mangelnde Qualität, für welche vor allem die Kirschessigfliege verantwortlich gemacht werden kann. Für die Zukunft müssen unbedingt wirksame Bekämpfungsstrategien gegen diesen Schädling entwickelt werden.

Nach einer Apfelernte mit katastrophalen Preisen im vergangen Jahr lief die Apfelsaison 2016 gut an. Am Bodensee ist eine höhere Ernte als im Vorjahr zu erwarten, im Vergleich zu den letzten vier Jahren bleibt sie dort aber unter dem Durchschnitt. Insgesamt wird eine geringere Ernte gegenüber 2015 in Südbaden erwartet. Ein extremer Schorfbefall wird die Ernte nochmals verkleinern. Auf höhere Preise kann nicht gesetzt werden, da in der EU und insbesondere in Polen mit einer sehr guten Ernte zu rechnen ist.

Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirkten sich im Extremjahr 2016 verheerend auf die Situation der Obstbauern aus. Der Handel fordert eine deutliche Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Aber unter den extremen Witterungsbedingungen sind die Erzeuger auf verlässliche Pflanzenschutzmittel angewiesen, um genügend Ware in guter Qualität abliefern zu können. Zudem wiegt der Mindestlohn bei ausbleibender Ernte und schlechten Preisen besonders schwer.
bbd
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