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07.07.2012 | 10:13 | Tierschutz 

Verschärfungen des Tierschutzgesetzes gehen nicht weit genug

Berlin - Verkaufsstände mit Schildkröten in Plastikboxen oder Nerzfarmen für Pelzmäntel: Tierschützer schlagen in Deutschland immer wieder Alarm.

Tierschutz
(c) proplanta
Dabei hat das Wohlergehen der Mitgeschöpfe seit zehn Jahren höchsten Rang als Staatsziel im Grundgesetz. Vor sechs Wochen stellte Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) eine Reihe strengerer Regeln für das Tierschutzgesetz vor.

Am Freitag präsentiert der Bundesrat einen langen Katalog mit Extraforderungen. Damit geht der Streit nun richtig los.


Worum geht es den Ländern?

In rund 50 Punkten schlagen die Länder weitere Beschränkungen vor. «Dies zeigt, dass viel mehr für den Tierschutz getan werden kann und muss, als die Bundesregierung es vorhat», sagt der Präsident des Tierschutzbunds, Thomas Schröder.

Dazu gehört etwa, die Tierzucht für die Produktion von Pelzen zu beenden. «Die Tötung erfolgt nicht aus Gründen der Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse des Menschen», argumentiert der Agrarausschuss des Bundesrats.

«Es gibt hinreichend preiswertere Alternativen, um sich wirksam gegen Kälte zu schützen.» Existierende Pelztierfarmen, die hierzulande vor allem Nerze halten, sollten eine Übergangszeit von zehn Jahren bekommen.


Was will der Bundesrat bei Tierspektakeln ändern?

Schluss sein sollte nach dem Willen der Länderkammer auch mit Rodeo-Shows oder Spektakeln wie «Bullenreiten», die mit schmerzhaften Methoden arbeiten.

Tierschützer beklagen, dass Pferde sich deshalb wild-bockig aufbäumen, weil bei ihnen vorher ein Gurt mit kräftigem Ruck zugezogen wurde - das löst Abwehrreflexe aus.

Tiere als Preise bei Verlosungen sollten ebenfalls tabu sein, schließlich hätten vor allem überraschte Gewinner gar nicht die nötigen Kenntnisse.


Warum sind auch Tierbörsen im Visier?

Auf Verkaufsveranstaltungen für jedermann gehe es teils zu «wie auf dem Flohmarkt», beanstandet der Tierschutzbund. Und angeboten werden längst nicht nur Kaninchen und Tauben, sondern auch Exoten wie Schlangen, Kaimane oder Papageien.

Übereinandergestapelte Käfige, Lärm und dichtes Besuchergedrängel direkt an Standtischen setzten aber vor allem wilde Tiere unter Stress, kritisiert der Bundesrat. Tierbörsen mit Exoten sollten deshalb verboten werden.


Was plant die Bundesregierung?

Ministerin Aigner will diverse Gesetzesvorschriften verschärfen. So will sie die althergebrachte Methode, dass jedes Jahr 20 Millionen Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert werden, verbieten - bis 2017.

Um quälerische Zuchtmethoden unattraktiver zu machen, sollen etwa bizarr haarlose Tiere nicht länger ausgestellt werden dürfen.

Zirkustiere wie Elefanten und Bären, deren Haltung wegen häufiger Ortswechsel in der Kritik steht, werden vorerst nicht verboten. Kommen soll aber eine vorsorgliche Rechtsgrundlage dafür.


Wie geht es weiter?

Verabschiedet werden soll das neue Tierschutzgesetz im November, wie Aigners Staatssekretär Peter Bleser im Bundesrat betont. Dabei soll auch eine EU-Tierversuchsrichtlinie umgesetzt werden, weshalb weitere verzögernde Forderungen vorerst nicht unterstützt werden könnten. Die Diskussion ist jedoch entbrannt.

Der Bauernverband warnte schon vor einem «Wunschkonzert des Bundesrats». Knifflig werden könnte es für die Ministerin ohnehin bei einem anderen Reformpunkt, gegen den sich in den eigenen Unionsreihen hartnäckig Widerstand hält: das geplante Verbot der Tradition, dass Pferde mit heißen Brandeisen markiert werden.

«Aigner gerät immer mehr in Bedrängnis», kommentiert die SPD. (dpa)
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