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04.08.2017 | 09:06 | Schädlingsbefall 

Bettwanzen und Co.: Schädlingsbekämpfung boomt

Hagen - Ob Bettwanzen in der Komfort-Klasse im Flieger oder faustgroße Kakerlaken-Nester in der Wohnung in Hagen: Die Schädlingsbekämpfer-Branche kann sich derzeit über Auftragsmangel nicht beklagen.

Kakerlake
Wer im teuren Komfortsitz im Flieger einschlummert, kann sich bisweilen auf ungebetene Schlafgenossen gefasst machen. Bettwanzen lieben weiche Polster und eine friedlich schlafende Beute, berichten Schädlingsbekämpfer. Die diskrete Branche boomt. (c) Unclesam - fotolia.com
«Wir platzen aus allen Nähten und suchen händeringend Personal», berichtet Andreas Beckmann, Geschäftsführer des deutschen Schädlingsbekämpfer-Verbands. Bettwanzen, Kakerlaken, Ratten, Mäuse & Co. sorgen bereits seit Jahren bei der stets diskret arbeitenden Branche für zweistellige Wachstumsraten.

Auch im laufenden Jahr sei der Trend ungebrochen, berichtet Beckmann. Allein im vergangenen Jahr konnte die Branche in Deutschland einen Umsatz von rund 600 Millionen Euro erwirtschaften.

Konkrete Zahlen zum Schädlingsbefall in Deutschland gibt es ebenso wenig, wie Informationen über die Kunden der in diesem Punkt nicht sehr auskunftsfreudigen Branche. Die Probleme mit Bettwanzen seien in den vergangenen zehn Jahren gewachsen, berichtet Beckmann. Auch wenn sich der Trend wieder etwas verlangsamt habe.

«Sie sind psychisch am Ende, trauen sich nicht mehr zu Schlafen und die Kinder werden mit Stichen im Gesicht in der Schule gehänselt», so beschreibt der Berliner Schädlingsbekämpfer Mario Heising die Lage der Hausbewohner nach einem Bettwanzenbefall. Aufgrund der angespannten Personallage und der vollen Auftragsbücher seien Wartezeiten von bis zu vier Wochen bis zum Einsatz des Schädlingsbekämpfers derzeit jedoch keine Seltenheit.

Heising schätzt auf der Grundlage einer Umfrage unter Kollegen, dass es im vergangenen Jahr allein in Berlin rund 5.000 Einsätze gegen Bettwanzen gab, rund zwei Drittel davon in Betrieben wie Hotels und Hostels. Sprecherin Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) teilt dagegen auf Anfrage mit, dass «keinerlei Daten» zum Thema Bettwanzen in deutschen Hotels vorlägen.

«Doch basierend auf unseren Kenntnissen des Beherbergungsmarkts in der Bundesrepublik können wir nicht bestätigen, dass dieses Problem in irgendeiner Weise zunimmt», heißt es in de Stellungnahme weiter. Offensiv geht der Deutsche Alpenverein DAV mit dem Problem um, der auf seiner Homepage über Bettwanzenprobleme in Hochgebirgshütten berichtet.

Schädlingsbekämpfer Beckmann stellt beim Bezug eines Hotelzimmers die Matratze meist hochkant und legt den Koffer möglichst auf einen Tisch mit Metallfüßen ab, weil da die Krabbeltiere nicht hochkommen. Trotzdem rät er von Panik ab: Die Chancen für einen Bettwanzenbefall seien immer noch relativ gering, meint er.

Die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport unterhält mittlerweile eine eigene Spürhunde-Abteilung, um Flugzeuge mit feiner Nase auf Bettwanzen abzusuchen. Genutzt werde der Service aber auch von Hotels berichtete ein Sprecher. Nach den Erfahrungen des Berliner Schädlingsbekämpfers Heising sind die Komfortsitze im Flieger verstärkt von dem Problem betroffen.

Neben den weichen Polstern sorgten viele Motoren im Sitz für ein wohlig warmes Klima. Dort, wo im Flugzeug mehr geschlafen werde als etwa auf den günstigeren Sitzen, hätten die Bettwanzen bessere Angriffschancen, meint er. Betroffen seien aber auch Kreuzfahrtschiffe und Liegewagen.

Der Gifteinsatz bei hartnäckigem Schädlingsbefall sollte nach Ansicht von Tristan Jorde dem Profi vorbehalten bleiben. «So etwas selbst zu versprühen halte ich für abenteuerlich bis gefährlich», sagt der Schädlingsexperte der Hamburger Verbraucherzentrale. Der Branchenverband rät jedoch dazu, vor der Auftragserteilung einen Kostenvoranschlag einzuholen.

«Die Versuchung, überhöhte Preise zu nehmen, ist hoch», so der Verbraucherschützer. Nach Angaben von Heising kann ein Profi-Einsatz gegen Bettwanzen durchaus 1.000 Euro kosten.

Auch beim Kampf gegen einen massiven Kakerlakenbefall in einem Hagener Wohnhaus hatten die Hagener Feuerwehr keine Mühe gescheut. Einsatzkräfte in Vollschutzanzügen schleusten die Mieter in einer spektakulären Aktion durch eine eigens vor dem Haus aufgebaute Hygiene-Dusche.

Hausverwalter Rolf-Peter Mayer hatte zuvor über einen massiven Kakerlakenbefall in einer Wohnung geklagt, der sich mittlerweile im ganzen Haus ausgebreitet hatte. «Das war richtig eklig», berichtet er.

Biologe Beckmann sieht den Einsatz allerdings kritisch: «Das ist kein Grund, Häuser zu evakuieren», meint er. Auch solche Schädlingsmassen könnten «schnell und geräuschlos» zur Strecke gebracht werden.
dpa
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