08.08.2014 | 18:27 | Edeka "Gutfleisch"
Verdacht auf Tierschutzverstöße bei SchweinehaltungKiel - Es sind schlimme Bilder. Verletzte und kranke Schweine in engen Ställen. Die Aufnahmen sollen aus Betrieben stammen, die Edeka für das Markenprogramm «Gutfleisch» beliefern. Das Unternehmen prüft die Vorwürfe und distanziert sich von gezeigten Haltungsbedingungen. |
(c) proplanta Die Aufnahmen verderben Appetit auf Schweinefleisch: Sie zeigen verletzte und offenkundig kranke Tiere. Eins liegt im Stall tot am Boden und soll mindestens zwei Tage zuvor verendet sein.
Nach Berichten von NDR 1 Welle Nord und Schleswig-Holstein Magazin des NDR-Fernsehens ging das Landwirtschaftsministerium in Kiel am Freitag dem Verdacht nach, bei der Schweinehaltung könnten im Norden Betriebe gegen Tierschutzrecht verstoßen haben. «Wir prüfen das», sagte Ressortsprecherin Nicola Kabel.
Der NDR zeigte Aufnahmen, die die Tierschutzorganisation Animal Equality nach eigenen Angaben heimlich in fünf Betrieben gemacht hatte. Diese belieferten Edeka für das Markenprogramm «Gutfleisch», hieß es. Edeka teilte mit, das Unternehmen distanziere sich von Haltungsmethoden, wie sie in den Bildern zu sehen sind. Umfassende interne Prüfungen seien eingeleitet worden.
Edeka nehme die Vorwürfe sehr ernst. Die in den Bildern zu sehenden Zustände entsprächen nicht geltendem Recht. Das Unternehmen wisse nicht, um welche Betriebe es geht, sagte eine Sprecherin. Sobald sie identifiziert seien, würden im Sinne der «Gutfleisch»-Richtlinien Konsequenzen gezogen. Tierwohl und Tierschutz hätten höchste Priorität. Für die Staatsanwaltschaft war die Angelegenheit zunächst noch kein Fall, weil die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit den Vorwürfen noch unbekannt seien, sagte Behördensprecherin Birgit Heß der dpa. «Eine Strafanzeige liegt bisher nicht vor.»
Edeka verwies auf strenge eigene Kontroll- und Hygienevorschriften. Die Zusammenarbeit in der gesamten Prozesskette lebe aber auch vom gegenseitigen Vertrauen. «Bisher sind uns keine Vorwürfe gemeldet worden, auch nicht, dass ein Betrieb ein totes Schwein mehrere Tage im Stall liegen lässt», schrieb Edeka dem NDR auf dessen Fragen zu seinen Recherchen. «Unsere Tierschutzbeauftragte würde diese Betriebe unverzüglich kontrollieren und Maßnahmen ergreifen.»
Ministeriumssprecherin Kabel sprach von verstörenden Bildern. «Sie legen die Vermutung nahe, dass Tierschutzvorschriften nicht eingehalten worden sind.» Das Ministerium werde die Vorwürfe prüfen und bewerten, sobald es Namen und Adressen habe. Zu klären sei unter anderem, ob die gezeigten engen «Kastenstände» groß genug sind. Bei offensichtlich kranken Tieren sei zu fragen, ob sie behandelt wurden.
Unabhängig davon, ob sich Verstöße nachweisen lassen, müssten Tierschutz und Tierwohl in der Nutztierhaltung dringend verbessert werden, sagte Kabel. «Wir müssen die Haltungsbedingungen den Tieren anpassen, nicht die Tiere den Haltungsbedingungen.» Minister Robert Haback (Grüne) fordert unter anderem, bis Ende 2016 die Praxis des Schwänzekupierens zu beenden. Dabei werden Schweinen nach wenigen Lebenstagen die Schwänze gekürzt, um Kannibalismus vorzubeugen.
Laut Edeka werden Betriebe, die wissentlich Vereinbarungen verletzen, aus der Belieferung ausgeschlossen. Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter, neutrale Prüfinstitute und die eigene Tierschutzbeauftragte kontrollierten auch unangemeldet. Nur Bauern, die sich anspruchsvollen Leitlinien verpflichten, könnten für «Gutfleisch» liefern. «Unsere Landwirte halten die Tiere artgerecht und dokumentieren ihre Gesundheit», wirbt Edeka im Internet.
Aus Sicht der Tierschutzorganisation Animal Equality belegen die im März und Juni aufgenommenen Bilder heftiges Tierleid, grobe Hygienemängel und Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Dies hätten Veterinäre bestätigt. In den Anlagen gebe es 400 bis 1.500 Tiere. Sterbende, sichtbar leidende Schweine seien ohne tierärztliche Behandlung in Boxen zusammen mit anderen Tieren aufbewahrt worden. «Die Tiere müssen unsägliche Qualen erleiden», sagte Pressesprecher Hendrik Haßel. Die Betriebe seien zufällig ausgewählt worden.
Aus Sicht der FDP-Landtagsfraktion wäre es nach den Vorkommnissen im Rinder-Schlachthof Bad Bramstedt zu einfach, diese neuen Vorfälle als Einzelfälle darzustellen. Die Landesregierung müsse ein schlüssiges Konzept vorlegen und erklären, wie sie Tier- und Verbraucherschutz gewährleisten will, forderte der Abgeordnete Oliver Kumbartzky. (dpa/lno)
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