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16.10.2023 | 02:28 | Pflanzenschutzmittelrückstände 

Keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Pflanzenschutzmittel zu erwarten

Berlin - Bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch sind durch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Diese Einschätzung hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) jetzt nochmals bekräftigt.

Pflanzenschutzmittel
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat erneut seine Einschätzung bekräftigt, dass durch Pflanzenschutzmittelwirkstoffe bei einem bestimmungsgemäßen Gebrauch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Anlass ist ein Bericht der Organisation foodwatch, in dem insbesondere die Problematik von „Pestizid-Cocktails“ moniert wird. (c) proplanta
Anlass für diese Klarstellung sind nach Angaben des BfR Äußerungen eines Vereins, wonach in rund einem Drittel der Getreideprodukte in Europa Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachweisbar seien. Bei dem Verein handelt es sich um die Organisation foodwatch. Diese moniert in ihrem Bericht „The Dark Side of Grain“ insbesondere die Problematik von „Pestizid-Cocktails“.

„Allein die schiere Zahl der verschiedenen Pestizide in den Produkten stellt ein gesundheitliches Risiko dar“, so foodwatch. Der Verein beruft sich dabei auf eine Auswertung von Informationen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Danach wurden in 837 von 2.234 Proben aus unverarbeitetem Getreide sowie Getreideprodukten Rückstände von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen nachgewiesen; das entsprach 37%.

In 14 Proben beziehungsweise 0,6% war der Rückstandshöchstgehalt (RHG) überschritten. Insgesamt wurden 65 verschiedene Pflanzenschutzmittelwirkstoffe detektiert.

Umfassende Prüfung obligatorisch



Das BfR stellte zu der Aussage von foodwatch, dass von der „schieren Zahl“ der verschiedenen Wirkstoffe ein gesundheitliches Risiko für Verbraucherinnen und Verbraucher ausgehe, fest, dass Pflanzenschutzmittelwirkstoffe vor ihrer Genehmigung auf EU-Ebene umfassend auf mögliche gesundheitliche Risiken geprüft und bewertet würden.

Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch seien diese sicher, betonte das Bundesinstitut. Allerdings könne es durchaus vorkommen, dass Rückstände im Erntegut und in den daraus hergestellten Lebensmitteln nachweisbar seien, auch wenn Pflanzenschutzmittel sachgerecht eingesetzt würden. Dies sei aber erwartbar und werde daher im Verfahren und bei der Sicherheitsbewertung dieser Produkte durch die Festlegung von Rückstandshöchstgehalten explizit mitberücksichtigt. Von geringfügigen Mengen gingen in der Regel daher keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus.

Pflanzenschutz auch im Ökolandbau



Dies gilt laut BfR nach dem derzeitigen Stand des Wissens auch für Rückstände von mehreren Pflanzenschutzmittelwirkstoffen in einer Probe. Das liege daran, dass die Konzentration vieler Stoffe sehr gering sei und der Gesamtrückstand meist von einem Wirkstoff dominiert werde. Mögliche Wechselwirkungen würden bei der Bewertung berücksichtigt.

Laut BfR ist bei der Forderung nach einer „pestizidfreien“ Landwirtschaft zu berücksichtigen, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, um Pflanzen oder Teile von Pflanzen vor Schaderregern, Unkräutern oder Schadorganismen zu bewahren. Im Ökolandbau würden zwar weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt als in der konventionellen Landwirtschaft, doch völlig ohne Pflanzenschutzmittel kämen auch ökologisch arbeitende Landwirte nicht aus.

Courbier: Lieber auf Fakten setzen



Mit scharfer Kritik reagierte der Verband „Der Agrarhandel“ (DAH) auf den foodwatch-Bericht. Der Verband stört sich insbesondere an der Art und Weise, wie foodwatch die Thematik kommuniziert. Statt reißerischerer Panikmache sollte foodwatch lieber auf Fakten und wissenschaftliche Erkenntnisse setzen, erklärte DAH-Geschäftsführer Martin Courbier am Freitag (13.10.) in Berlin. Diese stünden deutlich auf Seiten der hochqualitativen Lebensmittel hierzulande und deren Erzeugern.

Kritisch sieht der DAH in diesem Zusammenhang nicht nur die mangelhafte wissenschaftliche Grundlage der von foodwatch aufgestellten Behauptungen, sondern auch das genutzte Wording zur gezielten Verunsicherung von Verbrauchern. „Die gewählten Begriffe dienen der reißerischen Panikmache, und für geäußerte Vermutungen werden keinerlei wissenschaftliche Belege angeführt. So geht Verbraucherinformation nicht“, stellte Courbier klar.

Ohne Pflanzenschutzmittel geht es nicht



Handfeste Ergebnisse für Deutschland gebe dagegen das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), so der Geschäftsführer: Nur 1,1% der untersuchten Lebensmittel aus Deutschland hätten im Jahr 2021 eine Überschreitung der zulässigen Höchstmengen aufgewiesen. Bei Getreide lägen nach Informationen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sogar 99,4% aller Proben unter den Rückstandshöchstgehalten.

„Klar ist auch: Ohne Pflanzenschutzmittel wird die Produktion und Erntemenge von Getreide in Deutschland zurückgehen“, betonte Courbier. Belegt werde diese Aussage von verschiedenen Studien, etwa einem Gutachten der Fachhochschule Soest vom Mai dieses Jahres. Darin heiße es, dass sich die durchschnittlichen Ertragsverluste beispielsweise beim Wintergetreide auf rund 30% belaufen würden, wenn die EU-Pläne, den Pflanzenschutzmitteleinsatz um 50% zu reduzieren, umgesetzt würden.

Kein leichtfertiger Pflanzenschutzmitteleinsatz



Auch eine aktuelle Studie von hffa Research zur „Agrarproduktion und Biodiversität in Deutschland“ komme zu dem Ergebnis, dass ein pauschales Pflanzenschutzmittelverbot, wie es in sogenannten sensiblen Gebieten geplant sei, zu einer Produktionseinschränkung von etwa 30% führen würde, so der DAH-Geschäftsführer. „Das sind Stimmen der Wissenschaft, die deutlich machen: Wir brauchen einen guten Pflanzenschutz“, hob Courbier hervor.

Ein Einschreiten des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zu fordern - wie foodwatch es tut -, ist nach Ansicht des DAH zynisch. „Schon allein wegen der Marktmacht des LEH und drückender Preise setzt kein Landwirt leichtfertig teure Pflanzenschutzmittel ein, wenn es ackerbaulich nicht nötig ist“, gab Courbier zu bedenken.
AgE
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