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16.06.2018 | 14:32 | Eichenschädling 

Eichenprozessionsspinner breitet sich weiter aus

Berlin - Die kleinen gefräßigen Raupen mit giftigen Härchen breiten sich in Deutschland immer weiter aus - nicht nur Richtung Norden.

Eichenprozessionsspinner
Gefräßig und mit schmerzenden Härchen versehen dringen die Eichenprozessionsspinner in immer mehr Gebiete vor. Die Raupen fressen Eichen kahl. Ihre feinen Haare lassen Pustel auf der Haut sprießen. In diesem Jahr hilft ihnen das Wetter. (c) Stefan Franz - fotolia.com
In diesem Jahr hat das Wetter dem Eichenprozessionsspinner dabei besonders geholfen. «Im Frühjahr hatten die geschlüpften Raupen einen guten Start», sagt der Insektenkundler und Förster in Sachsen, Thomas Sobczyk, der Deutschen Presse-Agentur. Die Wärme sei dieses Jahr spät gekommen aber genau zum richtigen Zeitpunkt für die Raupen. «So gibt es mehr Einzeltiere als im Vorjahr.»

Durch die lange warme Zeit im Frühjahr hätten viele überlebt und sich schnell entwickelt. «Etwa vom 10. bis 15. Juli rechnen wir schon mit dem Schlüpfen der Falter, zwei Wochen früher als sonst», sagt Sobczyk. «Wenn man Nester absaugen lassen will, dann muss man das jetzt angehen.» Die weißgrauen Gespinste mit einem Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern sitzen meist an Eichen- und manchmal auch an Hainbuchenstämmen, oft auch in der Baumkrone. «Man wird sie nie alle finden», meint Sobczyk.

Die Raupen können Eichen kahlfressen, aber auch für Menschen gefährlich werden. Ihre Härchen führen zu Pusteln und Hautausschlag. Habe es einen erwischt, helfe viel kaltes Wasser zum Abwaschen, rät Sobczyk. Der Ausschlag heile in der Regel von selbst aus. Die Haare können in seltenen Fällen jedoch auch Atembeschwerden, Atemnot, Augenreizungen oder gar einen allergischen Schock auslösen.

Im nordrhein-westfälischen Velbert führten die Tiere in diesem Jahr zu Unterrichtsausfall. Rund 400 Kinder durften nach Stadtangaben zuhause bleiben, weil Fachleute die Raupen mit einem Spezialgerät von 17 Bäumen auf dem Schulgelände absaugen mussten. Dabei bestand die Gefahr, dass die giftigen Raupen-Härchen vom Wind verbreitet werden. Andernorts wurden Spazier- und Radwege wegen der Raupen gesperrt.

Der in Deutschland heimische Nachtfalter bevorzugt warme Gebiete und breitet sich derzeit aus. Im vergangenen Jahr sei er erstmals im küstennahen Bereich bei Rostock und auf der Ostsee-Insel Usedom festgestellt worden, sagt Mathis Jansen von der Landesforstanstalt Mecklenburg-Vorpommerns. Andernorts etwa in Sachsen oder Thüringen werden die Verbreitungsgebiete laut Sobczyk immer größer und fließen zusammen. In Niedersachsen ist es ähnlich. 

«Seit Anfang der 1990er Jahre gibt es diese Ausbreitung in Deutschland, und die hat nie aufgehört», sagt Sobczyk. Das Insekt gelange auch in höhere Lagen und zum Alpenvorraum. Es profitiere deutlich von warmen Jahren. 

Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) muss laut Sobczyk nicht überall bekämpft werden. Die Raupe fresse zwar in den Kronen von Eichenbäumen und könne sie dadurch schwächen. Die Fraßschäden seien jedoch nicht unbedingt tödlich, denn die Eichen haben noch den Johannistrieb Ende Juni oder im Juli. Wenn jedoch danach weitere Insektenarten oder schlechte Witterungsbedingungen hinzukämen, könnten die Bäume ernsthaft geschädigt werden oder gar sterben.

Gefährlich für Menschen sind vor allem die Brennhaare, die sich festhaken und Gift enthalten. «In Alleen und Parks sind die Brennhaare ein deutlich größeres Problem als der Raupenfraß an den Blättern», sagt Sobczyk. In vielen Stadtgebieten oder gar Kindergärten sollten die Nester entfernt werden. «Dazu sind Spezialfirmen nötig, das sollte man tunlichst nicht selber machen.

Die mikroskopische kleinen Haare werden durch Abflämmen oder Abkratzen aufgewirbelt.» Der Eichenprozessionsspinner ist ein unscheinbarer Nachtfalter mit einer Flügelspannweite von gerade einmal 25 bis 30 Millimetern.

Seinen Namen erhielt der Schmetterling, weil seine Raupen nachts gemeinsam wie bei einer Prozession vom Nest in die Baumkrone krabbeln und dort fressen. Während die Raupen der für den Menschen ungefährlichen Gespinstmotten jedoch ganze Gehölze mit weißen Schleiern überziehen, bilden die der Eichenprozessionsspinner nur einzelne Nester.

Mancherorts hat der Kampf gegen die Schädlinge Erfolg: Seit 2004 versucht das Bundesland Brandenburg, den Eichenprozessionsspinner aus den Wäldern zurückzudrängen. Bei der erstmaligen Bekämpfung wurden 106 Hektar Wald vom Hubschrauber aus mit einem biologischen Mittel besprüht, wie der Einsatzleiter Michael Kopka vom Landesbetrieb Forst Brandenburg erläutert. Dieses Jahr habe man mit 28 Hektar die geringste Fläche. Auch die Zahl der registrierten Arztbesuche wegen der Raupenhaare sei in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen.
dpa
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