Die Alternativen wurden und werden heftig diskutiert, denn Fakt ist, dass derzeit keine Methode zur Verfügung steht, die gleichzeitig die Ansprüche an Tiergerechtheit, Praktikabilität, Sicherheit für Tier, Mensch und Umwelt, Verbraucherakzeptanz und Wirtschaftlichkeit erfüllt.
Als gangbar haben sich jedoch drei Wege abgezeichnet: Die
Ebermast, die Immunokastration oder „Eberimpfung" (Improvac) zur Verminderung des Ebergeruchs sowie die
Kastration unter Allgemeinanästhesie. Nun allerdings propagiert der
Bundeslandwirtschaftsminister einen „vierten Weg": Die Lokalanästhesie.
Christian Schmidt stellte sich damit hinter die von Erzeugern,
Schlachtunternehmen und Organisationen der Schweinebranche erhobene Forderung, dem
Tierhalter selber die Verabreichung eines Narkosemittels zur örtlichen Schmerzausschaltung zu erlauben.
Seine Position begründete er mit den Belangen der kleinen und mittleren
Betriebe, die ohne kostengünstige Alternative zur betäubungslosen
Ferkelkastration auf der Strecke bleiben würden.
Von dieser Haltung zeigt sich die Bundestierärztekammer (BTK) enttäuscht und befremdet. Präsident Dr. Uwe Tiedemann warnt ausdrücklich davor, die Anwendung der Lokalanästhesie durch Tierhalter zu erlauben: „Jede Anästhesie – das gilt auch für die lokale Betäubung – ist eine anspruchsvolle und risikobehaftete tierärztliche Tätigkeit! Das fehlerhafte Verabreichen eines Lokalanästhetikums kann verheerende Folgen bis hin zum Tod des Tieres haben. Aus diesem Grunde lehnen wir dies ausdrücklich ab."
Doch auch die Lokalanästhesie selber sieht die Bundestierärztekammer kritisch. Zwar ist es gängige Praxis, kleine Eingriffe unter örtlicher Betäubung vorzunehmen. Aber: Nach den bisherigen wissenschaftlichen Untersuchungen gibt es bei der Lokalanästhesie der Ferkel deutliche Nachteile.
Tiedemann: „Die Belastung der Tiere durch Fixation und mehrfache Injektionen ist ähnlich wie bei betäubungslosen Kastration und der Schmerz wird je nach Applikationsart nur teilweise ausgeschaltet. Dies gilt besonders für den einzigen für das Schwein zugelassenen Wirkstoff Procain. Dazu kommt, dass Injektionen in Richtung der Samenstränge oft nicht präzise platziert werden können und alternativ die Injektion in den Hoden für die Tiere sehr schmerzhaft ist. Außerdem können vermehrt Wundheilungsstörungen in Folge des Vorfalls der betäubten Samenstrangstümpfe festgestellt werden."