Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft

26.07.2008 | 06:28 | Diabrotica-Bekämpfung 

Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Maiswurzelbohrer in Baden-Württemberg haben begonnen

Stuttgart - Ausgehend von den Vorgaben des Bundes und der Europäischen Union wurde im ausgewiesenen Befallsgebiet des Maiswurzelbohrers unverzüglich mit der Bekämpfung begonnen.

Maiswurzelbohrer
Maiswurzelbohrer (c) JKI
Damit soll die weitere Ausbreitung dieses gefährlichen Schädlings verhindert werden. Die verwendeten Pflanzenschutzmittel sind durch die Zulassungsbehörde als nicht bienengefährlich eingestuft worden", sagte der Minister für Ernährung und Ländlichen Raum, Peter Hauk MdL, gestern in Mahlberg (Ortenaukreis).

Am 20. und 21. Juli 2008 wurden in unmittelbarer Nähe des Autobahnrasthofes Mahlberg 34 Exemplare des gefährlichen Maisschädlings in Lockstofffallen gefangen. Am Donnerstag (24. Juli) wurden direkt vor der ersten Bekämpfung 42 weitere Käfer gefunden. Die Fundstelle liegt innerhalb der im Jahr 2007 ausgewiesenen Sicherheitszone. Zusätzliche Fänge in den rund 600 Fallen im Ortenaukreis wurden bisher nicht festgestellt. Nach dem aktuellen Fund wurden weitere Fallen entlang der Grenze zum Kreis Emmendingen aufgestellt.

Am 22. Juli haben sich die Pflanzenschutz-Experten des Landratsamtes Ortenaukreis, des Regierungspräsidiums (RP) Freiburg und des Landwirtschaftlichen Technologiezentrums (LTZ) Augustenberg unter Leitung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum in Offenburg getroffen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen und das weitere Vorgehen festzulegen. Mit dem Julius Kühn-Institut in Braunschweig, der nationalen Behörde für Pflanzenquarantäne, werden diese Maßnahmen intensiv abgestimmt.

"Um den Befall einzudämmen, muss unverzüglich mit einer Insektizidbehandlung begonnen werden. Die hierfür notwendigen Vorarbeiten wurden in den letzten Tagen ausgeführt", betonte Hauk. Die eingesetzten Mittel zur Maiswurzelbohrerbekämpfung sind vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigt und für Bienen ungefährlich. Voraussichtlich muss im Befallsgebiet das Pflanzenschutzmittel mehrfach ausgebracht werden, da die Wirkungsdauer des Insektizids, je nach Witterungsverlauf, begrenzt ist. Die Landwirte in den betroffenen Orten Kippenheim, Kippenheimweiler, Mahlberg, Orschweier und Grafenhausen wurden mit einem Informationsbrief von den Bekämpfungsmaßnahmen unterrichtet.

Die Behandlung erfolgt auf Basis der Allgemeinverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg aus dem Jahr 2007. "Sobald sicher ist, ob es sich um einen eingrenzbaren Befall handelt oder ob weitere Käfer in anderen weiter entfernt liegenden Fallen gefangen werden, wird eine neue Allgemeinverfügung erlassen. Dann werden auch die nach Quarantänerecht (EU und Bund) erforderlichen Zonen (Befallszone und Sicherheitszone) abgegrenzt und eine Entscheidung über die weiteren Maßnahmen ", erläuterte der Minister das weitere Vorgehen.

Aufgrund der hohen Käferzahl werde die Befallszone voraussichtlich zwei Kilometer im Radius um den Fundort betragen. Die daran anschließende Sicherheitszone (Radius fünf Kilometer) wird über den Rhein auf französisches Gebiet reichen. Die notwendige Zusammenarbeit mit den französischen Behörden wurde bereits eingeleitet. Bei der Festlegung der Grenzen der Zonen werden natürliche Barrieren, die der Käfer normalerweise nicht überwindet, berücksichtigt. Damit solle auch die Betroffenheit der Landwirtschaft begrenzt werden. Für diese Zonen werden dann entsprechende Maßnahmen wie der weitergehende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Verbringungsverbote für Maispflanzen und Ernteerzeugnisse oder Anbauregelungen verfügt.

Der konzentrierte Befall in einzelnen Fallen deutet darauf hin, dass der Käfer bereits im letzten Jahr eingeschleppt wurde und Eier ablegen konnte. Die Larven haben sich in diesem Frühjahr entwickelt. Die Käfer schlüpfen ab Mitte Juli.  Die Fläche des Fundorts wurde im Jahr 2007 einmal mit Insektiziden behandelt. Das Saatgut wurde im Frühjahr vor der Aussaat mit dem Wirkstoff Clothianidin gebeizt.


Zusatzinformationen:
Zwischen Anfang Juli und Anfang Oktober 2008 sind in Baden-Württemberg über 1.000 Sexuallockstofffallen aufgestellt (1185 Fallen, davon im Ortenaukreis 660 Fallen), um die männlichen Maiswurzelbohrer über die synthetisch hergestellten Lockstoffe (Pheromone) anzulocken. Die Käfer kleben auf dem Leim der Fallen fest und können bei den wöchentlichen Kontrollen gezählt werden. Da die Einschleppung der Käfer häufig über Transitrouten erfolgt, sind die Fallen insbesondere im Umfeld besonderer Risikopunkte aufgestellt (Flugplätze, Autobahnrastplätze und Maisanbaugebiete).

