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15.02.2010 | 20:33 | Umweltschutzprojekt  

Giftiger Müll im Westjordanland - Deutsche Hilfe

Ramun/Ramallah - Mit flinken Händen sind die palästinensischen Schulmädchen der 7. Klasse bei der Arbeit:

Giftiger Müll im Westjordanland - Deutsche Hilfe
Als Teil eines Umweltschutzprojekts mit deutscher Hilfe basteln die Zwölfjährigen aus alten Zeitungen bunte Ketten. Dafür wickeln die Schülerinnen der Mädchenschule in Ramun bei Ramallah im Westjordanland Zeitungsstreifen auf Holzstäbchen, bemalen und lackieren sie. Am Ende entstehen daraus bunte Perlen, die dann zu hübschen Ketten aufgefädelt werden. «Die Idee ist, dass die Mädchen darüber nachdenken, wie man Abfall wieder verwenden kann», erklärt Nadia Awwad vom regionalen Abfallverband. Das Problem der richtigen Abfallentsorgung ist im Westjordanland, wo Dutzende wilder Müllhalden die Gesundheit der Bevölkerung gefährden, ein großes Thema.

Die Mädchen, die blau-weiß gestreifte Schuluniformen tragen, haben offensichtlich Spaß bei der Arbeit und kichern ausgelassen, als Besucher in die Klasse mit etwa 30 Kindern kommen. Einige von ihnen tragen weiße Kopftücher, andere offenes Haar. «Ich mag diese Bastelarbeiten», sagt Jasmin, ein dunkelhaariges Mädchen mit leuchtenden braunen Augen. Auf dem Tisch der Projektleiterin liegt ein Malbuch, das Kinder in arabischer Sprache über die richtige Müllentsorgung aufklärt. In der Nähe ihres Dorfes Ramun soll in den nächsten Jahren mit deutscher Hilfe eine geordnete Mülldeponie entstehen. Die Baukosten, an deren Finanzierung die deutsche Förderbank KfW beteiligt ist, belaufen sich auf etwa 10 Millionen Euro.

«Die Deponie soll die sogenannten wilden Müllkippen ersetzen, auf denen die Leute ihren Abfall einfach irgendwo hinwerfen», sagt der deutsche Bauingenieur Friedrich Sonderhoff vom Deutschen Entwicklungsdienst (DED). Allein im Großraum von Ramallah gebe es mehr als 80 solcher Halden, die eine ernste Gefahr für Umwelt und Menschen darstellen. Angesichts vieler bürokratischer Schwierigkeiten sei mit der Inbetriebnahme der geordneten Deponie in Ramun allerdings im besten Fall im Frühjahr 2012 zu rechnen, meint Sonderhoff. Mit Umweltprojekten in Schulen und in Frauengruppen soll die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert werden; der deutsche Helfer beschreibt dies als «Bewusstseinsentwicklung». Kinder und Frauen seien dabei ein «dankbares Publikum», bei Männern sei das «schon schwieriger».

Die mit etwa 7,5 Hektar größte wilde Halde liegt bei Ramallah. Der Müll türmt sich hier zu einem riesigen, stinkenden Berg, dessen Untergrund nicht abgedichtet ist. Trotzdem kommen immer wieder Müllwagen angefahren und kippen neuen Abfall auf den Berg, der zumindest an einer Seite akut vom Einsturz bedroht ist. Darunter ist auch giftiger Abfall, der in Deutschland als Sondermüll behandelt werden würde. Durch den undichten Boden können viele der Giftstoffe ungehindert ins Grundwasser sickern. Daraus gewinnen die Palästinenser, aber auch benachbarte israelische Siedlungen, ihr Trinkwasser. Daher hat nicht nur die Palästinenserbehörde, sondern auch Israel ein Interesse am Abbau der wilden Halden.

Die israelische Besatzung im Westjordanland sowie die komplizierte Unterteilung in autonome und teilautonome Palästinensergebiete schafft jedoch eine ganze Reihe von Hindernissen auf dem Weg zu einer Lösung: Hilfsprojekte müssen stets mit der Autonomiebehörde sowie der israelischen Militärverwaltung koordiniert werden und werden oft durch eine langwierige «Genehmigungsarie» verzögert, wie Sonderhoff erzählt. Müllwagen müssten häufig auf Umwegen fahren, weil sie israelisch kontrollierte Siedlerstraßen nicht befahren dürfen. Die vielen Militärsperren verursachten zusätzlichen Zeitverlust.

Neben dem Müll stellt im Westjordanland auch das Abwasser eine ernste Umweltgefährdung dar. Nur 20 Prozent der palästinensischen Haushalte in dem Gebiet sind an ein Abwassersystem angeschlossen, wie die israelischen Menschenrechtsorganisation Betselem vergangenes Jahr in einem Bericht beschrieb. Die restlichen 80 Prozent schütten ihr Abwasser einfach in zentrale Jauchegruben, von wo aus sie ins Grundwasser sickern. Bis zu 95 Prozent des von Palästinensern produzierten Abwassers wird laut Betselem überhaupt nicht geklärt, obwohl es häufig giftige und gesundheitsschädigende Bestandteile enthält. «Die existierenden Kläranlagen sind technisch nicht effizient», sagt Sonderhoff. (dpa)
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