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19.05.2008 | 10:53 | Tierschutz 

Schweizer Tierschutz: Partner für Meersäuli, Augenkontakt fürs Pferd

Bern - In der Schweiz haben Wellensittiche und Meerschweinchen künftig das Recht auf einen Partner, wenn sie in Privatwohnungen gehalten werden. Angehende Hundebesitzer müssen eine Ausbildung machen, damit sie die Sprache des Rudeltieres auch verstehen. Pferde und Ziegen brauchen Augenkontakt zu Artgenossen.

Schweizer Tierschutz
(c) proplanta
Nicht nur der Mensch, sondern auch Tiere und Pflanzen in der Schweiz sollen nach jüngsten Initiativen der Regierung würdevoll leben. Das neue Schweizer Tierschutzgesetz, das im September in Kraft tritt, macht fast in allen Sparten der Tierhaltung schärfere Vorschriften. In der Schweiz gibt es etwa sieben Millionen Haustiere.

Private Hundehalter müssen von 2010 an einen Theoriekurs besuchen, in dem sie über die Grundbedürfnisse ihrer Schützlinge informiert werden. Und nach dem Erwerb des Tieres ist für Hund und Besitzer ein eintägiges praktisches Training Vorschrift, in dem verschiedene Alltagssituationen geübt werden. «Die Leute müssen die Bedürfnisse ihres Tieres kennen», sagt Pierre-Francois Gobat, Kantonstierarzt in Neuenburg. Viele Hundebesitzer erzögen ihr Tier wie ein Kind.

Katzen sollten täglichen Umgang mit Menschen oder aber Sichtkontakt mit anderen Katzen haben. Ihr Wohnraum muss zwischen zwei Meter hoch und sieben Quadratmeter groß sein. Kletter-, Kratz- und Beschäftigungsmöglichkeiten sind vorgeschrieben sowie erhöhte Ruheflächen und Rückzugsmöglichkeiten. Und jede Katze hat das Recht auf ein eigenes Klo.

Besitzer von Meerschweinchen, in der Schweiz liebevoll Meersäuli genannt, Hamstern, Wellensittichen oder Kanarienvögeln müssen wissen, wie die Tiere richtig gehalten werden. Wer etwa kein zweites Meerschweinchen hat, könnte sich eines bei Züchtern leihen. Bei Fischen ist die Wasserqualität vorgeschrieben, Temperatur, Sauerstoffmenge oder Salzgehalt sollen der Fischart angepasst sein. Insgesamt, so meint die «NZZ am Sonntag» werde der Tierschutz in der Schweiz nun bissig. «Wir schauen nicht mehr mit dem Fernrohr, sondern mit der Brille», sagt Tieranwalt Antoine Goetschel.

Vor allem die Bauern hatten die Tierschutzverordnung kritisiert. Nun sollen Kälber bald nur noch in Gruppen gehalten werden und stets Wasser trinken können. Blickkontakt zu Artgenossen gilt von 2013 an für Pferde, Schafe und Ziegen. Schafe dürfen ab 2018 zudem nicht mehr angebunden gehalten werden.

Die Schweiz ist stolz auf ihr Jahrzehnte altes, weltweites humanitäres Engagement. Die Würde der Kreatur ist in der Verfassung verankert. Die internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung wurde in Genf gegründet. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) und die wichtigsten humanitären Organisationen der Vereinten Nationen haben ihren Sitz in Genf. Und die Schweiz ist wohl auch das einzige Land, das etwa im Kanton Zürich sogenannte Tieranwälte zulässt.

Nun wird in der Schweiz diskutiert, ob ähnliche Schutzvorschriften auch für Pflanzen gelten müssen. Dies hatte eine Ethikkommission, in der Philosophen, Ethiker, Biologen und Mediziner vertreten sind, vorgeschlagen. Sie vertritt die Auffassung, «dass wir mit Pflanzen nicht völlig beliebig umgehen dürfen. Eine willkürliche Schädigung von Pflanzen sei moralisch unzulässig. «Die Würde der Kreatur ist ein Rechtsbegriff, der weitreichende wirtschaftliche und wissenschaftliche Interessen tangiert», sagte Kommissionsmitglied Markus Schefer. Gerade im Bereich der Gentechnologie und auch der Patentierung von Pflanzen sei diese Diskussion wichtig. (dpa)
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