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27.04.2010 | 22:18 | Dschelada 

Primaten mit Perücke: Dscheladas leben nur noch in Äthiopien

Addis Abeba - Irgendwie haben die Dschelada-Männchen etwas von Tina Turner.

Primaten mit Perücke: Dscheladas leben nur noch in Äthiopien

Ihre wilden, in alle Richtungen vom Kopf abstehenden Mähnen verleihen den Primaten ein einzigartiges Aussehen, das sogar andere kuriose Spezies - wie die Nasenaffen mit ihrem gurkenförmigen Riechorgan - in den Schatten stellt. Die Blutbrustpaviane - auf Englisch: Gelada Baboons - haben nämlich noch ein zweites, unverkennbares Merkmal: einen haarlosen, sanduhrförmigen Fleck auf der Brust, der in der Brunftzeit knallrot wird.

Wer die pflanzenfressenden Affen in ihrem natürlichen Ambiente erleben will, muss heutzutage weit reisen: Sie existieren nur noch im äthiopischen Hochland zwischen 2.200 und 4.400 Metern über dem Meeresspiegel.

«Vor Millionen von Jahren lebten sie noch in großen Teilen Afrikas und Asiens», sagt Shiferaw Asserate, der seit Jahren Touristen in die abgelegenen Simien Mountains im Norden Äthiopiens führt - und in dem Nationalpark jeden Stein, jeden Vogel und auch fast jeden Dschelada persönlich kennt. «Diese Paviane sind wirklich außergewöhnlich, sie leben nicht nur in großen Gruppen zusammen, sondern sie sind auch die einzigen Primaten außer den Menschen, die ausschließlich auf der Erde leben und nicht auf Bäumen», fügt er hinzu und stochert im Feuer, während die afrikanische Sonne den Horizont in orange-rotes Licht taucht.

«Ich bin mal genau in die Mitte geraten, als zwei Gruppen gerade aufeinander losgingen», erzählt eine kanadische Touristin, die seit Jahren immer wieder in diese faszinierende Bergwelt kommt. «Da will man nur noch weg, die können ganz schön laut und wild werden.» Wahrscheinlich ging es bei der handfesten Auseinandersetzung - wie so oft in dieser Welt - um ein Weibchen. Oder um ein Männchen, denn im Sinne der Emanzipation wählen bei den Dscheladas die Frauen ihre Partner aus. Nur manchmal streiten die Tiere um Nahrung. Wenn es hingegen genügend Gras, Wurzeln und Knollen gibt, schließen sich auch mehrere Gruppen zu regelrechten Affen-Verbänden von bis zu 400 Exemplaren zusammen.

Zwar gibt es Schätzungen zufolge noch rund 200.000 Blutbrustpaviane in Äthiopien, aber nur 20.000 von ihnen leben im Simien-Park, der seit 1978 zur Liste des UNESCO-Weltnaturerbes gehört. Die Weltnaturschutzunion IUCN stuft die Primaten mittlerweile als «vulnerable», also als «gefährdet» ein - aber vom Aussterben ist die Spezies noch nicht bedroht.

Der natürliche Feind der Dscheladas ist der Leopard. Zudem wurden die Männchen früher wegen ihrer perückenähnlichen Mähnen gejagt, die manchen äthiopischen Volksstämmen als Kopfschmuck dienten. «Und in Kriegszeiten haben die Soldaten die Dscheladas früher als Zielscheibe benutzt, um das Schießen zu üben. Da wären sie damals fast ausgestorben», erzählt Shiferaw. Am meisten leiden die Paviane jedoch, wie so viele andere Tiere, unter dem Verlust ihres Lebensraums: Ihr Siedlungsgebiet wird mehr und mehr in Ackerland umgewandelt, selbst in den Simien-Bergen lassen sich immer mehr Menschen mit ihren Rinderherden nieder. Dennoch werden sie hier weitgehend geschützt: Unter anderem ist es verboten, Hunde in die Nähe der Dscheladas mitzunehmen, da diese ebenfalls als natürlicher Feind der Primaten gelten.

Außerdem sind tiefe Flüge etwa mit Sportflugzeugen über dem Nationalpark verboten, da dies nicht nur die Dscheladas, sondern auch die anderen endemischen - also nur dort heimischen - Tiere stören würde. Dazu gehören der Walia Ibex - eine Art Berggams mit Riesengeweih - und der äthiopische Wolf.

Als der Mond über dem Bergmassiv aufgeht, haben sich die Affen bereits zum Schlafen in Felsspalten und Höhlen zurückgezogen. «Wenn wir nicht aufpassen, wenn die Erderwärmung weitergeht und ihr Lebensraum immer begrenzter wird, dann könnten wir die Dscheladas in absehbarer Zukunft für immer verlieren», sagt Shiferaw nachdenklich, während das Feuer in der eiskalten Abendluft erlischt. (dpa)

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