«Jedes Jahr hat seine Besonderheit, dieses Jahr ist es Corona», sagte die Geschäftsführerin des Erdbeerhofs Gebesee im Kreis Sömmerda, Andrea Leefers. Sie und ihre Kollegen berichten von coronabedingt höheren Kosten etwa für die Einreise und Unterbringung der Saisonkräfte. Deswegen müssen Fans heimischer Erdbeeren nun häufig mehr Geld für ein Schälchen auf den Verkaufstresen legen.
Das Pflücken von Erdbeeren im Freiland beginnt in der Regel Mitte bis Ende Mai - im Juni ist Haupterntezeit. Vielerorts können Thüringer auch selbst aktiv werden und sich
Beeren frisch vom Strauch pflücken. Das sei aber nur eine Ergänzung, erklärte Carsten Gloria, Mitinhaber der Erfurter Gärtnerei Gloria. Sein Betrieb hat dieses Jahr nicht nur Mehraufwand wegen Corona, sondern auch wegen der Frostabwehr im Frühjahr. Die Pflanzen hätten dafür mit Vlies geschützt und nachts bewässert werden müssen, berichtete er. Sein Betrieb pflegt auch Erdbeeren unter Folie, so dass schon seit Mitte April gepflückt wird.
Bereits eingestellt haben sich Thüringens Erdbeerbauern auf die Trockenheit und bewässern vielerorts ihre Felder. «Ohne Bewässerung geht gar nichts im Thüringer Becken», betonte Axel Swoboda, Vorstand der Kindelbrücker Obstbau eG (Kreis Sömmerda). Seiner Beobachtung nach ist infolge der Corona-Krise bei Verbrauchern das Interesse an heimischem Obst gestiegen. Auch bei der Zahl der Selbstpflücker sei die Tendenz steigend, erklärte er. Vor allem für Familien sei der Ausflug aufs Erdbeerfeld und das Pflücken mit den eigenen Händen häufig ein Erlebnis.
Derweil sucht der Erdbeerhof Gebesee händeringend weitere Pflücker. Aktuell stehe nur etwa die Hälfte der benötigten 400 Erntehelfer zur Verfügung, erklärte Geschäftsführerin Leefers. Um Erntehelfer aus Osteuropa trotz der Corona-Beschränkungen ins Land zu holen, waren mit anderen Betrieben extra Flugzeuge gechartert worden. Laut Leefers können zudem die Unterkünfte nicht voll belegt werden. Es habe ein Containerdorf aufgestellt werden müssen. Das alles bringe «immense Mehrkosten», sagte Leefers - schätzungsweise 250.000 Euro. So habe sie den Preis für die 500-Gramm-Schale um einen Euro erhöhen müssen.
Ob wegen des Mangels an Erntehelfern dieses Jahr reife Beeren an den Sträuchern verderben, hänge von der weiteren Entwicklung bei den Reisebeschränkungen ab, betonte Leefers. «Das wird sich in den nächsten zwei Wochen entscheiden.» In Gebesee werden auch spätere Sorten angebaut, so dass die Beeren bis September gepflückt und vermarktet werden.
Eine Ertragsprognose für diese Saison wagen die Betriebe noch nicht. Auch das Landesamt für Statistik hat keine Ernteschätzung parat. Im vergangenen Jahr waren nach Angaben der Statistiker in Thüringen auf einer Anbaufläche von 137 Hektar knapp 980 Tonnen Erdbeeren geerntet worden. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor hatte der Anbau noch bei fast 188 Hektar und einem Ertrag von knapp 1.942 Tonnen gelegen.