Zehn Jahre nach der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz sollen strengere Vorschriften für Züchter, Forschung und Zirkusse kommen. Das sieht eine Reform des Tierschutzgesetzes von Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) vor, die das Bundeskabinett an diesem Mittwoch beschließen soll. Verboten werden demnach etwa umstrittene Brandzeichen bei Pferden. Tierversuche mit Menschenaffen werden fast vollständig untersagt. Für Wildtiere in Zirkussen sind Beschränkungen vorgesehen.
Die Grünen kritisieren die Pläne als «gänzlich unambitioniert» und fordern weitergehende Schritte.
Aigners Novelle, die noch durch
Bundestag und
Bundesrat muss, soll voraussichtlich im Herbst in Kraft treten. Um qualvollen Züchtungen einen Riegel vorzuschieben, sieht sie unter anderem vor, dass bizarr kleinwüchsige oder haarlose Tiere nicht mehr bei Ausstellungen gezeigt werden dürfen. Für Landwirte wird festgeschrieben, dass Ferkel ab 2017 nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden dürfen. Mit neuen Regeln zu Tierversuchen wird eine EU-Richtlinie umgesetzt.
Nach Kritik an den Haltungsbedingungen von Zirkustieren sieht der
Gesetzentwurf eine Ermächtigung vor, dass bestimmte Wildtierarten per Verordnung für solche Betriebe verboten werden können - wenn sich herausstellt, dass bisherige Maßnahmen zur tierschutzgerechten Haltung nicht reichen. Geplant sind zudem rechtliche Grundlagen, um eine unkontrollierte Vermehrung streunender Katzen einzudämmen.
Die Grünen kritisierten die Pläne als «gänzlich unambitioniert»: Fraktionschefin Renate Künast sagte am Dienstag der Deutschen Presse- Agentur, nötig sei eine ganz neue Zielsetzung. Es müsse aufhören, dass man Tieren «Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen darf.» Ferkel sollten ab sofort nur noch mit Betäubung kastriert werden dürfen, Transporte von Tieren in Deutschland nur vier Stunden dauern. Für Stallsysteme müsse eine obligatorische Zulassung gelten. Dies solle etwa sichern, dass Schweine nicht ohne Einstreu - sozusagen auf Beton - lebten.
Für Zirkustiere forderte Künast eine Positivliste. «Nur Tiere, die ausdrücklich genannt sind, dürfen im Zirkus gehalten werden.» Dies würde ein Verbot praktisch aller Wildtiere mit großem Bewegungsdrang wie Elefanten und Löwen in Zirkussen bedeuten. «Am Ende wissen die meisten Menschen schon, dass der Clown im Zirkus das wirklich Lustige ist und nicht ein Tier, das nicht seiner Art entsprechend gehalten wird.» In der Forschung seien ein Vorrang für Testverfahren ohne Tierversuche sowie ein Verbot von Menschenaffentests ohne Ausnahmen nötig.
Seit zehn Jahren haben Lebensbedingungen von Tieren rechtlich mehr Gewicht. Am 17. Mai 2002 beschloss der Bundestag, Artikel 20a des Grundgesetzes um drei Worte zu ergänzen: Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen «und die Tiere». Nach dem Ja des Bundesrats trat die Verfassungsänderung am 1. August 2002 in Kraft. (dpa)