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08.03.2011 | 07:23 | Fischwirtschaft 

Erhalt der Fischbestände verfängt sich im politischen Netz

Bremerhaven - Weltweit schwinden die Fischbestände. Fischwirtschaft und Umweltschützer sind jedoch weiterhin uneins über den richtigen Schutz der wertvollen Nahrungsressourcen.

Fische
«Wir dürfen dem Meer nicht mehr entnehmen als nachwächst», mahnt der Chef des nationalen Marktführers Deutsche See, Egbert Miebach, in Bremerhaven. «Wir brauchen Meeresschutzgebiete und dürfen viele Arten gar nicht mehr fangen», fordert dagegen der Hamburger Greenpeace-Fischereiexperte Thilo Mark. Einig sind sich beide nur in einem Punkt: Die internationale Fischereipolitik sei dramatisch schlecht.

Der Hunger auf Meerestiere steigt rund um die Welt immer weiter.
Etwa 145 Millionen Tonnen Fisch werden jährlich verbraucht, heißt es im jüngsten UN-Weltfischreport. 85 Prozent der Fischbestände gelten dem Anfang Februar vorgelegten Papier zufolge deswegen bereits als bis an die Grenze befischt oder sogar schon als zusammengebrochen.

Die deutsche Fischwirtschaft hat den Erhalt der Ressourcen offiziell zu ihrer Sache gemacht und Mitte Februar eine Informationskampagne gestartet. «Nur eine nachhaltige Fischerei macht es auf Dauer möglich, den Menschen guten Fisch auf den Teller zu bringen und gleichzeitig die Bestände zu schonen», meint Miebach, dessen Geschäftspartner Peter Dill Vorsitzender des Bundesmarktverbandes der Fischwirtschaft ist.

Konsequent nehme die Deutsche See gefährdete Arten wie den Blauflossenthunfisch aus dem Sortiment. «Wir kaufen keine Ware, die unsere Qualitätskriterien nicht erfüllt oder deren Herkunft nicht eindeutig ist», versichert Miebach, dessen Unternehmen dafür gerade mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurde.

Zu den Qualitätskriterien zählen nach Angaben der Deutschen See unter anderem mehr Einkäufe aus zertifizierter, bestandsschonender Fischerei. Zudem bemühe sich das Unternehmen darum, verstärkt Fisch aus Aquakulturen einzukaufen und auf Bio-Qualitäten bei Zuchtprodukten zu achten. Hinzu kommen Förderprojekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. «Man kann die Verantwortung für die Meere nicht von der Verantwortung für die Fischer trennen», erklärt Miebach.

Für Greenpeace-Experte Mark gehen solche Versprechen nicht weit genug, teils seien sie Schönfärberei - neudeutsch «greenwashing». Viele Fische im Angebot auch der Deutschen See kämen weiterhin aus nicht nachhaltiger Fischerei oder würden mit fragwürdigen Methoden gefangen. «Es ist völlig unsinnig, dass für ein Kilogramm Krabben vier Kilogramm Fisch-Beifang vernichtet werden», argumentiert Mark.

Aus Marks Sicht gelten nicht nur Bestände aus tropischen Regionen wie der Schwertfisch, sondern auch klassische nordeuropäische Speisefische wie Seezunge und Seeteufel als gefährdet: «Sie gehören einfach nicht mehr auf die Speisekarte.»

Derart radikale Lösungen sind jedoch kein Thema für die Deutsche See. «Wir sollten von denen lernen, die es richtig machen - wie Norwegen und Island», sagt Miebach. Er plädiert für ein gezieltes Fischmanagement. Beide Nationen haben in ihren 200-Seemeilen-Zonen rigide Regeln für Fangmethoden und -mengen aufgestellt; Verstöße werden mit drakonischen Strafen geahndet.

Doch Umweltschützer fordern mehr Anstrengungen. «Wir brauchen ausreichend Rückzugzonen, in denen Fische völlig ungestört sind», fordert Mark die Ausweisung großer Meeresschutzzonen mit totalem Fangverbot. «Weltweit stehen immerhin zehn Prozent der Landfläche unter Schutz, auf den Weltmeeren ist es dagegen nur ein Prozent.» Außerdem sei ein Verbot bestimmter Fangmethoden nötig: «Wer große Stangen und Eisenketten über den Meeresboden schleppt, richtet über die Folgen der Fischerei hinaus schwere Umweltschäden an.»

In der EU sei aber nicht nur die Politik dramatisch schlecht: «Es wird kaum kontrolliert, und wissenschaftliche Empfehlungen werden in Kuhhandeln aufgeweicht.» Für Umweltschützer Mark bleibt die Frage, «wie viele Fischarten überleben, bis wir am Ziel sind». (dpa)
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