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01.02.2012 | 09:10 | Sibirische Kälte 

Eisiges Europa - viele Kältetote auf dem Kontinent

Offenbach/Kiew/Athen - Eiseskälte von der Ostsee bis zum Mittelmeer: Bei scharfem Frost sind bis Dienstag erneut mehr als ein Dutzend Menschen in Europa erfroren.

Frost
(c) proplanta
Allein in der Ukraine starben bei Temperaturen bis zu minus 30 Grad weitere zwölf Menschen den Kältetod. Vor allem Obdachlose traf es. Auch in Deutschland wurde bei bis zu 16 Grad in der Nacht gebibbert.

Die Kälte aus Russland habe die Temperaturen überall unter den Gefrierpunkt sinken lassen, sagte Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Und es soll noch kälter werden. Wohnungslosenverbände appellieren an Verantwortliche, großzügig mit Obdachlosen umzugehen.

Im Ort Mehringen in Sachsen-Anhalt war es mit minus 16,0 Grad so kalt wie in keiner anderen deutschen Ortschaft, teilte der DWD in Leipzig mit. Spätestens am Freitag früh werde das Thermometer im ganzen Land zweistellige Minusgrade anzeigen, sagte Paetzold voraus.

In den Nächten seien Werte um minus 20 Grad möglich - vor allem über Schneeflächen und bei klarem Himmel. Die eisige, trockene Luft fühlt sich wegen des scharfen Ostwindes noch kälter an als das Thermometer zeigt. Minus fünf Grad würden empfunden wie minus zehn, sagte sie.

In der Ukraine starben inzwischen mindestens 30 Menschen bei bitterem Frost, wie die Regierung in Kiew mitteilte. Hunderte Menschen liegen im Ausrichterland der Fußballeuropameisterschaft 2012 mit Erfrierungen in Krankenhäusern. Die Behörden schlossen über 3.200 Schulen - mehr als 400.000 Schülern hatten «kältefrei».

Auch gen Mittelmeer krallte sich die sibirische Kälte fest. Bei Werten bis minus 29 Grad wurde in ganz Bulgarien die zweithöchste Warnstufe ausgerufen. Hinzu kam noch eine Grippewelle - an mehr als 450 Schulen fiel der Unterricht aus. Medien berichteten über mindestens acht Erfrorene seit dem Kälteeinbruch am Wochenende. Am kältesten war es in der Kleinstadt Knescha im Nordwesten des Balkanlandes. Damit wurde ein Rekord aus dem Jahr 1942 übertroffen.

Im Norden Griechenlands sackte die Quecksilbersäule laut Wetteramt auf minus zwölf Grad. Viele Fähren fielen wegen stürmischer Winde in der Ägäis aus. In Athen herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt.

In der Metropole, in der auch wegen der Finanzkrise 20.000 Menschen obdachlos sind, wurden Hallen geöffnet, damit diese Menschen Zuflucht finden können.

Die Frostattacke aus Sibirien lässt auch die baltischen Staaten nicht los. In der Nacht zum Dienstag wurde im Südosten Estlands mit minus 27,5 Grad eine neue Tiefsttemperatur dieses Winters gemessen.

In der litauischen Hauptstadt Vilnius erfror am Montag erneut ein Mensch. In Lettland und Litauen forderten die Regierungen die Eltern auf, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Die Temperaturen sollen in den kommenden Tagen weiter auf stellenweise unter minus 30 Grad fallen.

In Polen machte die Kälte der Wasserversorgung für Tausende Menschen den Garaus: Der Frost hatte Wasserrohre bersten lassen. So waren im oberschlesischen Kluczbork seit dem Morgen etwa 7.000 Menschen ohne Wasser. Auch in Warschau mussten mehrere Siedlungen ohne Wasser auskommen. Nachdem bereits zehn Menschen erfroren waren, wollte die Stadtverwaltung in der Nacht zum Mittwoch an über 40 Haltestellen der Busse und Bahnen Feuerstellen zum Wärmen aufstellen.

Der tschechische Wetterdienst gab wegen des Extremfrostes eine Unwetterwarnung heraus. In Prag fanden Spaziergänger die Leiche einer vermutlich obdachlosen Frau, die an Unterkühlung starb. In Österreich mahnten Meteorologen auch Wintersportler zur Vorsicht. Trotz Skikleidung könnten sich auch «Skifahrer und Snowboarder Wintersportler Erfrierungen zuziehen, hieß es.

In Deutschland wird noch geprüft, ob die Kälte oder Alkohol für den Tod einer 55-Jährigen verantwortlich ist, die am Sonntag nahe Berlin in einem Wassergraben gefunden wurde.

Thomas Specht von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohnungslosenhilfe sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Bei dieser Kälte appelliere ich an die Wachdienste, die Wohnungslosen nicht gleich rauszuwerfen und dafür Menschlichkeit walten zu lassen.» Zugleich erinnerte er die Kommunen an ihre gesetzliche Pflicht, Notunterkünfte in ausreichender Zahl bereitzustellen. Auch «Kälte-Busse» seien sinnvoll. In Deutschland leben etwa 22.000 Menschen auf der Straße, sagte Specht, «Tendenz steigend».

Die Oder und die Westoder sind seit Dienstag wegen des frostigen Wetters für die Schifffahrt gesperrt. Den frischen Schub an kalter Luft aus Russland schickt ein neues Hoch: «Dieter» löste «Cooper» ab.

«Dieter» wird laut DWD bis in die nächste Woche das Wetter in Deutschland beeinflussen. (dpa)
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