Berlin - Auf dem derzeit breit diskutierten Weg hin zu einem nachhaltigen Pflanzenschutz ist es sinnvoller, den Einsatz chemischer Präparate intelligent zu reduzieren statt ihn pauschal zu verbieten.
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In dieser Einschätzung waren sich die Teilnehmer eines Fachforums einig, dass der Deutsche Bauernverband (DBV) am Dienstag (24.1.) in Präsenz auf der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin und als Online-Stream durchgeführt hat. Außerdem sei es wichtig, stets einen kooperativen Ansatz zu verfolgen und alle Beteiligten zu Wort kommen zu lassen.
Prof. Joseph-Alexander Verreet von der Universität Kiel vertrat die Ansicht, dass unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auch in Zukunft nicht auf den chemischen Pflanzenschutz verzichtet werden könne. Sollte dies dennoch der Fall sein, seien Ertragsverluste von bis zu 50 % die Folge. Dem stimmte Prof. Enno Bahrs von der Universität Hohenheim zu: „Ohne chemische Pflanzenschutzmittel geht es auf lange Zeit nicht, aber in der Form, wie wir es jetzt machen, wird es nicht mehr möglich sein“. Sollte es in Schutzgebieten zu einem Verbot des Pflanzenschutzmitteleinsatzes kommen, dann müsse es auch eine ökonomische Perspektivgestaltung für die betroffenen Landwirte geben.
Dies müsse als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begriffen werden. „Die Landwirtschaft der Zukunft wird noch erheblich nachhaltiger sein, obwohl und weil wir chemischen Pflanzenschutz einsetzen“, zeigte sich Bahrs überzeugt. „Wir brauchen den kompletten Werkzeugkasten, und dazu gehört auch der chemische Pflanzenschutz“, betonte auch DBV-Vizepräsident Detlef Kurreck. Der Pflanzenschutzmitteleinsatz der Zukunft müsse aber präziser und smarter sein und mit deutlich weniger Nebenwirkungen auskommen. „Da, wo es geht, sollten alternative Methoden angewendet werden, ganz im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes“, erklärte Kurreck.
In regionalen Diskurs gehen
Der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Jörg Andreas Krüger, plädierte dafür, bei Verbotsdiskussionen in den regionalen Diskurs zu gehen. Eine Reduktion nach Gebietskulissen sei „nicht die optimale Lösung“. Es sei immer schwierig, pauschale Regelungen auf Bundes- oder EU-Ebene zu treffen, weil die einzelnen Regionen sehr unterschiedlich seien. „Wir müssen uns Lösungen sehr stark regional anschauen“, betonte der Verbandspräsident.
In ökologisch besonders sensiblen Gebieten sei jedoch ein weitestgehender Verzicht auf jeglichen Pflanzenschutz unumgänglich, erklärte Krüger. Eine solch drastische Veränderung der Bewirtschaftung könne aber nur in Zusammenarbeit mit den betroffenen Landwirten umgesetzt werden. Zudem müsse bei der Diskussion um die Verringerung des Pflanzenschutzmittelaufwands darauf geachtet werden, dass der ökologische Fußabdruck letztlich nicht aus Deutschland ins Ausland verlagert werde.
Erhebliche Fortschritte
Prof. Joachim Hertzberg von der Universität Osnabrück vertrat als Experte für künstliche Intelligenz (KI) die „technische Seite“ in der Runde. Aus seiner Sicht kann der Einsatz von KI bei der Ausbringung perspektivisch einen wichtigen Beitrag leisten. Bei der Entwicklung und dem Einsatz solcher Techniken seien in den nächsten Jahren erhebliche Fortschritte zu erwarten. Der wichtigste Beitrag der KI für einen nachhaltigen Pflanzenschutz ist für Hertzberg in der aktuellen Situation die gemeinsame interdisziplinäre Forschung an Daten und Modellen. Es gelte nun, die Daten und modellbasierten Verfahren zusammenzuführen und optimal zu nutzen.