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29.11.2009 | 16:28 | Weltklimagipfel  

China und USA wegen schwacher Klimaziele in der Kritik

Peking/Stockholm/München - Nach den USA kommt auch China beim Klimaschutz aus der Deckung.

China und USA wegen schwacher Klimaziele in der Kritik
Knapp zwei Wochen vor Beginn des Weltklimagipfels kündigte die Führung in Peking erstmals konkrete, wenn auch unverbindliche Ziele an. China und die USA blasen zusammen etwa zwei Fünftel aller Treibhausgase, die zur gefährlichen Erderwärmung führen, in die Luft. Umweltschützer halten die Ankündigungen von US-Präsident Barack Obama wie auch Chinas für unzureichend. Der weltweit größte Rückversicherer Munich Re warnt, dass die Folgen des Klimawandels unbezahlbar werden. Deshalb müssten beim Kopenhagen-Gipfel verbindliche Ziele vereinbart werden.

Zumindest die Kritik der Umweltschützer an Obama teilt auch der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der derzeit den Vorsitz in der Europäischen Union inne hat. Zwar hält Reinfeldt den geplanten Kurzbesuch Obamas beim Gipfel für ein wichtiges Signal. Er kritisierte aber, dass der US-Präsident den entscheidenden Schlussverhandlungen wohl fernbleiben werde. Alarmierend ist die Einschätzung der Munich Re. Sollte es nicht gelingen, den Klimawandel aufzuhalten, könnten viele Menschen ihre Versicherungen gegen Katastrophenschäden nicht mehr bezahlen, sagte Munich-Re-Vorstand Torsten Jeworrek in München. Den weltweiten volkswirtschaftlichen Schaden aus klimabedingten Naturkatastrophen bezifferte der Versicherer schon für den zurückliegenden Zeitraum zwischen 1980 und 2008 auf 1,6 Millionen US-Dollar.

Nach Ansicht des Rückversicherers müssen sich die Staaten auf der Konferenz vom 7. - 18. Dezember mindestens auf Eckpfeiler für eine Nachfolge des Kyoto- Protokolls einigen. Das Kyoto-Protokoll, dem sich die USA nicht verpflichtet haben, läuft 2012 aus. Die Erderwärmung müsse unbedingt auf zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzt werden, sagte der Manager. Die bedrohlichen Szenarien der Munich Re untermauern Forschungsergebnisse über die Zerstörung der Wälder auf der Erde. Der Mensch hat in den vergangenen beiden Jahrhunderten mehr als die Hälfte zerstört. Über eine Milliarde Hektar ließen sich jedoch erfolgreich wieder aufforsten, das ist mehr als die Fläche Kanadas, berichtete die Naturschutzorganisation Global Partnership on Forest Restoration (GPFLR) in London. Damit könnten der Atmosphäre bis 2030 insgesamt 70 Gigatonnen Kohlendioxid (CO2) erspart bleiben.

Den Meinungswandel Chinas begründete die Führung am Donnerstag mit der Pflicht des Landes, zum globalen Klimaschutz beitragen zu müssen. Nach einer Sitzung unter Vorsitz von Ministerpräsident Wen Jiabao teilte der Staatsrat in Peking mit, die neuen Ziele seien eine «freiwillige Maßnahme» und ein «großer Beitrag zu den weltweiten Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel». Der Regierungschef wird persönlich nach Kopenhagen reisen. «Wir hoffen, ein gerechtes und angemessenes Abkommen zu erreichen», sagte ein Sprecher des Außenministeriums. In China soll der Ausstoß der Treibhausgase künftig nicht mehr so stark zulegen wie das Wirtschaftswachstum. Die Treibhausgase, die für jeden Yuan Wirtschaftsleistung ausgestoßen werden, sollen bis 2020 um 40 bis 45 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 verringert werden, teilte die Regierung mit.

 Die Nation mit mehr als einer Milliarde Menschen, deren Wohlstand stetig wächst, ist heute mit einem Fünftel weltweit der größte Produzent des Klimakillers Kohlenstoffdioxid. Ungeachtet aller Pläne, weniger CO2 ausstoßen zu wollen, wird China nach Experteneinschätzung noch bis mindestens 2030 weiter mehr Treibhausgase produzieren. China gehört weltweit zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften.
Derzeit legt die Wirtschaft um acht Prozent zu. Die Umweltorganisation Greenpeace ging mit den Plänen Chinas hart ins Gericht. «Das ist zu wenig, um unter dem Zwei-Grad-Ziel zu bleiben, zu dem sich China auch bekannt hat», sagte der Klimaexperte von Greenpeace International, Martin Kaiser, der Deutschen Presse- Agentur dpa in Hamburg.

Solange sich das Klima nur um zwei Grad erwärmt, können sich Mensch und Ökosysteme nach Forscheransicht noch halbwegs daran anpassen. Damit das Zwei-Grad-Ziel erreicht wird, sollten auch Entwicklungsländer ihren Ausstoß an Treibhausgasen drosseln. Ziel ist eine Verringerung von bis zu 30 Prozent. Die Ankündigung Chinas entspreche aber nur einer Abweichung von 6 bis 13 Prozent, sagte Kaiser. 

Auch die USA gaben kurz vor dem Gipfeltreffen in Kopenhagen ihre Klimaziele bekannt und ernteten dafür Kritik. Obama kommt in Kopenhagen am 9. November vorbei, einen Tag vor der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo. Er hatte angekündigt, dass die USA sich beim Gipfel auf die Verminderung der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 17 Prozent gegenüber dem Stand von 2005 verpflichten wollen. Das entspricht vier Prozent gegenüber den Emissionen 1990. Die 27 EU- Staaten wollen - auf dieser Basis von 1990 - zusammen bis 2020 die Treibhausgase um 20 oder möglicherweise 30 Prozent verringern.

Angesichts dieses Missverhältnisses zwischen Europa und Amerikaschrieb Reinfeldt in einem Kommentar für die Stockholmer Zeitung «Dagens Nyheter» (Donnerstag): «Wir haben weiter den Einwand, dass das, was die Vereinten Nationen verlangen und was Europa tun will, weitergehend ist.», Umweltschützer von der Organisation WWF wurden in ihrer Kritik deutlicher: «Das ist zu früh. Es fehlt ihm wohl einfach der Mut, am Ende mit den anderen Staats- und Regierungschefs ein ehrgeiziges Ergebnis auszuhandeln», sagte ein WWF-Sprecher. (dpa)
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