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06.06.2016 | 10:16 | Wolfsrückkehr 
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Wölfe: Schäfer in Baden-Württemberg voller Sorge

Heidenheim - Der Wolf macht den Menschen seit jeher Angst - egal ob als Fabelwesen, dass im Märchen sechs von sieben Geißlein frisst, oder als reales Raubtier im Wald.

Wolf in Baden-Württemberg
Während Forscher die Rückkehr des Wolfs bejubeln, geht unter Schäfern im Land die Angst um. Sie fühlen sich von der Politik alleingelassen. (c) proplanta
Auch Holger Banzhaf aus Gerstetten im Kreis Heidenheim denkt seit Wochen mit sehr mulmigen Gefühl an das Tier. Denn Banzhaf ist Schäfer, und der Wolf ist zurück im Südwesten: Zum ersten Mal seit 150 Jahren wurde ein lebendes Exemplar gesichtet. Ein Spaziergänger filmte ihn, als er über ein Feld auf der Baar trottete. Die Öffentlichkeit ist begeistert - und Banzhaf bedrückt: «Da kann man ja nicht mehr ruhig schlafen.»

Wölfe sind streng geschützt. Weidetiere müssen künftig neben den vierbeinigen Räubern leben. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen haben sich Wölfe bislang angesiedelt - und reißen auch Schafe. Dass Schäfer im Südwesten ein besonderes Problem mit dem Wolf haben, hängt auch mit der Mittelgebirgslandschaft im Land zusammen und der hier üblichen Wanderschäferei. «Einen Zaun bauen kann jeder», sagt Holger Banzhaf. «Das Umherziehen für sich ist ein Kulturgut.»

Er steht auf einer Weide bei Gerstetten und stützt sich auf seine Schäferschippe. «Anuk, Freund, komm her!», ruft er seinen Altdeutschen Hütehund herbei. Und gibt den Befehl: «Geh weiter!» - Anuk schießt los. Innerhalb von Sekunden hat er die chaotisch umherlaufende Herde zu einem Kreis geformt, scheu warten die Schafe aneinandergereiht auf der Kuppe, dicht an dicht, Wolle an Wolle.

Seit 30 Jahren ist Banzhaf bereits Schäfer auf der Ostalb, schon sein Opa war Wanderschäfer. Täglich zieht er von Ende April bis Januar mit seinen Marino-Landschafen von Ortschaft zu Ortschaft, acht Stunden lang, sieben Tage die Woche. Denn die Schafe müssen fressen, dauernd und viel. 650 Mutterschafe und 500 Lämmer gehören ihm, einige kennt er persönlich, manche tragen sogar Namen, wie Schatzi oder Havanna. «Die tanzen immer aus der Reihe», sagt er und lächelt.

Banzhaf schlachtet selbst, für ein Mutterschaf bekommt er 100, manchmal 120 Euro. Auch seine 17-jährige Tochter Laura will Schäferin werden. «Ich hab immer gesagt: Wenn der Wolf kommt, hör ich auf», sagt er. Er glaubt, dass schon mehrere Wölfe durchs Land streifen.

Alfons Gimber vom Landesschafzuchtverband befürchtet vor allem Probleme mit der Versicherung, wenn der Wolf zuschlägt: Bricht die Herde aus, könnten Schafe auf Straßen oder Bahngleise rennen. «Das kann in die Millionenschäden gehen», sagt er.

«Alle reden von Tierschutz, aber der Wolf kann kommen und Tiere töten», schimpft Schäfer Gerhard Stotz aus Münsingen im Kreis Reutlingen. «Das ist eine große Sorge, wenn er wieder sesshaft werden würde.» Der Mensch habe das Raubtier schließlich damals als Nahrungsmittelkonkurrent bewusst ausgerottet. «Wenn der angreift, sind gleich mindestens acht bis zehn Tiere tot.»

«Im Moment halten wir das Risiko für gering», sagt hingegen ein Sprecher des Umweltministeriums. «Der Wolf ernährt sich in der Regel von Wildtieren wie Rehen oder Wildschweinen.» Schäfer sollen aber mit einem Wolfs-Riss-Fonds entschädigt werden, Naturschutzverbände und Landesregierung haben ihn mit 10.000 Euro gefüllt.

Für Banzhaf ein schwacher Trost. «Wir sind doch zum Schutz der Herde verpflichtet», sagt er. Die Rückkehr des Raubtiers werde beschönigt, findet er. Der 47-Jährige fühlt sich von der Politik alleingelassen. Es gebe keinen richtigen Herdenschutz, schimpft er. Elektrozäune müssten dementsprechend hoch sein, das sei auf der Alb unpraktikabel. Und Herdenschutzhunde würden sich nicht mit den Hütehunden verstehen. Sie leben in der Herde und würden die Hütehunde eher als Bedrohung von außen wahrnehmen. «Den Wolf können wir nicht aufhalten», sagt er.
dpa/lsw
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Kommentare 
Krueger-land schrieb am 07.06.2016 13:01 Uhrzustimmen(128) widersprechen(130)
Na ich weiss nicht ,was da der NABU geritten hat.ein Beutegreifer wieder anzusiedeln.Auf extensive Beweidungsflächen ist die höhste Artenviellfalt vorhanden. Jeder Schäfer der wegen dem Wolf aufgibt ist einer zu viel
cource schrieb am 07.06.2016 12:10 Uhrzustimmen(115) widersprechen(123)
herrenlose hunde und katzen außerhalb von ortschaften dürfen ja von der jägerschaft, auch ohne antrag, jederzeit "entnommen" werden,nur der wolf, wird aus falsch verstandenem naturschutz, in einem völlig instabilen urbanen ökosystem, als ein am ende der nahrungskette also auch über dem homo sapiens stehendes raubtier, geschützt--das kommt einer fahrlässigen tötung gleich
Dorfmichel schrieb am 06.06.2016 20:04 Uhrzustimmen(128) widersprechen(132)
Nun, Wölfe reissen in der Tat auch Schafe - warum eigendlich so selten? Der "Tisch" an nahezu völlig ungeschütztem Nutzvieh ist doch mehr als reichlich gedeckt? Das sich der Anteil diese ungeschützten Schafen in der Nahrung der Beutegreifer mit weniger als ein Prozent wiederspiegelt, darf in der Tat schon etwas verwundern - schmecken Schafe vieleicht einfach nicht?!? - Wenn das mögliche Ausbrechen einer Herde auf Strassen oder Bahngleise den Schäfer beunruhigt, wäre das löblich, es gefährdet dann ja verkehrstechnich schliesslich auch Menschenleben. Da diese Gefahr durch streunende Hunde bereits schon immer gegeben war, stellt sich allerdigs die Frage, warum die Viehherden nicht schon lange gegen Hunde und damit auch gegen ihre freilebenden Vorfahren geschützt sind - den Bahnreisenden interessiert rückbickend vermutlich wenig, ob sein Tod ursächlich durch einen Hund oder ausnahmsweise mal durch einen Wolf verursacht wurde?!? Geht´s also um die allgemeine Sicherheit oder mal wieder um den schnöden Mammon;) By the way, wenn es selbst für die Kollegen in den Alpen funktionierende Herdenschutzmaßnahmen gibt, warum werdet ihr das in unseren "Mittelgebirgen" nicht hinbekommen;)
cource schrieb am 06.06.2016 13:58 Uhrzustimmen(148) widersprechen(123)
der wolf frist rehe oder wildschweine, ja aber nur wenn nichts anderes zur verfügung steht--so ein reh musss erst einmal gefangen und ein wildschwein ist sicher auch nicht so leicht zu erbeuten wie etwa ein domestiziertes schaf--der naturschutz handelt verantwortungslos, hier müssen die landesoberhäupter einschreiten
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