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14.08.2010 | 15:17 | Waldtiere 

Auf der Spur von Luchsen und Wölfen in Deutschland

Gelnhausen - Die Raubtiere kehren nach Deutschland zurück, und in einem Labor im osthessischen Gelnhausen laufen ihre Spuren zusammen.

Auf der Spur von Luchsen und Wölfen in Deutschland
In der Außenstelle des Forschungsinstituts Senckenberg ermitteln Wissenschaftler den genetischen Fingerabdruck einzelner Tiere und schließen daraus auf Herkunft und Verbreitung. Für Luchse und Wölfe ist das Institut als nationales Referenzzentrum die zentrale Anlaufstelle in Deutschland. Speichel, Haar- und Kotproben aus ganz Deutschland werden dort untersucht, rund 100 Proben waren es seit dem vergangenen Jahr.

Die Methode ist die gleiche wie DNA-Analysen bei Verbrechen oder Vaterschaftstests. Dabei kommt auch zutage, ob ein Tier tatsächlich für Attacken auf Nutztiere verantwortlich ist. Für etliche vermeintliche Wolfsrisse seien Hunde als wirkliche Übeltäter entlarvt worden, sagt Senckenberg-Experte Carsten Nowak.

Die Forscher rehabilitierten auch einen vermeintlichen Problembären, der Mitte Mai in Bulgarien einen Mann getötet haben sollte. Drei Tage nach der Attacke wurde ein Bär 1,5 Kilometer entfernt geschossen. Die Senckenberg-Forscher wiesen nach: Es war der falsche, denn die DNA-Spuren des Bären an der Leiche des Mannes und Haarproben des getöteten Bären waren nicht identisch. Im Juli wurden zwei Frauen in derselben Gegend von einem Bären angegriffen - der tatsächliche Problembär läuft also sehr wahrscheinlich noch frei herum.

Der Kontakt nach Bulgarien war über die Zusammenarbeit mit der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt (ZGF) entstanden. In Deutschland wurde kein Braunbär gesichtet, seit 2006 in Bayern Problembär «Bruno» erschossen wurde. Naturschützer erwarten allerdings, dass wieder Tiere zuwandern. Wann der nächste Bär kommt, kann aber derzeit niemand abschätzen. Wie viele Luchse wieder in Deutschland leben, ist nicht bekannt - zwischen 40 und 100 schätzen Experten. Stabile Populationen gebe es allerdings noch nicht, auch wenn jedes Jahr zahlreiche Beobachtungen gemeldet würden, sagt Senckenberg-Experte Nowak.

In Hessen seien in den vergangenen Jahren Dutzende Luchsmeldungen zum Beispiel aus dem Spessart und dem nordhessischen Bergland eingegangen. Die scheue Großkatzen mit den Pinselohren sei außerordentlich schwer aufzuspüren - «man weiß fast nichts», sagt Nowak.

Luchs-Reviere seien riesengroß - ein Männchen benötige ein Gebiet von der Fläche Frankfurts. Außerdem sind die Tiere hochmobil und könnten leicht 300 Kilometer in wenigen Tagen zurücklegen. Kot ist praktisch nicht zu finden, denn nach Katzenmanier neigen Luchse dazu, ihn zu verscharren. Wölfe sind für die Forscher praktischer: Sie legen Kot oft offen auf Waldwegen ab, um ihr Revier zu markieren. In den Gebieten, wo sie vorkommen oder vermutet werden, laufen Biologen im Rahmen des Wolfsmonitorings die Waldwege ab und sammeln die Proben ein. In Alkohol konserviert, geht das Material nach Gelnhausen.

Mindestens sieben Rudel leben nach Erkenntnissen der Wissenschaftler wieder in Ostdeutschland. «Einzelne Tiere streifen auch durch den Westen», sagt Nowak. Am weitesten ist ein in den nordhessischen Reinhardswald zugewanderter Wolf nach Westen vorgedrungen: Bei einem Ausflug in den benachbarten nordrhein-westfälischen Kreis Höxter hat er ein Schaf gerissen. Den Beweis lieferte ein Haarbüschel, das der Wolf am Weidezaun hinterließ. «Das ist der bisher westlichste Nachweis eines Wolfs und der erste in Nordrhein-Westfalen», sagt Nowak. Die meisten Proben stammen aber aus dem Osten, einige hundert warten noch auf ihre Untersuchung. Die Forscher in Osthessen arbeiten dabei eng mit ihren Kollegen vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz zusammen.

Dass Luchs und Wolf wieder in Deutschland leben, sei vor allem ihrem konsequenten Schutz zu verdanken, sagt Nowak. Die Rückkehr sei aber kein Anzeichen für eine intakte Natur. Beide Arten waren jahrhundertelang verfolgt und vor rund 150 Jahren hierzulande ausgerottet worden. Lange Erfahrungen haben die Spezialisten aus Gelnhausen mit Untersuchungen zur Verbreitung der Wildkatze in Deutschland: Mehr als 2.000 Proben wurden bisher bestimmt. Dabei kam heraus, dass die scheuen Waldtiere inzwischen weit verbreitet sind, obwohl sie kaum jemand zu Gesicht bekommt. «Das war eine große Überraschung», sagt Nowak. (dpa)
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