Aktueller Befall in Frankreich
Im Elsaß wurden drei Käfer in einer Falle in Orschwiller bei Sélestat gefunden. Ein weiterer Befall ist in Essone bei Paris aufgetreten (war 2005 bereits betroffen).

Aktueller Befall in Bayern
Am 14. und 15. Juli 2008 wurden zwei Käfer in der Nähe von Pocking an der deutsch-österreichischen Grenze auf deutscher Seite gefangen. Ein Käfer wurde auf der österreichischen Seite gefangen.

Aktueller Befall in Österreich
Im Osten Österreichs, im Burgenland, entlang der Donau bis nach Niederösterreich ist der Maiswurzelbohrer inzwischen etabliert. In Oberösterreich wurde, außer dem Befall an der deutsch-österreichischen, im Jahr 2008 (ebenso wie 2007) ein Käfer in Perg an der Grenze zu Niederösterreich gefunden.

Maisanbau in Baden-Württemberg
Mais ist in Baden-Württemberg die drittwichtigste Ackerfrucht nach Weizen und Gerste. Im Jahr 2007 wurden auf insgesamt 153.000 Hektar, dies entspricht 18,5 Prozent der Ackerfläche, Silo- oder Körnermais angebaut. Ein Schwerpunkt bildet dabei die Rheinebene, im Ortenaukreis wird beispielsweise auf über 55 Prozent der Ackerfläche Mais angebaut.

Maiswurzelbohrer
Der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) ist der wirtschaftlich bedeutendste Maisschädling in Nordamerika und verursacht dort Kosten in Höhe von rund einer Milliarde US-Dollar im Jahr. Die Larven sind ungleich schädlicher als die Käfer. Sie fressen zunächst an den Wurzeln der jungen Maispflanzen und dringen im fortgeschrittenen Stadium in die Wurzeln der Maispflanze ein. Dadurch werden sekundäre Pilzinfektionen begünstigt und die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen erheblich gestört. In der Folge knicken die Maispflanzen um. Bei starkem Befall kann der Ernteverlust bis zu 80 Prozent betragen.

Der Käfer wurde Anfang der neunziger Jahre aus Nordamerika nach Serbien eingeschleppt und erstmals in Europa nachgewiesen. Seither hat er sich über Südosteuropa bis Polen ausgebreitet und wurde in den letzten Jahren örtlich auch in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Belgien festgestellt. Die Fundorte befinden sich, wie bei dem aktuellen Fall in Südbaden, häufig in direkter Nähe zu Flughäfen. Der erste Befall in Deutschland fand im Ortenaukreis bei Lahr im Jahr 2007 statt. Weitere Befallspunkte waren im vergangenen Jahr der Bodenseekreis und die Region um Passau.

Beim Westlichen Maiswurzelbohrer handelt es sich um einen Quarantäneschadorganismus, der nach Vorgaben der 'Entscheidung der Europäischen Kommission vom 24. Oktober 2003 (2003/766/EG)' bekämpft werden muss. Eine Ausbreitung in befallsfreie Gebiete soll so verhindert werden. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat am 10. Juli 2008 eine Eilverordnung zur Bekämpfung des Maiswurzelbohrers erlassen.

Bienensterben
Die Oberrheinebene war Ende April und Anfang Mai 2008 von einem umfassenden Bienensterben betroffen. Die Schadensursache war die unsachgemäße Beizung von Mais mit dem Wirkstoff Clothianidin zur Bekämpfung der Larven des Maiswurzelbohrers. Betroffen sind insgesamt 700 Imker mit 11.5000 Bienenvölkern. Die Herstellerfirma des Pflanzenschutzmittels hat sich bereit erklärt in einer Freiwilligkeitsleistung insgesamt zwei Millionen Euro zur Schadensregulierung zur Verfügung zu stellen.

Weitere neue Schadinsekten in der Rheinebene im Maisanbau
Neben dem Maiswurzelbohrer wurden in diesem Jahr verstärkt weitere neue angesiedelte Schadinsekten in Maiskulturen im Rheintal registriert. Beispiele sind der Picknick-Käfer und der Asiatischer Marienkäfer. Der Picknick-Käfer frisst an vielen landwirtschaftlichen Kulturen und verursacht entsprechende Schäden. Der Asiatischer Marienkäfer oder Harlekin-Käfer verdrängt die heimischen Arten (wichtige Nützlinge) und kann unter anderem einen Störgeschmack im Wein verursachen. (PD)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Tipps zur Bekämpfung von Klettenlabkraut und Distel in Getreide

 Raps: Behandlung gegen Sklerotinia notwendig?

 Getreide: Fungizideinsatz steht an

 Tipps zur Unkrautbekämpfung im Getreide

 Zulassungserweiterungen für Pflanzenschutzmittel MODDUS

  Kommentierte Artikel

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger