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14.07.2013 | 13:42 | Mückenplage 

Engpässe bei Mückenschutzmitteln

Berlin - Erst kam das Wasser, dann kamen die Mücken: Menschen in den von der Flut betroffenen Gebieten waren in den vergangenen Wochen gleich doppelt gestraft.

Stechmücke
(c) proplanta
Nach dem kalten Winter führten der relativ warme Sommer und das Hochwasser in vielen Regionen zu einer Massenbrut von Stechmücken, wie Johannes Ziegler vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin sagt. Vielerorts wurden Insektensprays knapp.

«Es ist wirklich extrem», sagte eine Sprecherin des Mückenschutz-Fabrikats Anti-Brumm, «wir hatten vom ersten Tag des Hochwassers an sehr viele Nachfragen.» Dass der Verbrauch in den Hochwasserregionen «außergewöhnlich hoch» sei, bekam auch die Marke Autan zu spüren. Es könne lokal zu Engpässen kommen, hieß es. Dabei ist die Firma nach eigenen Angaben im Sommer auf zusätzlich erhöhten Bedarf eingestellt.

Doch mit was für Stoffen sprühen sich die Deutschen da eigentlich so fleißig ein? Nach Einschätzung von Monika Schäfer-Korting, Pharmakologin und Professorin der Freien Universität Berlin, gibt es drei gängige Substanzen. Sie sind unter verschiedenen Handelsnamen erhältlich - und je nach Wirkstoff und Konzentration in verschiedenen Ausführungen wie «forte», «sensitiv» oder «naturbasiert».

«Seit langem als wirksam erwiesen hat sich zum Beispiel DEET», sagt die Wissenschaftlerin. Die Substanz sei allerdings etwas weniger gut verträglich als andere Wirkstoffe. Sie soll nicht nur Stechmücken, sondern auch Zecken, Läuse oder Flöhe auf Abstand halten. Entwickelt wurde DEET 1946 von der US-Armee und kam rund zehn Jahre später in den Staaten in den Handel.

Völlig harmlos ist DEET allerdings nicht: Es könne zu Hautreizungen und allergischen Reaktionen, in extrem seltenen Fällen auch zu Schädigungen des Nervensystems kommen, sagt Schäfer-Korting. «In manchen Produkten, die man hierzulande erhält, ist die DEET-Konzentration niedriger als bei Mitteln für die Tropen», sagt Mediziner Ziegler. Für Aufenthalte dort werden Konzentrationen von 30 bis 50 Prozent empfohlen. «Das Tropenmittel wirkt deshalb nicht stärker, aber man muss seltener nachsprühen», erläutert Ziegler.

Als besser verträglich gelten neuere Substanzen wie Icaridin, das wie DEET auch als Malariaprophylaxe eingesetzt wird. Teilweise gibt es auch natürliche Stoffe, die im Labor nachgebildet werden: Der Wirkstoff Citriodiol enthält Bestandteile von Zitrone und Eukalyptus.

Zwischen Produkten aus Apotheken und Drogerien besteht nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände kein Unterschied: Als sogenannte Nichtarzneimittel dürfen die Insektenschutzsprays uneingeschränkt vertrieben werden.

«Alle Stoffe haben gemeinsam, dass sie die Riechrezeptoren der Mücken besetzen», erklärt Schäfer-Korting. Auf molekularer Ebene wird der Mechanismus blockiert, der Mücken normalerweise auf die Fährte ihrer Beute führt. «Insekten würden sonst durch die Milchsäure auf der Haut angezogen», sagt Schäfer-Korting. Milchsäure ist etwa in Schweiß enthalten - Duschen kann also kurzfristig Abhilfe schaffen.

Ätherische Öle hingegen überdecken meist nur den menschlichen Hautgeruch und gelten als weniger wirksam: Sie verfliegen schnell.

Mit langem Rundum-Schutz werben viele Hersteller. Der Wahrheitsgehalt ist jedoch oftmals beschränkt: In Studien habe sich Schäfer-Korting zufolge eine Wirkung von bis zu drei Stunden als sicher erwiesen. Die Schutzdauer hänge auch von der Creme oder der Flüssigkeit ab, in der ein Wirkstoff stecke. Wissenschaftler forschen daher an winzigen Partikeln, sogenannten Mikrokapseln und Nano-Carrieren, die einen Langzeiteffekt sicherstellen könnten: «Bei Sonnencreme gibt es bereits spezielle Produkte, die 24 Stunden lang halten», sagt Schäfer-Korting.

Bei Mückensprays ist das vorerst ein schöner Traum. Bis er wahr wird, muss man sich anderweitig behelfen. «Es gibt spezielle Produkte, mit denen man auch Kleidung einsprühen kann», sagt Mediziner Ziegler. DEET sei für diese Zweck dagegen nur eingeschränkt empfehlenswert, da es Kunstfasern angreifen könne. Generell rät er, von den Tropen zu lernen: Sich etwa während der Dämmerung zurückzuziehen, sei dort ganz normal.
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