Seit mehr als 15 Jahren begleiten hier in Görlitz die Zoologen vom Senckenberg Museum für Naturkunde die Rückkehr dieser Raubtiere nach Deutschland. Nun hat in der ostsächsischen Stadt auch das bundesweite Dokumentations- und Beratungszentrum zum Wolf seine Arbeit aufgenommen.
Aus der Präparationsabteilung im Erdgeschoss geht der 61-Jährige in sein Büro im Humboldthaus. «Derzeit sammeln wir alles rund um den Wolf für die Datenbank, Ende des Jahres geht sie online.» Dazu gehören Daten darüber, wo sich der Wolf angesiedelt hat und wer in den Ländern zuständig ist für Beobachtung und Überwachung. «Damit bekommen Informationen kürzere Wege», sagt Ansorge.
Unter dem Dach des Wolfskompetenzzentrums arbeiten das Institut für Wolfsforschung «Lupus», das Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung und das Senckenberg Forschungsinstitut für Wildtiergenetik mit dem Senckenberg Museum in Görlitz zusammen.
Ziel ist nicht nur, die bundesweiten Daten zur Ausbreitung des Wolfs zu sammeln. Die Einrichtung solle die Länder auch bei Fragen rund um den Rückkehrer beraten, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) im Februar über das auf drei Jahre ausgelegte Projekt.
Die Bewährungsprobe kam wenige Wochen nach dem Startschuss: In Niedersachsen suchte im April ein junger Wolfsrüde immer wieder die Nähe zu Menschen. Daraufhin wurde Hilfe aus Görlitz gefordert. «Unsere Partner von «Lupus» waren vor Ort. Es wurde versucht, das Tier zu vergrämen», sagt Ansorge über den ersten Beratungsfall.
Es half jedoch alles nichts: Der Rüde näherte sich wiederholt Menschen mit Hunden und zeigte keinerlei Scheu. Per Skype-Konferenz entschieden schließlich alle Experten gemeinsam mit dem niedersächsischen Umweltministerium, das Tier abzuschießen. «Das war keine leichte Entscheidung», sagt Ansorge. «Wir mussten für den Tod des Wolfes die Verantwortung übernehmen, aber auch dafür sorgen, dass sich das Image des Wolfes nicht weiter verschlechtert.» Grundsätzlich gilt: Der Wolf ist eine in Deutschland streng geschützte Tierart.
Die Experten geben auch Einschätzungen bei Gesetzesänderungen oder stellen Informationsmaterial zum Wolf zusammen. Die Länder hatten immer wieder gefordert, die Kompetenzen zum Thema zu bündeln.
Auch Markus Bathen vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) begrüßt die neue Einrichtung. «Bisher war eine Schwachstelle des Wolfsmanagements, dass jedes Bundesland seinen eigenen Plan aufzog. Dabei könnte man gegenseitig von Erfahrungen profitieren.» Das zeige ein anderes Beispiel aus Niedersachsen.
Dort, so Bathen, hätte man zwar die Wölfe gezählt, jedoch keinen Schutz für Schafherden installiert. Die Aufregung der Landwirte sei groß. Dabei gebe es etwa gute Erfahrungen mit Herdenschutzhunden. «Bis jetzt gibt es viele lokale Initiativen. Auch hier brauchen wir eine bundesweite Vernetzung», sagt der Wolfsexperte.
Für das Dokumentations- und Beratungszentrum stellt das Umweltministerium bis 2018 zunächst 425.000 Euro zur Verfügung. «Nach dem dreijährigen Pilotprojekt wird sich zeigen, ob dieses Zentrum akzeptiert wird», sagt Zoologie-Professor Ansorge. In der Datenbank sind für das Vorjahr bundesweit 36 Rudel, sieben Paare und zwei Einzeltiere mit verlässlichen Daten registriert.
Wolfs-Bundesland Nummer eins ist Sachsen mit zwölf Rudeln, dicht gefolgt von Brandenburg mit elf. 127 Wölfe wurden seit der Rückkehr der Tiere bislang in Deutschland tot aufgefunden. Hauptrisiko für das Raubtier ist nach wie vor der Straßenverkehr. 23 Tiere wurden illegal getötet. Die sächsischen Exemplare finden dann ihre letzte Ruhe im Holzschrank mit der Aufschrift «Canis lupus» in Görlitz.
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